VGL BW: Herausforderungen und Chancen

Der Umsatz der Mitgliedsbetriebe des Verbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg e.V. (VGL) wuchs im Jahr 2022 um 5% und stieg somit auf 1,93 Mrd. Euro.

Der Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg e.V. vertritt als Wirtschafts- und Arbeitgeberverband die Interessen der Grünen Branche auf Landesebene. Bild: Martin Rottenkolber.

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Die Sehnsucht nach Gärten war bis in den Herbst ungebrochen. „Ab dann nahmen wir eine leichte Zurückhaltung im Privatkundenmarkt wahr“, eröffnet Reiner Bierig, Geschäftsführer des Verbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg e.V. (VGL). Durch die noch immer gut gefüllten Auftragsbücher tat dies dem Umsatz keinen Abbruch. Somit erwies sich die Branche trotz Inflation, Materialengpässen und Krieg in der Ukraine in Folge erneut krisenstabil. Die Herausforderungen liegen in der dringend notwendigen Klimaresilienz deutscher Städte, für welche zukünftig die Dienstleistungen des Garten- und Landschaftsbaus für kluges Planen und Bauen mit Grün benötigt werden.

Rückblick mit Ausblick

Das erneute Umsatzplus ist ein Zeichen des unternehmerischen Engagements in krisenbelasteten Zeiten. „Unsere Unternehmer haben es geschafft, die Inflation, drastische Preissteigerungen, Lieferschwierigkeiten, aber auch Zeitverschiebungen bei Vorgewerken in eine Umsatzsteigerung zu verwandeln. Das zeugt erneut von der Flexibilität dieser Branche. Dennoch ist die Ertragskraft bei vielen Betrieben spürbar gesunken, hier heißt es dringend gegenlenken“, erläutert Bierig.

Private Hausgärten sind in Baden-Württemberg mit 63% konstant das begehrteste Produkt der Branche. Ob sich die Nachfrage auch im Jahr 2023 in dieser Dimension einpendelt, diese Prognose wagt im Moment noch niemand. Festzustellen war ein Nachfragerückgang bei kleineren Gestaltungsmaßnahmen in Privatgärten. Auch bei gewerblichen Kunden ist Zurückhaltung spürbar. Bei Auftraggebern mit höherem Budget war dagegen wenig Veränderung feststellbar, dasselbe gilt auch für öffentliche Auftraggeber, die mit 18% (Vorjahr 17%) am Gesamtumsatz etwas höher liegen als im Vorjahr. Dafür waren der gewerbliche Wohnungsbau mit 10% (Vorjahr 11%) und die Industrie mit 6% (Vorjahr 7%) etwas sparsamer in ihrer Auftragsvergabe.

Gut gerüstet

„Insgesamt erwarten wir für das Jahr 2023 eine Normalisierung der in den vergangenen Jahren extrem guten Auslastung unserer Betriebe. Dies bedeutet, dass Kunden mit weniger Wartezeiten für die Verwirklichung ihrer Gartenträume rechnen dürfen“, ergänzt Bierig, der davon ausgeht, dass die Unternehmen die letzten guten Jahre für eine hohe Eigenkapitalquote und wichtige Investitionen genutzt haben. „Wir denken unsere Mitgliedsbetriebe sind gerüstet für ungünstigere Zeiten.“

Nach wie vor prägen die Betriebsgruppen I und II, also Firmen mit maximal 15 Mitarbeitenden, die Verbandsstruktur maßgeblich. Lediglich 18% der Betriebe beschäftigen mehr als 16 Mitarbeiter. Aktuell zählt der VGL 817 Verbandsmitglieder. „Auch das ist eine leichte Steigerung um 1% zum Vorjahr und zeigt, dass für die Firmen unsere Verbands-Dienstleistungen, aber auch der Branchenzusammenhalt immer wertvoller werden“, ergänzt Bierig.

