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BGI Verbandstag: "Zukunftsorientierung des Großhandels"
„Ich will so bleiben wie ich bin“ lautete das provokative Motto des diesjährigen Verbandstages des Verbandes des deutschen Blumen- Groß- und Importhandel (BGI), der vom 14. bis 15. September in Mannheim stattfand, und zu dem BGI Präsident Norbert Engler diesmal ausschließlich Verbandsmitglieder begrüßte.
Dass dieser Wunsch bei einigen Unternehmern latent vorhanden sei, räumte Moderator Frank Teuber in seiner Einführung zum Thema durchaus ein. Für ein zukunftsfähiges Unternehmen, das nach Perspektiven sucht, sei eine solche Geschäftspolitik jedoch entweder teuer oder fahrlässig. Teuber ging in seinem Einführungsvortrag auf die Herausforderungen ein, die eine Anpassung von Unternehmen und Menschen an neue Rahmenbedingungen mit sich bringt. Digitalisierung, die zunehmende Bedeutung künstlicher Intelligenz, das Thema Personal und die strukturelle Schwäche von Betrieben („Wir arbeiten zu teuer“) sind dabei die drängendsten Themen im Großhandel. Auch veränderte Konsumentenwerte und Anforderungen an (New Work-) Arbeitsbedingungen sowie eine veränderte Kundenstruktur sind Felder, denen sich der Großhändler gegenüber sieht.
Was wünscht der Facheinzelhandel?
Um die aktuellen Anforderungen schärfer zu umreißen, konfrontierte Teuber die anwesenden BGI-Mitglieder mit Aussagen aus dem Facheinzelhandel und von anderen Multiplikatoren. Verständliche Aufbereitung fachlicher Themen, eine stärkere Einbeziehung der Konsumentensicht, eine höhere Sortimentsdynamik, eine Führungsposition des Großhandels mit einer neuen Systematik im Bereich Schnittblumen auf Gartencenterebene, ein besserer Informationsfluss in Bezug auf das Angebot sowie ein entsprechendes Storytelling für die einzelnen Produkte zum Beispiel in Bezug auf Herkünfte und Verwendung, waren einige der genannten Erwartungen.
Individualisierung und Kooperation
Im Anschluss präsentierten Branchenexperten die Zukunftsentwürfe ihrer Organisation und Unternehmen. Petra de Munck von Royal FloraHolland stellte den BGI-Mitgliedern Auszüge aus dem Konsumenten-Tracker vor, bei dem wöchentlich 700 wechselnde Konsumenten in Deutschland befragt werden. Entgegen der verbreiteten Meinung zeige der Tracker: Auch junge Leute kaufen Blumen. Das Blumengeschenk habe seine Attraktivität gesteigert, und der Anteil der Blumensträuße im Preissegment über 20 Euro, die im Blumenfachgeschäft gekauft werden, hat in den letzten 4 Jahren um 9% zugenommen. Hier sieht Petra de Munck die Gründe dafür, dass sich die Entwicklung in der Blumenbranche, in Konkurrenz zum Internet- und Systemhandel, viel langsamer vollzieht als bei anderen Produktgruppen. Was aber keinen Anlass biete sich zurückzulehnen.
Jan Peters von AlfaProIT berichtete aus der Erfahrung seines Unternehmens mit veränderten Kundenanforderungen im digitalen Bereich. In einem kreativen Prozess mit einer Reihe von Beteiligten seien Zukunftsanforderungen und Möglichkeiten des Unternehmens identifiziert und dann Entscheidungen über die Weiterentwicklung eigener Produkte gefällt worden. Er betonte, dass ein Verharren und der Blick auf „gute Zeiten“ keine Lösung darstelle und es besser sei mit längerem Atem die Anpassungen im eigenen Unternehmen anzugehen.
