IGW: Roboter im Weihnachtsbaumanbau

Wahrscheinlich sorgen sich bald Roboter um den Weihnachtsbaum - Vorführung eines neuartigen Raupenfahrzeugs bei Christbaum Klug in Mittelsinn.

Bereit zum Einsatz: Roboter "Jo" mit einem Grubber bei Christbaum Klug in Mittelsinn. Bild: IGW.

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„Nach vier Metern steckt der fest“ und „Da springt sicher gleich die Kette ab“ – mit Skepsis betrachteten einige Landwirte den Feldroboter „Jo“, der an einem heißen Sommervormittag zur Vorführung bei Christbaum Klug in Mittelsinn (Lkr. Main-Spessart) eintraf. Um das Ergebnis der dreistündigen Erprobung gleich vorweg zu nehmen: Das völlig autonom arbeitende 850 kg schwere und 68 Zentimeter breite Raupenfahrzeug „Jo“ der französischen Firma Naïo Technologies bestand die dreistündige Erprobung ohne Ausfall. Christbaumbauer Uwe Klug zog ein kurzes Fazit: „Fährt, passt! Natürlich steckt die Technik noch ä weng in den Kinderschuhen.“ Im Herbst soll „Jo“ noch einmal nach Mittelsinn kommen, dann mit auf den Weihnachtsbaumanbau ausgerichteten Verbesserungen.

Bislang fünf Feldroboter hat Naïo Technologies für den Wein- und Gemüsebau sowie Baumschulen entwickelt. „Jo“ ist dieses Jahr als erstes Fahrzeug mit Raupenketten (Gummi) dazu gekommen und ebenfalls für Weinberge konzipiert. Agraringenieur und „Grünland-Papst“ Hans Koch (Hallstadt), der das Untersaaten-Pilotprojekt von Christbaum Klug betreut, vermittelte die Vorführung des Roboters, von dem es erst 19 Stück gibt. Zur Pflege der gezielt ausgewählten Begleitpflanzen der Weihnachtsbäume, insbesondere das Mulchen und Walzen, könnte der Robotereinsatz ideal sein, vermutet Koch. Noch gibt es keine Anbaugeräte für den Weihnachtsbaumanbau; nach Mittelsinn kam „Jo“ mit einem Grubber und Unterschneidmessern aus dem Weinbau. Zur Vorführung im Herbst wolle man angepasste Geräte dabei haben, versprachen die Servicetechniker der BayWa, Tobias Freundl und Steve Heidemann. Dann soll „Christbaum-Jo“ vorn auch ein Zweigabweiser-Schild bekommen.

Die Technik: Das Raupenfahrzeug hat wahlweise drei oder vier Akkus mit 200 Amperestunden (16 oder 21 Kilowattstunden), kann Anbaugeräte mit bis zu 250 kg Gewicht heben, ist bis 2,2 Stundenkilometer schnell und bis zu zehn Stunden im Einsatz, ehe die Akkus gewechselt oder geladen werden müssen.

Der Preis: Etwa 100.000 Euro ohne Anbaugeräte, wobei es den Servicetechnikern zufolge in Bayern eine staatliche Förderung von bis zu 40% und in den anderen Bundesländern von bis zu 30% gibt. „Jo“ kann per GPS zum Einsatz geschickt werden, „Sensorfinger“ können nachgerüstet werden, und die Arbeitsroute lässt sich vorab auch einmessen, indem die Strecke abgelaufen wird. Damit stellen dann sogar kurvige Pflanzreihen kein Problem dar. Bei der Vorführung in Mittelsinn zuckelte der Feldroboter zuerst mit einem Grubber zur Unkrautbekämpfung oder Bodenlockerung eine Neuanpflanzung entlang; am Ende einer Reihe wendete er nahezu auf der Stelle und ging die Nachbarreihe an. Alles ohne Eingriffe von außen.

Erneut kam Spannung auf, als „Jo“ zusätzlich zum Grubber noch Unterschneidmesser bekam und in eine ältere Kultur an einem Hang geschickt wurde. Auch hier bewährte sich der Roboter, wenngleich er stoppte, wenn die Zweige vor ihm zu dicht standen. Dies lasse sich mit einem Abweiserschild verhindern, meinten die Fachleute. Ein schwerer zu lösendes Problem wird sein, dass der Roboter zum Wenden eine nicht allzu steile Stelle benötigt, um nicht umzukippen. Steigungen bewältigt er problemlos bis zu einem Grad, bei dem auch herkömmliche Traktoren gesichert werden müssten. Die autonome Fahrt des Geräts kann per Smartphone überwacht werden. Auf diesem Weg werden auch Fehlermeldungen ausgegeben.

Am Ende dieser Versuchsfahrten sah sich Hans Koch bestätigt: Die Roboter können im Weihnachtsbaumanbau Einzug halten – Walzen, Mulchen, Grubbern, Striegeln, Unterschneiden, Feingrubbern und Stockräumung, das alles sei ohne große Bodenverdichtung möglich, wahrscheinlich auch die Stumpfbeschneidung (Abfräsen der untersten Äste). Oftmals werde es genügen, Anbaugeräte aus dem Weinbau zu modifizieren anstatt teure Neuentwicklungen anzugehen. Nahezu alle Teilnehmer der Vorführung stimmten darin überein, hier einen Blick in die Zukunft der Landwirtschaft getan zu haben. Vor allem die Personaleinsparung spricht für die Robotertechnik.

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