Mit dem durch den baden-württembergischen Landtag verabschiedeten Doppelhaushalt für die Jahre 2023/2024, stehen der DEULA Baden-Württemberg gGmbH, bei welcher der VGL mit 85% Hauptanteilseigner ist, rund 1,8 Mio. Euro für wichtige berufliche Bildungsinvestitionen zur Verfügung. „Diesen Erfolg unserer berufsständischen Arbeit in der Politik werden wir nutzen, um das Fort- und Weiterbildungsangebot unseres grünen Bildungszentrums in Kirchheim/Teck auf einen modernen Stand in allen Bereichen zu bringen. Auf diese Art und Weise wird es uns gelingen, den Großteil der in Zukunft benötigten Fachkräfte in Eigenregie aus- und weiterzubilden“, freut sich Bierig.

Ausbildung und Fachkräftemangel

Zum ersten Mal ist eine leichte Rückläufigkeit bei den Ausbildungsverhältnissen mit insgesamt 1.397 (Vorjahr 1.475) Auszubildenden festzustellen. „Wir freuen uns dennoch, dass wir uns auf diesem hohen Niveau stabilisieren konnten. Aber es zeigt auch auf, dass wir nach wie vor alle möglichen Anstrengungen in der Akquise junger Menschen unternehmen müssen“, offeriert Bierig. 535 neue Ausbildungsverträge sind als Erfolg zu sehen, doch die Branche darf in ihrem Einsatz nicht nachlassen, sondern noch besser werden. „Wir haben jede Menge Stellschrauben bei den betrieblichen Abläufen: Beispielsweise bei der Auswahl und Unterstützung der Azubis. Und wir dürfen die jungen Menschen ruhig spüren lassen, wie wichtig wir sie als zukünftige Fachkräfte nehmen“, ergänzt der Geschäftsführer, der trotz der 12 neu anerkannten Ausbildungsbetriebe sehr viel weiteres Potenzial vor allem in den Betriebsgruppen I und II, sieht.

Der Ausbildungsberuf des Landschaftsgärtners ist mehr denn je sinnstiftend, bietet er doch beispielsweise alles an Wissen und Umsetzungsmöglichkeiten, was uns der Klimawandel abverlangt. Diese Attraktivität sowie die besonderen Zukunftsperspektiven spiegeln unzählige Veranstaltungen nach innen und außen: Die jährliche Talentschmiede für Top-Azubis, regionale Angebote zur Prüfungsvorbereitung, Willkommenstage im Beruf an der DEULA, zahlreiche regionale Azubi-Cups, die Landschaftsgärtner-Cups auf Landes- und auf Bundesebene, acht regionale Freisprechungsfeiern und die Teilnahme an unzähligen Ausbildungsmessen sind der analoge Part. Im digitalen Bereich werden Instagram und TikTok, beispielsweise mit neuen Folgen von „Die Drei vom GaLaBau“ bespielt. Ein voller Erfolg übrigens, mit 17 Mio. TikTok-Views, welche das Berufsbild skizzieren und die glänzenden Perspektiven an die Zielgruppe herantragen.

Fachkräftemangel

„Die Zahl der gewerblichen Arbeitnehmer/-innen ist um knapp 1,5% auf 14.800 Mitarbeitende gestiegen. Eine höhere Prozentzahl wäre lieber gewesen, aber mehr Arbeitskräfte waren am Markt nicht verfügbar. Die intensive Suche geht somit weiter und die Branche versucht über eine höhere Flexibilität bei Teilzeitangeboten, durch tatkräftige Unterstützung von Quereinsteigern, einer bewussten Akquise von Frauen sowie familiengerechten Rahmenbedingungen weitere Mitarbeitende zu generieren.

Die leistungsgerechte Bezahlung steht ganz oben auf der Agenda, wenn es darum geht, die Mitarbeitenden in den familiengeführten Unternehmen zu halten. Eine Grundlage ist die Erzielung guter Preise für gelieferte Qualitätsarbeit. Um den laufend höheren fachlichen Anforderungen der Branche gerecht zu werden, wird aber auch die Weiterbildung eigener Mitarbeiter zu einem sehr wichtigen Punkt.

