Agrobusiness Niederrhein: Zu Besuch bei Compas Agro

Das niederländische Unternehmen Compas Agro unterstützt den Landwirtschaftssektor durch pflanzenbauliche Beratung in Baumschulen und im Freilandgemüsebau, Weiterbildungsangebote in Form von Schulungen sowie Forschung.

Grenzüberschreitende Innovation in der Agrarbranche. Bild: Compas Agro.

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Dabei stehen neben der Auftragsforschung für Kunden auch geförderte Projekte, von denen die deutsch-niederländische Grenzregion profitiert, im Fokus! Dies gilt auch für „Agropole Innovates”, ein durch Interreg unterstütztes Projekt zur Förderung des Landwirtschaftssektors rund um den Niederrhein und Nord-Limburg. Hier leistet Compas Agro einen wertvollen Beitrag, der den Besuchern bei einer öffentlichen Veranstaltung am Standort in Venlo vorgestellt wurde.

Dirand van Wijk, Geschäftsführer des 2019 gegründeten und mittlerweile auf 17 Mitarbeitern gewachsenen Unternehmens, begrüßte die Besucher in dem im November 2023 bezogenen Gebäude auf dem Gelände des Brightlands Campus Greenport Venlo. „Wie viele Andere aus der Branche haben wir als kleines Start-up mit unseren Büroräumen in einer der vom Brightlands Campus angebotenen „Boxen“ in der Villa Flora begonnen. Aufgrund des schnellen Erfolgs reichte der Platz aber bald nicht mehr aus. Dieses alte Bauernhaus aus dem Jahr 1920 war für uns die ideale Möglichkeit zu wachsen, aber trotzdem auf dem innovativen Campusgelände zu bleiben“, erzählt van Wijk. Eine weitere Veränderung steht nun an: Die Versuchsflächen werden verlegt. Aktuell liegen sie noch 600 Meter entfernt, doch schon im nächsten Jahr sollen sie sich direkt vor dem Gebäude erstrecken.

„Wir arbeiten mit unterschiedlichen Partnern zusammen: Von Erzeugerorganisationen über Hochschulen und Vereine bis hin zu diversen Betrieben. Durch dieses große Netzwerk sind wir sehr gut in der Branche integriert und erfahren meist umgehend von aktuellen Themen und neuen Erkenntnissen. Dadurch kommen viele neue Ideen.” Eines der aktuell priorisierten Themen im Gartenbau ist die Torfreduktion. Auf den Flächen werden neben verschiedenen Versuchen zur Ermittlung geeigneter Ersatzstoffe auch Rohstoffe wie Miscanthus und Hanf angebaut, die als Torfersatz fungieren. Eine weitere ungewöhnliche Kultur ist die Brennnessel. Das Unternehmen sieht in ihr Potenzial zur Gewinnung von Bio-Kunststoffen. Ackerbohnen und Lupinen werden ebenfalls wegen ihrer hohen Stickstoffbindung und der Gewinnung von Eiweißen als Nahrungsmittel untersucht.

Im Rahmen von „Pro Healthy Tree”, einem Teilprojekt von Agropole Innovates, beschäftigt sich Compas Agro gemeinsam mit der Baumschule „Baum & Bonheur” aus Nettetal mit der Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln. Dieses Ziel soll auch über die Erstellung eines Prognosemodells erreicht werden, das den Druck für einen Befall durch Mehltau und Blattflecken vorhersagt. Die Daten werden auf einem viergeteilten Versuchsfeld in Nettetal erhoben. Hier werden diverse Gehölzarten mit verschiedenen Mitteln behandelt. Dabei wird die Wirkung der Mittel auf die Bekämpfung von Mehltau und Blattflecken sowie der Einfluss auf die allgemeine Vitalität des Baumbestands analysiert. Neben einer Versuchsreihe mit konventionellem Pflanzenschutz gibt es eine mit biologischen Mitteln und eine, die mit Aminosäuren, also Pflanzenstärkungsmitteln, behandelt wird. Die vierte Reihe dient als Kontrolle und bleibt unbehandelt.

In den Sommermonaten werden die Bäume alle sieben bis zehn Tage untersucht und ihr Gesundheitszustand dokumentiert. In den letzten beiden Vegetationsperioden konnte festgestellt werden, dass die biologisch und chemisch behandelten Bäume keinen Mehltaubefall auf Eichen und Felsenbirnen aufwiesen. Dabei war die Gesundheit der biologisch behandelten Felsenbirnen erkennbar besser, charakterisiert durch einen stärkeren Wuchs und grünere Blätter. Bei den Linden waren die Unterschiede zwischen den Behandlungen weniger deutlich.

Aufbauend auf den bisherigen Ergebnissen wird aktuell ein weiteres Versuchsfeld angelegt. Auf diesem Feld soll ausschließlich nach den Ergebnissen des Prognosemodells Pflanzenschutz angewendet werden.

