Glyphosatbewertung: BfR weist Plagiatsvorwürfe zurück

BfR hat sämtliche Originalstudien der Antragsteller sowie Publikationen aus der wissenschaftlichen Literatur im RAR und dem dazugehörigem Addendum selbst geprüft.

Glyphosatbewertung: BfR weist Plagiatsvorwürfe zurück. Bild: GABOT.

Anzeige

In den Medien wurden vereinzelt Vorwürfe erhoben, das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) habe signifikante Teile seiner Bewertung von Glyphosat unkritisch aus dem Dossier der Antragsteller - ohne Prüfung auf Plausibilität und fachliche Korrektheit - in den deutschen Bewertungsbericht zur erneuten Genehmigung von Glyphosat als Pflanzenschutzmittelwirkstoff übernommen. Diese Vorwürfe weist das Institut mit Nachdruck zurück. „Dies ist ein erneuter Versuch, die Glaubwürdigkeit der wissenschaftlichen Institutionen zu diskreditieren, die mit der Bewertung gesundheitlicher Risiken bei Pflanzenschutzmittelwirkstoffen wie Glyphosat beauftragt sind“, sagt BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. „Die im gesetzlichen Bewertungsverfahren eingereichten Dossiers sind Zusammenstellungen bereits vorliegender Studien und stellen deshalb selbst keine wissenschaftliche Originalarbeit dar.“

In Europa und weltweit ist es in Bewertungsverfahren nicht nur bei Pflanzenschutzmitteln üblich und anerkannt, dass Bewertungsbehörden nach kritischer Prüfung auch relevante Passagen aus eingereichten Dokumenten in ihren Bewertungsberichten integrieren. Auch die Teildokumente des Bewertungsberichts enthalten deshalb solche Textteile aus öffentlich zugänglicher Literatur, die von den Antragstellern als Teil der gesetzlich geforderten Literaturrecherche eingereicht wurden. Dies wird aus den Überschriften der verschiedenen Kapitel und Teile deutlich. Die behördliche Gesamteinschätzung enthält neben den eigenständigen Bewertungen immer auch Zusammenfassungen wissenschaftlicher Erkenntnisse aus Originalstudien und Literaturveröffentlichungen. Diese werden von den Experten des BfR hinsichtlich ihrer Qualität und Relevanz sowie der erhobenen experimentellen Befunde auf eine mögliche gesundheitliche Bedeutung eingehend geprüft. „Diese Zusammenfassungen veröffentlichter Studien sind zwangsläufig Teil der Einreichungsunterlagen“, ergänzt BfR-Präsident Hensel.

In den gesetzlichen Verfahren zur gesundheitlichen Bewertung von Pflanzenschutzmitteln, Biozidprodukten, Arzneimitteln und zahlreichen anderen Chemikalien ist es vorgeschrieben, dass ein Hersteller auf eigene Kosten ein vorgeschriebenes Spektrum an experimentellen Prüfungen durchführen muss. Neben diesen Studien ist auch ein zusammenfassendes Dossier den Bewertungsbehörden vorzulegen. Dabei sind neben Prüfvorschriften (z.B. der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD) und Qualitätssicherungen (z.B. Gute Laborpraxis, GLP) auch etablierte, international anerkannte toxikologische Standardverfahren zu berücksichtigen. Darüber hinaus sind frei zugängliche wissenschaftliche Veröffentlichungen in die Bewertungsberichte der Behörden aufzunehmen und auszugsweise darzustellen. Die Bewertungsbehörden führen gemäß der gesetzlich vorgeschriebenen Abläufe keine eigenen Experimente durch.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat seine Bewertung von Glyphosat entsprechend den gesetzlichen Vorgaben sowie den nationalen, europäischen und weltweiten Konventionen durchgeführt. Ebenso haben die anderen deutschen Behörden Julius-Kühn-Institut (JKI), Umweltbundesamt (UBA) sowie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) als koordinierende Stelle ihre Zuarbeit auf Basis des Dossiers der Antragsteller der EFSA zur Verfügung gestellt. Dieses Verfahren wurde überall in der EU auch für alle anderen mehr als 450 bislang genehmigten Pestizidwirkstoffe gleichartig praktiziert.