„Aus-, Fort- und Weiterbildung sind drei wichtige Schlüssel zum Erfolg“, zählt Bierig auf. Er hofft, dass der GaLaBau auch durch die Freisetzung von Arbeitskräften aus anderen Branchen wegen der fortschreitenden Digitalisierung profitiert. Ob dies dem Fachkräftemangel im GaLaBau tatsächlich entgegenwirken kann, bleibt abzuwarten. „Auf jeden Fall müssen wir sämtliche zur Verfügung stehende Zielgruppen ins Visier nehmen, auch Vorruheständler/-innen, die noch die Energie für sinnstiftende Mithilfe innerhalb der grünen Branche besitzen.

„Die gesamte Gesellschaft steht nicht nur beim Thema Fachkräftemangel vor riesigen Herausforderungen. Dessen sind wir uns bewusst und werden nicht wie das Kaninchen vor der Schlange sitzen, sondern aktiv unsere Beiträge in allen Belangen leisten“, schließt Bierig seinen Part ab.

Auswirkungen des Klimawandels

Die Sommer werden immer heißer, der Regen kommt nicht mehr regelmäßig, sondern in Form von Starkregenereignissen, die teils immense Schäden hinterlassen. Sogar vereinzelte Tornados zählen neuerdings zu den Wetterereignissen in Deutschland. Der klimatologische Rückblick auf das Jahr 2022 zeigt, es war das sonnenscheinreichste und zusammen mit 2018 das wärmste Jahr, das wir in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnungen erlebt haben. Sogar europaweit war 2022 das bisher zweitwärmste Jahr seit Auswertungsbeginn (Quelle: Deutscher Wetterdienst, DWD). Der Erwärmungstrend scheint sich weit schneller zu beschleunigen als in den Klimamodellen errechnet, die solche Hitzeperioden eigentlich erst in ein paar Jahrzehnten erwartet hätten. „Diese Tatsache sollte Ansporn genug sein, den Klimaschutz in Deutschland und auch global schneller voranzutreiben, uns läuft die Zeit bereits davon“, erläutert der stellvertretende VGL-Vorstandsvorsitzende Erhard Schollenberger.

Grüne Klimaanlagen

Bereits im Herbst 2021 stellte der VGL beim Bundesverband Garten,- Landschafts- und Sportplatzbau e.V. (BGL) den Antrag eine „KLIMA-Kampagne“ zu starten, mit welcher Politik und Öffentlichkeit überzeugt werden, dass die Fachbetriebe des Garten- und Landschaftsbaus mit ihren Dienstleistungen die Auswirkungen des Klimawandels abmildern und die Lebensbedingungen in Stadt und Land erträglich gestalten können. „Wir Landschaftsgärtner, wir machen das! Wir können Dachbegrünung, Fassadenbegrünung, Parks, Baumpflanzungen, Regenwassermanagement, Biodiversität und Artenschutz“, zählt Schollenberger auf. Die Zukunft liegt jedoch in der Verknüpfung von BLAU und GRÜN. Das bedeutet, dass Niederschlagswasser grundsätzlich nicht mehr in die Kanalisation abgeleitet, sondern vor Ort gespeichert oder versickert wird. Das Wasser steht dann den grünen horizontalen oder vertikalen Flächen in Form von Dach- und Fassadenbegrünungen, Grünflächen und Bäumen durch intelligente Bewässerungssysteme zur Verfügung. Pflanzen verdunsten Wasser und produzieren hiermit Kälte, die im Sommer dringend in den überhitzten Städten benötigt wird. Fassadenbegrünungen kühlen die Gebäudehüllen, die sich sonst sogar bei harten Fassaden (Glas, Beton, Stein, Spielglas, Metall) auf bis zu 80°C aufheizen. „Fassadenbegrünungen sind grüne Klimaanlagen, die uns große Mengen an Energie sparen und gleichzeitig für eine Wertsteigerung des Gebäudes oder des Quartiers sorgen“, führt Schollenberger weiter aus.

