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BfR: Erklärung zur Glyphosatbewertung
„Es ist Aufgabe von Politik, NGOs und Medien, die Arbeit der Behörden zu hinterfragen“, sagt Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. „Wir sehen aber häufig, dass das übliche Verfahren der Wiedergenehmigung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen in seiner Komplexität nicht nachvollzogen wird. Wenn man schon meint, dass die Schlussfolgerungen zum krebserzeugenden Potential von Glyphosat von den europäischen Bewertungsbehörden sowie der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit anzuzweifeln sind, sollten so genannte Plagiatsprüfungen am entscheidenden Dokumentvorgenommen werden. Das finale Dokument für die europäische Risikobewertung ist die EFSA-Conclusion von 2015. Im Übrigen ist der Begriff „Plagiat“ in diesem Zusammenhang nicht zutreffend.“
In Europa war es in Bewertungsverfahren bei Pflanzenschutzmitteln üblich und anerkannt, dass Bewertungsbehörden nach kritischer Prüfung auch relevante Passagen aus eingereichten Dokumenten der Antragsteller in ihre Bewertungsberichte integrieren, soweit diese fachlich zutreffen. Für die Gesamtbewertung der wissenschaftlichen Arbeit der Behörden sind quantitative Prozentangaben des Anteils der behördlichen Arbeit nicht relevant. Entscheidend ist die qualitative, kritische Prüfung des Industriedossiers und der wissenschaftlichen Literatur durch die Behörde. Das BfR hat keinesfalls ungeprüft die Schlussfolgerung der Antragsteller übernommen. Es prüft gemäß seinem gesetzlichen Auftrag alle angegebenen Studien im Original. Kritische Anmerkungen des BfR sind im RAR enthalten. Alleiniges Kriterium für die Berücksichtigung von Studienergebnissen ist die wissenschaftliche Qualität und Evidenz der Studien. Mögliche Interessen der Auftraggeber, der Politik oder anderer Interessengruppen können und dürfen bei einer wissenschaftlichen Bewertung keine Rolle spielen. Das BfR weist alle Vorwürfe von absichtlicher Täuschung zurück.
Aktuell liegt dem BfR ein Bericht mit dem Titel Detailed Expert Report on Plagiarism and superordinated Copy Paste in the RAR on Glyphosate vor. Der RAR ist ein innerbehördlicher Entwurf in einem Verwaltungsverfahren, das mehrere Peer-Review-Verfahren sowie öffentliche Konsultationen durchlaufen hat. Dies erfolgt für sämtliche Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffverfahren der EU. Das finale Dokument, das maßgeblich für die europäische Risikobewertung bei Glyphosat ist, ist die EFSA-Conclusion von 2015 und somit die Grundlage für die Entscheidung der EU-Kommission und der Mitgliedsstaaten.
Der genannte Bericht stützt sich wesentlich auf das Kapitel B6 des Volume 3 des RAR. Das BfR hat im Volume 3 unter anderem die detaillierten Studienbeschreibungen und die Bewertungen der Antragsteller aufgeführt, diese aber kritisch kommentiert (in kursiver Schrift). So kann für jede einzelne Studie nachvollzogen werden, ob das BfR und die Antragsteller zu gleichen oder unterschiedlichen Bewertungen gekommen sind. Diese Vorgehensweise hat das BfR im RAR der Öffentlichkeit dargelegt und in der Einleitung zum Kapitel B6 erläutert.
Für alle diese Studien und Publikationen wurden vom BfR eigenständige Bewertungen hinsichtlich der Relevanz, der wissenschaftlichen Qualität und Aussagekraft gemäß den gesetzlichen Vorgaben vorgenommen.
Die eigenständige gesundheitliche Bewertung des BfR für die Gesamtheit der von den Antragstellern eingereichten Studien und der recherchierten Literatur findet sich im Volume 1 und nicht im Volume 3, das im Fokus des neuen Berichts stand. Hier kommt der vorliegende Bericht zu dem Schluss, dass das BfR ca. 90% des entscheidenden Kapitels im Entwurf zu Glyphosat eigenständig formuliert hat. Aufgrund der Besonderheit des Verfahrens hat das BfR im Auftrag der EU-Kommission eine ergänzende und eigenständige Neubewertung zur Genotoxizität und Kanzerogenität (Addendum 1) zum Wirkstoff Glyphosat erstellt. Dieses Addendum war die entscheidende Grundlage für die EFSA-Conclusion im Jahr 2015 und die nachfolgende Entscheidung der EU-Kommission für die erneute Genehmigung.
Um Missverständnisse in der öffentlichen Wahrnehmung zu vermeiden, hat das BfR als führende wissenschaftliche Institution der Bewertungsbehörden angeregt, die Darstellung der Arbeit der Behörden zu optimieren. Die aktuelle Verfahrensweise wurde daher verändert, um die Transparenz der Berichterstattung weiter zu erhöhen. Die grundsätzliche Arbeitsweise des BfR, d.h. die kritische Prüfung aller Originaldaten und Studien, ist davon unberührt. Es handelt sich um eine Optimierung der Darstellung für die interessierte Öffentlichkeit. Für das BfR ist dieses neue Verfahren verbindlich.
Folgende Bewertungsbehörden europa- und weltweit kommen nach eigener Bewertung mittels etablierter international anerkannter toxikologischer Standardverfahren zu dem Schluss, dass Glyphosat nach derzeitigem Stand des Wissens nicht krebserzeugend und genotoxisch hinsichtlich der Auswirkungen auf den Menschen ist.
Dazu gehören:
- die Europäische Behörde für Lebensmittelsicher (EFSA) sowie die Expertinnen und Experten der Risikobewertungsbehörden der EU-Mitgliedstaaten
- die US-amerikanische Umweltbehörde (US-EPA)
- die kanadische Bewertungsbehörde Pest Management Regulatory Agency (PMRA)
- die australische Bewertungsbehörde Australian Pesticides and Veterinary Medicines Authority (APVMA)
- die japanische Food Safety Commission
- die neuseeländische Umweltbehörde EPA
- das Joint FAO/WHO Meeting on Pesticide Residues (JMPR) der Welternährungsorganisation (FAO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
- die Europäische Chemikalienagentur (ECHA)
Die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des BfR ist gesetzlich verankert. Das BfR wurde am 1. November 2002 errichtet, um unabhängig, wissenschaftlich und überparteilich Risikoeinschätzungen vornehmen zu können und den gesundheitlichen Verbraucherschutz zu stärken.
Studie:
Weber, S., Burtscher-Schaden, H., 2019, Detailed Expert Report on Plagiarism and superordinated Copy Paste in the Renewal Assessment Report (RAR) on Glyphosate
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