In Francine van Wijks Vortrag dreht sich alles um die Markenbildung und das Storytelling rund um die Aleia Rose. Ein konsequentes und konsistentes Branding und die Kommunikation zum attraktiven Erscheinungsbild, der nachhaltigen Produktion und zur langen Haltbarkeit, stehen dabei im Vordergrund. Das Ziel von Aleia Roses ist, die Rosenmarke zunächst B2B als Top of Mind Produkt zu positionieren und nach 2022, durch gezielte Initiativen auf Konsumentenebene, Nachfrage zu generieren und neben anderen großen Konsum-Marken zu bestehen.
Gert van der Schee von Decorum stellte die niederländische Produzentengruppe vor, die unter der Marke Decorum besondere Qualitätsprodukte in den Handel bringen. Er betonte die Bedeutung der Zusammenarbeit von Gleichgesinnten innerhalb der Gruppe. „Wir atmen alle Decorum“, so Gert van der Schee. „Es ist wichtig die Egos beiseite zu lassen und die Chance zu ergreifen, zusammen mehr Stärke im Markt zu erlangen.“ Die Nachfrage nach Qualitätsprodukten in Deutschland nehme zu, darin läge auch eine Chance für den Großhandel.
Brigitte Hagen, von der Agentur Conceptfactory, zeigte am Beispiel der Stiftung Chryson und der Justchrys-Kampagne welche Möglichkeiten Kooperationen auch im Bereich der Marketingkommunikation bieten. Der Imagewandel der Chrysantheme, von der „Herbst- und Friedhofsblume“ zur omnipräsenten Blume in der modernen Floristik, sei intensiven Kommunikationsmaßnahmen im gesamten Marketingmix zu verdanken, die es möglich gemacht haben, aus dem Teufelskreis der Desinformation über das Produkt auszubrechen, das ausnehmend breite Sortiment und dessen Vielseitigkeit anschaulich darzustellen und darüber zu berichten. Dabei müsse die gesamte Kette verbraucherorientiert zusammenarbeiten und die Potenziale der Zusammenarbeit vieler Disziplinen in der Vermarktungskette nutzen (Co-Creation).
Relevanz des Großhandels
In einem Workshop erarbeiteten die Teilnehmer der Verbandstages, wie der Großhandel Informationen serviceorientiert aufbereiten und vermitteln könnte, welche alternativen Absatzwerge sich in den sich ändernden Marktstrukturen ergeben, welche Innovations-Kooperation auf- und ausgebaut werden können und welche Produkte und Dienstleistungen den Großhandel auch zukünftig relevant machen.
Mehr Handelsnähe zur Shopperaktivierung
Die Marketingmanagerin Blumenbüro Holland Deutschland, Andrea Becker, stellte die veränderte Strategie des Blumenbüros und die anstehenden Kampagnen im 4. Quartal 2018 und für 2019 vor. Im Fokus des Blumenbüros stehe nicht mehr nur Blumen und Pflanzen zum Top of Mind-Produkt zu machen, vielmehr stehe auch eine messbare Shopper-Aktivierung im Vordergrund. Dabei werde Blumenbüro Holland wieder stärker mit dem Handel zusammenarbeiten und Aktionen am Point-of-Sale unterstützen. Becker kündigte drei neue Kampagnen auf Basis aktueller Lifestyle-Werte an, die im Oktober an den Start gehen.
Abschließend appellierte Frank Teuber noch einmal an den Veränderungswillen der Großhändler. Die Zeitenwende werde von vielen Unternehmern noch mehr gefühlt als konkret erfahren. Dies führe häufig zu einer Schockstarre. Psychologisch folge nach Schock, Wut und Tränental jedoch eine Phase der Akzeptanz, des Lernens und des Selbstvertrauens. Jeder Unternehmer müsse schauen, in welcher Phase er und seine Mitarbeiter sich aktuell befinden. Wenn Markt und Kundenstruktur sich nachhaltig verändern, könne man nicht weitermachen wie bisher.
Dass es dabei entscheidend ist, die richtigen Kooperationspartner zu finden, betonte auch Verbandspräsident Engler zum Abschluss der Tagung und lud dazu ein, am Verbandstag im nächsten Jahr in Köln gemeinsam mit anderen Branchenteilnehmern aktiv an den vielfältigen Themenfeldern weiterzuarbeiten. (BGI)
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