Schlaue Kombinationslösungen

Biodiverse Retentionsdächer, die viel Wasser speichern und über die ausgewählten Pflanzenarten und Minibiotope, wie beispielsweise Sandlinsen, ein Maximum an Biodiversität fördern, sorgen für ein besseres Mikroklima und werden für Insekten und Vögel zu wertvollen Aufenthaltsorten. Das Sahnehäubchen ist die Kombination mit Photovoltaik-Anlagen, was definitiv funktioniert und sogar die Effizienz der Energieproduktion im Sommer durch die abkühlende Wirkung steigern kann. „Sehr wichtig für unsere Städte sind aber auch Bäume. Sie spenden im Sommer den ersehnten und kühlenden Schatten, produzieren Sauerstoff, binden den Feinstaub und steigern die Lebensqualität. Damit Stadtbäume die steigenden Temperaturen überstehen, benötigen sie eine ausgeklügelte Bautechnik, funktionierende Substrate und ausreichend Wurzelraum und Wasser im Untergrund. Durch die Auswahl geeigneter Baumarten, die mit Trockenstress und Hitze gut zurechtkommen, gelingt es, die Lebenszeit der Stadt- und Straßenbäume zu verlängern“, so Schollenberger. Zusammen mit den Produkten der Industrie, den Pflanzen der Baumschulen und Staudengärtner können wir durch unsere Dienstleistungen die Städte klimafit gestalten. Hierzu benötigen wir dringend die Forschung an unseren Universitäten und Hochschulen für innovative Lösungen zusammen mit der Herstellerindustrie“, erläutert Schollenberger.

Ökopunkte sammeln

Mit der Ökokontoverordnung der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (ÖKVO) – können für ausgleichende vorgezogene Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege, Ökopunkte für Eingriffsvorhaben zu einem späteren Zeitpunkt gesammelt werden. „Aus unserer Sicht wäre dies auch das perfekte Anreizsystem, um Bauherren zu belohnen, die in Sachen Ökologie mehr machen als vorgeschrieben ist“, lautet Schollenbergers Vorschlag.

Das Ökokonto umfasst dann beispielsweise auch Maßnahmen, die zu einer Verbesserung des Stadtklimas sorgen, wie Dach- und Fassadenbegrünungen, die den Artenreichtum fördern, oder einen biodiversen Mehrwert bieten. Betreffende Maßnahmen dürfen jetzt schon für die Bewertung addiert werden. Auch können kommunale Förderprogramme und das Ökopunktekonto kombiniert werden. „Selbst die Kombination eines bestehenden Förderprogramms für Dachbegrünungen mit einem Fördermodell für optimierte Gründächer ist machbar und entlastet den Investor immens“, erläutert Schollenberger. Eine Übersicht an Förderprogrammen gibt es auf der Webseite des Bundesverband GebäudeGrün e.V. (BUGG, www.gebaeudegruen.info)', hier befinden sich unter dem Reiter „Grün!“ Listen zu Förderprogrammen auf Bundes- und Landesebenen sowie die Bundesförderprogramme zum Solar-Gründach), bei GRÜN in die Stadt im Fördercheck (https://www.gruen-in-die-stadt.de/#foerdercheck) und auf Nachfrage bei den Grünflächenämtern, Bau- und Stadtbauämtern der Kommunen. Eine weitere Entlastung für den Investor ist die geringere Abwassergebühr. „Gewusst wie, lassen sich Dach- und Fassadenbegrünungen durch Fördermaßnahmen teilfinanzieren“, erklärt Schollenberger.

Die Klimaanpassungsmaßnahmen in den Städten werden für die Branche eine große Herausforderung, aber auch eine gewaltige Chance mit sich bringen. „Wir besitzen glänzende Zukunftsperspektiven, wenn wir es schaffen, uns genau diese Märkte zu sichern“, weiß der stellvertretende Vorstandsvorsitzende. „Wir bieten Lösungen für den öffentlichen Raum, für gewerbliche Auftraggeber und natürlich auch für den privaten Gartenbesitzer. Nun gilt es, „DIE“ Grüne Milliarde an Fördermaßnahmen sinnvoll ein- und umzusetzen.“