Ein weiterer Teil des Projekts ist die Prävention gegen Borkenkäferbefall. Im letzten Jahr wurden Mittel an jungen Eichen getestet, aber diese Bäume wuchsen so gut, dass kein Befall aufgetreten ist. „In diesem Jahr starten wir einen neuen Versuch mit gefällten Baumstämmen. Dieses Holz ist so gestresst, dass wir stark davon ausgehen, einen Befall provozieren zu können. Dann können wir erste Erkenntnisse zur Bekämpfung sammeln“, erzählt Stefan Even von Compas Agro.

Digital Talking Tree ist ein weiteres Teilprojekt, in dem die technologieorientierten Unternehmen Yookr und ISIS IC eng mit Compas Agro und Baum & Bonheur zusammenarbeiten. Hier werden verschiedenste Sensordaten in den Baumreihen erfasst, darunter die Wetterbedingungen sowie Parameter wie Bodenfeuchte, pH-Wert und Bodentemperatur. Außerdem werden Umfang und Saftfluss der Bäume gemessen, um einen besseren Bezug zur Vitalität der Bäume herstellen zu können. „Wir wollen den Bäumen eine Stimme geben und anzeigen, wie sie sich fühlen und was der Grund dafür sein könnte“, so John van Helden bei der Präsentation. Alle gesammelten Parameter werden in Echtzeit einem Dashboard zusammengeführt, in dem auch die Pflanzenschutzbehandlungen der Bäume verzeichnet sind. Dadurch können die Daten direkt mit dem Druck durch Mehltau und Blattflecken in Verbindung gesetzt werden. „Zukünftig könnte die App nicht nur anzeigen, wann die Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung der Bäume am höchsten ist, sondern auch gleich zugelassene Pflanzenschutzmittel vorschlagen. Diese könnten dann direkt mit empfohlener Dosierung und Anwendung angegeben werden“, ergänzt John van Helden die zukünftigen Pläne.

Nach den Präsentationen folgte ein Rundgang über die Felder. Hier wachsen die unterschiedlichsten Kulturen. Aktuelle Auftragsforschungen laufen unter anderem zu Spargel, Trauben und Rosen. Auf den Versuchsflächen des Projekts „Irristaud 2.0” werden Blaubeeren und verschiedene Staudenarten angebaut. Die Stauden werden dabei auf drei unterschiedlichen Substraten kultiviert. Das Ziel besteht darin, Wasser einzusparen, ohne dass die Pflanzen Schaden nehmen. Die Pflanzen werden über Tröpfchenbewässerung mit Wasser versorgt und Sensoren messen die Feuchtigkeit des Substrats. Zusätzlich zu den Bodenfeuchtesensoren kommen multispektrale und hyperspektrale Bildsensoren zum Einsatz, die den Wasserstatus der Pflanze ermitteln. Auf diese Weise kann zudem untersucht werden, welches Substrat die Feuchtigkeit am besten speichert. Im Gewächshaus gab es ein besonderes Highlight für die Besuchergruppe. Eine Maschine, die die Fotosyntheseleistung der Pflanzen nachweist, indem sie die Chlorophyll-Fluoreszenz in den Blättern misst. Das Forschungszentrum Jülich, einer der Projektpartner von Irristaud 2.0, stellt das Gerät Compas Agro für Versuche zur Verfügung. Mit Hilfe dieses Geräts kann Hitzestress bei Pflanzen sofort nachgewiesen werden. „Wenn eine Pflanze unter Trockenheit leidet, sinkt ihre fotosynthetische Aktivität“, erklärt Job Derks. „Durch das Verfahren können wir nachweisen, dass die Pflanze Wasser benötigt. Optisch sieht man den Hitzestress den Pflanzen meist erst an, wenn es zu spät ist und sie bereits Schaden genommen haben“, ergänzt der Mitarbeiter von Compas Agro. Aktuell handelt es sich um ein sehr großes Gerät, mit dem sich die Kamera über die Kulturen an alle notwendigen Positionen bewegen lässt. Langfristig ist das Ziel des Forschungszentrums, den Sensor in ein Flugzeug oder eine Drohne einzubauen. Irgendwann soll die Fotosynthese sogar mit Satelliten aus dem Weltall beobachtet werden können. Bis es so weit ist, bedarf es jedoch noch weiterer Forschung und Entwicklung.

Compas Agro setzt stark auf Nachwuchsförderung und arbeitet eng mit Hochschulen zusammen. Praktikant:innen erhalten hier nicht nur Einblicke ins Unternehmen, sondern können darüber hinaus oft ihre Abschlussarbeiten entwickeln.– wie zwei Studierende, die das Marktpotenzial digitaler Entscheidungshilfen für den Baumschulsektor analysierten und im Rahmen der Veranstaltung vorstellten. Ihre Ergebnisse fließen direkt in die Produktentwicklung von Compas Agro und Yookr ein.

Die Veranstaltung bot nicht nur aktuelle Forschungseinblicke, sondern förderte durch den Austausch mit Branchenvertretern neue Ideen zur Stärkung der regionalen Agrarwirtschaft.

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