Der deutsche Bewertungsbericht (Renewal Assessment Report, RAR) zu Glyphosat war nur eine Vorarbeit für die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), in der alle eingereichten Originalstudien geprüft wurden. Hierbei handelte es sich um einen Bericht des Berichterstatters Deutschland, der in die gemeinschaftliche Bewertung der für die Risikobewertung zuständigen Behörden der EU-Mitgliedsstaaten eingeflossen ist. Dieser wurde dann auf Basis von Kommentierungen im öffentlichen Peer-Review weiter überabeitet und anschließend von der EFSA und Experten der zuständigen Fachbehörden der Mitgliedsstaaten gründlich geprüft, nochmals kommentiert und umfassend diskutiert.

Nachdem die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) ihre Monographie im Jahr 2015 publiziert hatte, wurde vom BfR noch einmal kritisch diese Bewertung in einem Addendum als Teil des RAR überprüft, in dem nochmals eine Prüfung der Originalstudien vorgenommen wurde.

Nicht der RAR, sondern das BfR-Addendum zum IARC-Bericht, wurde dann als deutsche Behördenbewertung die entscheidende Grundlage zur Bewertung der Kanzerogenität und Mutagenität. Dieser wurde wiederum mit allen Mitgliedsstaaten sowie mit der IARC, dem Joint FAO/WHO Meeting on Pesticide Residues (JMPR), der United States Environmental Protection Agency (US-EPA) und der Europäische Chemikalienagentur (ECHA) in einem Expertenmeeting diskutiert. Dieses Beratungsergebnis war dann die Grundlage für die EFSA Schlussfolgerung.

Nach Abschluss der Risikobewertung von Glyphosat durch die EFSA im Verfahren zur erneuten Wirkstoffgenehmigung hat dann das BfR einen weiteren Bewertungsbericht für die ECHA erstellt, der im Vergleich zum RAR andere Formatvorlagen und die Bewertungsgrundsätze der Gefahrenabschätzung zur Einstufung und Kennzeichnung erfüllen musste. Dieser Bericht wurde ebenfalls von allen Mitgliedsstaaten und der Öffentlichkeit kommentiert, in zwei Anhörungen bei der ECHA erörtert und durch zusätzliche statistische und epidemiologische Recherchen der ECHA ergänzt, bevor er abschließend in deren Ausschuss für Risikobewertung (RAC) beraten wurde.

Das BfR hat also keineswegs, wie von verschiedenen Medien behauptet, die Sicht der Antragsteller und deren Interpretation entsprechender Studien unkritisch und ungeprüft übernommen. Vielmehr hat das BfR zahlreiche Passagen der eingereichten Unterlagen gestrichen, wenn diese wissenschaftlich nicht nachvollziehbare oder falsche Aussagen zu den geprüften Originalstudien enthielten. Nicht akzeptierte Darlegungen und Interpretationen wurden dann vom BfR durch eigene Aussagen entsprechend der eigenen Bewertung ersetzt oder ergänzt. Wenn die Antragsteller Studien korrekt zitieren oder in entsprechenden Zusammenfassungen wissenschaftlich und methodisch korrekt interpretieren, hatten die europäischen Bewertungsbehörden in der Vergangenheit keinen Grund in den zahlreichen Zulassungs- und Genehmigungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln, Chemikalien und Arzneimitteln, derartige Aussagen umzuschreiben.

Sämtliche Bewertungsbehörden europa- und weltweit, denen die Originaldaten vorlagen, kommen nach eigener Bewertung mittels etablierter international anerkannter toxikologischer Standardverfahren ebenfalls zu dem Schluss, dass Glyphosat nach derzeitigem Stand des Wissens nicht als krebserregend einzustufen ist.

Dazu gehören:

  • die Europäische Behörde für Lebensmittelsicher (EFSA) sowie die Expertinnen und Experten der Risikobewertungsbehörden der EU-Mitgliedstaaten
  • die US-amerikanische Umweltbehörde EPA
  • die kanadische Bewertungsbehörde Pest Management Regulatory Agency (PMRA)
  • die australische Bewertungsbehörde Australian Pesticides and Veterinary Medicines Authority (APVMA)
  • die japanische Food Safety Commission
  • die neuseeländische Umweltbehörde EPA
  • das Joint FAO/WHO Meeting on Pesticide Residues (JMPR) und
  • die Europäische Chemikalienagentur (ECHA)

(Quelle: BfR)

Neuen Kommentar schreiben

Kommentare (0)

Bisher sind keine Kommentare zu diesem Artikel erstellt worden.