Warum Null-Flächenversiegelung nicht die Lösung ist

Baden-Württemberg benötigt Wohnraum und auch die Wirtschaft sowie die Infrastruktur muss weiterwachsen können, um auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu bleiben. „Die Zielvorgabe der Null-Flächenversiegelung ist nicht durchsetzbar, was aber geht, ist kluges Planen und Bauen für unsere Welt von morgen“, erläutert Martin Joos, Vorstandsvorsitzender des VGL. „Durch solche Konzepte erreichen wir eine ökologische Aufwertung im Vergleich zu Monokulturen in der landwirtschaftlichen Nutzung“, so Joos‘ leicht provokante These. Wie dieses nachhaltige Bauen in Zukunft aussehen könnte, zeigt derzeit ein geplanter Gewerbepark in Korntal-Münchingen, welchen der Freiburger Architekt Wolfgang Frey mit grünen Fassaden, vielen Grünflächen, effizienter Wärmenutzung, Photovoltaik und einem eigenen Windrad ausstattet. „Solche Konzepte gefallen (noch) nicht allen, aber aus unserer Sicht gehören ihnen die Zukunft“, beschreibt Joos. Wenn weitere Flächen bebaut werden, dann nur noch mit klimafitten Konzepten, die dem Klimawandel entgegenwirken und die benötigte Energie autark produzieren. Dachbegrünungen, wandgebundene Fassadenbegrünungen und Bäume sind laut Dr. Bernhard Scharf von der Universität für Bodenkultur in Wien im Dreierpark die wirksamsten Maßnahmen, um unsere Städte vor Überhitzung zu schützen. „Wir Landschaftsgärtner können genau das! Kommen dann noch im Rahmen des Regenwassermanagements Versickerungsmulden, Verdunstungsbeete, Retentionsbecken und Baumrigolen hinzu, sind wir auch hierfür DIE Ansprechpartner und DIE Ausführenden, denn diese Aufgaben gehören zu unserem Kerngeschäft“, beschreibt Joos. „Das Ziel bei Neubauten muss sein, und da hat uns Berlin bereits einiges voraus, das anfallende Niederschlagswasser komplett vor Ort zu speichern oder zu versickern. Im Speichern sehen wir als Gärtner den größten Zugewinn, denn dann steht den Pflanzen das wertvolle Nass über automatische Bewässerungsanlagen zur Verfügung“, führt Joos weiter aus. Pflanzen heizen sich im Gegensatz zu Asphalt, Autos und Gebäudefassaden nicht auf, sondern sind kühler als die Umgebungstemperatur. Der Grund liegt in der produzierten Verdunstungskälte. So tragen alle Möglichkeiten, Pflanzen in der Stadt ins Spiel zu bringen, zu einer angenehmeren Umgebungstemperatur bei. „Die begrünte Fassade des Neubaus in der Callwer-Passage in Stuttgart ist das erste Pionierprojekt in der Landeshauptstadt. Die Pflanzen kühlen das Gebäude im heißen Sommer, produzieren Sauerstoff, binden Feinstaub und sehen auch noch gut aus“, ergänzt Joos. Wichtig ist allerdings die fachgerechte Pflege der Fassadenbegrünungen sowie deren Bewässerung und automatische Düngung. Dieser Kostenfaktor muss deshalb zwingend bereits in der Planung mitberücksichtigt werden.

Zukünftig wird es immer mehr urbanen Raum geben, der entsiegelt werden kann, denn viele Städte arbeiten an Verkehrskonzepten, bei denen das eigene Auto überflüssig wird. So beispielsweise auch Karlsruhe.

Über eine Mobilitäts-App sieht man, welches Verkehrsmittel einen am schnellsten oder aber am günstigsten zum Ziel bringt: Leihräder, Car-Sharing, Bus, S-Bahn oder einfach mal ein Stück zu Fuß laufen. „Auf diese Art und Weise werden in Zukunft unglaublich viele versiegelte Parkflächen frei, die dann zu Grünzügen und Parks umgebaut werden können und so unsere Innenstädte lebenswerter gestalten. Was auf dem Erdboden möglich ist, wäre heute bereits in luftiger Höhe umsetzbar. Immer noch sind die meisten Dachflächen in unseren Städten unbegrünt. Das ist ein unfassbares Potenzial, das wir schnellstmöglich nutzen müssen, um die Klimaerwärmung und die damit einhergehende Gefahr von Hitzetoten zu vermeiden. Dabei liegt die Zukunft bei Retentionsdächern und biodiversen Bepflanzungen, die einen Beitrag zum Artenschutz leisten.“

Über Gründach-Satzungen verfügen noch nicht allzu viele Städte. Wenn es um die Festsetzung der Dachbegrünung in Bebauungsplänen geht, sieht es besser aus. Auch gibt es hier bereits Kommunen, die Ökopunkte für solche Maßnahmen vergeben. Die Fassadenbegrünung hinkt hier leider in beidem hinterher. Eine hohe Zahl an Städten besitzt auch eigene Förderprogramme in Form direkter Zuschüsse, so beispielsweise auch Stuttgart mit dem Stuttgarter Grünprogramm.

