Handel: Beginn der Tarifverhandlungen

Die Lage im Nonfood-Handel ist wegen der monatelangen staatlichen Ladenschließungen extrem angespannt.

"Es lastet eine immense Verantwortung auf den Sozialpartnern", sagt Steven Haarke, HDE-Geschäftsführer für Arbeit und Soziales. Bild: HDE.

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Durch neue Varianten des Corona-Virus ist eine Verschlechterung der Lage jederzeit möglich, trotz fortschreitender Impfquote. Viele der vom Lockdown betroffenen Handelsunternehmen sind wirtschaftlich vollkommen ausgezehrt. Diese Dramatik spiegelt sich auch in einer aktuellen HDE-Umfrage wider. Danach gaben im April knapp die Hälfte der vom Lockdown betroffenen Einzelhändler an, ohne weitere staatliche Unterstützung das laufende Jahr nicht überstehen zu können.

„Tarifrunden sind traditionell schwierig. Allerdings handelt es sich dieses Mal um eine wahrlich historische Herausforderung. Es lastet eine immense Verantwortung auf den Sozialpartnern“, so Steven Haarke, HDE-Geschäftsführer für Arbeit und Soziales. Die meisten vom Lockdown betroffenen Unternehmen können eine Erhöhung der Personalkosten einfach nicht mehr verkraften. „Eine Lösung kann daher nur über eine Differenzierung führen“, so Haarke weiter. Zu beachten sei auch die Flächenwirkung des Tarifvertrags. So würden im Einzelhandel trotz rückläufiger Tarifbindung mittelbar nach wie vor zwei Drittel der Beschäftigten nach dem Tarifvertrag bezahlt.

Im Übrigen zahle die Branche gutes Geld für gute Arbeit. So sind die Tarifentgelte im Einzelhandel in den letzten zehn Jahren um knapp 24% angestiegen. Inflationsbereinigt entspricht das einem Nettoanstieg der Tarifentgelte in diesem Zeitraum um 11% . Auch im vergangenen Jahr, welches gerade für den Nonfood-Handel wegen der Corona-Pandemie bereits sehr schwierig war, haben die tarifgebundenen Unternehmen die vereinbarte Anhebung der Tarifentgelte um 1,8% an ihre Mitarbeiter weitergegeben.

„Das war eine wirklich große Leistung der Arbeitgeber, gerade im Nonfood-Bereich“, so Haarke. Gezahlt werde im Einzelhandel zusätzlich auch noch das tarifliche Urlaubs- sowie Weihnachtsgeld. Das Arbeiten ab 18.30 Uhr wird zusätzlich mit 20% Zuschlag belohnt, ab 20 Uhr mit 50%. Außerdem haben die meisten großen Handelsketten als Anerkennung für die besonderen Umstände während der Corona- Pandemie längst umfassende Sonderzahlungen und Warengutscheine an ihre Mitarbeiter ausgezahlt. „Es handelte sich also nicht etwa um ein Lippenbekenntnis, die Arbeitgeber haben hier bereits nachweislich geliefert“, so Haarke weiter. Der Einzelhandel ist als Branche mit 3,1 Mio. Beschäftigten einer der größten Arbeitgeber in Deutschland.

Vor Beginn der Corona-Krise konnte in der Branche über viele Jahre hinweg jedes Jahr weitere sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgebaut werden. Die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist dank des großflächigen Einsatzes von Kurzarbeit in der Branche auch trotz Corona bislang noch recht stabil. Im April waren nach aktuellster Schätzung des ifo-Instituts aber allein im Einzelhandel knapp 300.000 Beschäftigte in Kurzarbeit. (PdH)

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