Gartenschauen 2023 in Baden-Württemberg

Bundesgartenschau (BUGA) in Mannheim – Gelände mit Geschichte

„Die BUGA 23 in Mannheim eröffnet am 14. April 2023 ihr zeitgeschichtliches Spannungsfeld. Sie besteht aus zwei Geländeteilen, die kaum unterschiedlicher sein könnten: Der nach englischem Vorbild gestaltete Luisenpark zwischen Oststadt und Neckar bietet historisches Gartenflair mit exotischer Flora und Fauna und einem Eintauchen in die neue Welt der Tropenwälder. Das Spinelli-Gelände, ein ehemaliges Militärgelände, wartet mit einem visionären Experimentierfeld und Zukunftsgärten im Norden auf“, erläutert App. Eine verlassene Tankstelle wird zum Kiosk, im alten Heizhäuschen sitzt der i-Punkt-Grün und die Militärgeschichte des 62 Hektar großen Geländes ist im Sinne der Nachhaltigkeit weiterhin sichtbar. Die lineare Wegestruktur dient als gewollte Sichtachsen, Materialien aus dem Rückbau wurden wiederverwendet und die vier Leitthemen der BUGA sind in Form gegossen: So markieren den Bereich „Klima“ Eisschollen artige zackige Bereiche, das Thema „Umwelt“ besitzt Blattstrukturen, Wellen symbolisieren die „Energie“ und die Formen landwirtschaftlicher Flurstücke stehen für „Nahrung“. 17 Zukunftsgärten verkörpern die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen und ziehen sich durch dieses riesige Experimentierfeld. 2.023 Zukunftsbäume sind auf dem Gelände als Schattenspender gepflanzt beziehungsweise in Air Pots auf dem Gelände verteilt. Nach der Schau zieht dann ein Teil der Bäume planmäßig als Stadtgrün in die Innenstadt um. Ein Holzsteg führt über Habitatflächen und Schutzzonen für Eidechsen und Wildbienen und die Seilbahn von Spinelli zum Luisenpark benötigt lediglich acht Minuten.

Zukunftsgärten der Landschaftsgärtner

„Mit Hummeln bummeln, eine Auszeit nehmen, sich vom ländlichen Gartencharme mit Obst- und Gemüseanbau inspirieren lassen oder aber Upcycling in seiner kreativsten Form erleben, das versprechen die Schaugärten der Landschaftsgärtner in Mannheim“, gibt App einen Einblick in die dort entstehenden zehn Zukunftsgärten, die von 12 regionalen Garten- und Landschaftsbaubetriebe gebaut werden. In diesen grünen Paradiesen geht es um Biodiversität, die Verwendung von nachhaltigen, regionalen oder recycelten Materialien, aber auch um Gesundheit und Wohlergehen. Nur wenn der persönliche Akku regelmäßig aufgetankt wird, erhalten wir uns langfristig gesund. Auch Maßnahmen zum Klimaschutz, wie ein Erdkühlschrank oder blühende Staudenflächen für eine höhere Biodiversität werden in diesen Beiträgen gezeigt und gelebt. Dachbegrünungen, Fassadenbegrünungen, Teiche als Retentionsbecken und große schattenspendende Gehölze sind weitere Maßnahmen für ein angenehmes Kleinklima in heißen und trockenen Sommern. „Attraktiv eingebunden in eine clevere Gestaltung schaffen wir Landschaftsgärtner grüne Oasen, die zudem unsere wertvollste Ressource, das Grundwasser, aktiv schützen und schonen“, freut sich App am Ideenreichtum ihrer Kolleginnen und Kollegen.

Gartenschau Balingen 2023

Im Herzen des Zollernalbkreises liegt die Stadt Balingen mit insgesamt 13 Stadtteilen, die am 5. Mai 2023 ihre Gartenschau eröffnet. Ab dann wird die Eyach, dank der Erschließung durch die Eyach-Terrassen, zum wertvollen innenstadtnahen Aufenthaltsbereich. Die lang ersehnte Uferpromenade verbindet nun die Wege am östlichen Ufer. Noch mehr vom vergnüglichen Nass bieten die Steinach-Terrassen direkt am Wasserfall. Dieser bislang wilde Teil des Flussufers ist über Wege und Rasenstufen bis hinunter an das Gewässer erschlossen. Die Wassergärten bringen die Besuchenden dann direkt an die Eyach mit Blick auf das Zollerschloss, den Eyachbogen und den schluchtartigen Mündungsbereich der Steinach.

Acht Themengärten der Landschaftsgärtner

„Die Besuchenden inspirieren, begeistern und aufzeigen, wie herrlich das eigene Grün vor der Terrassentür mit einer professionellen Gestaltung und Ausführung aussehen kann, das ist das Ziel der acht Themengärten, die die Mitgliedsbetriebe des Verbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg e.V. auf der Plaza an den Eyachterrassen gebaut haben“, berichtet die stellvertretende Vorstandsvorsitzende Uschi App. „Vom formalen bis zum romantischen Garten, mit ganz natürlichem Design, bespielen die Ausstellungsideen die ganze Bandbreite der Gartengestaltung. Dabei steht die hohe Ausführungsqualität dieser grünen Rückzugsorte für ein echtes Mehr an Lebensgenuss.“ Modernes minimalistisches Wohndesign, konsequent, formal und pflegeleicht umgesetzt, mit unterschiedlichen Raumhöhen in Wohlfühlqualität, heißt Besuchende willkommen. Der Garten für Genießer lädt ein, sich am leise vor sich hinmurmelnden Wassertisch zu entspannen. Im geometrisch modernen Garten steht die Formgebung im Vordergrund, die sich mit dem frischen Blau und edlen Purpur in der Pflanzung vereint. Inspiriert von glücklichen Kindheitstagen und verschiedensten jugendlichen Abenteuern, ist der Garten der Erinnerung mit seiner naturnahen Gestaltung auch ein Ort mit höchst interessanten Blickwinkeln auf die wilde Schönheit der Natur. Beim Betreten des Alb-Gartens werden bei Albbewohnern und -liebhabern sofort Heimatgefühle geweckt. Die exponierten Dolomit-Felsen aus regionalen Steinbrüchen sowie die naturnahe Bepflanzung aus Stauden, Moosen und Farnen erinnern im Schatten einer malerischen Kiefer an die Wildheit der herrlichen Traufgänge dieses Mittelgebirges. Die Kombination aus heimischem Schwarzwälder Granit mit den warmen roten Farben italienischen Porphyrs zaubert eine behagliche und wohlige Atmosphäre im PURPUR-Garten. Der erste Blick huscht durch spannend angeordnete Holzpalisaden und trifft auf glitzerndes Wasser im glasklaren BIOTOP-Garten vor einem fröhlich bunten Strandhaus, wie man es aus Schweden kennt. Im märchenhaften Zaubergarten verzaubern einen die verschiedensten Elemente bekannter Grimm-Märchen. Gleich zu Anfang steht die erste Verführung, ein Stilmittel, das auch in Märchen gerne benutzt wird. „Doch diese ist ein inspirierend duftender Naschgarten aus Obst und Küchenkräutern und somit lecker, gesund, bunt und gar nicht gefährlich“, eröffnet App.

Nach dem doppelten Gartenschausommer 2023 folgt im April 2024 die Landesgartenschau in Wangen im Allgäu. „Auch hier präsentieren sich die Landschaftsgärtner/-innen aus Baden-Württemberg und auch aus Bayern mit zehn außergewöhnlichen Gärten und einem breiten Veranstaltungsprogramm wie immer äußerst nachhaltig und fachkompetent“, blickt App am Ende ein Jahr voraus. Die Vergabe der Gartenschauen und Landesgartenschauen in Baden-Württemberg ist zurzeit bis in das Jahr 2036 gesichert. (VGL)

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