bevh: Umsätze im E-Commerce fallen um 12%

Die schlechte Konsumstimmung in Deutschland macht sich auch zur Jahresmitte im Onlinehandel bemerkbar.

Deutliche Korrektur für Gesamtjahr erwartet. Bild: bevh.

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Gegenüber dem Vergleichsquartal 2022 sanken die Online-Umsätze mit Waren (inkl. Mehrwertsteuer, nicht preisbereinigt) von Anfang April bis Ende Juni um 12,2% auf 19,17 Mrd. Euro. Auf das gesamte erste Halbjahr gesehen, liegen die bisher aufgelaufenen Umsätze zur Jahresmitte (Q1 + Q2) sogar rund 13,7% unter dem Vergleichswert von 2022. Verglichen mit dem gesamten ersten Halbjahr 2019, also vor Ausbruch der Corona-Pandemie, schlägt weiterhin ein Plus von 14,7% zu Buche. 

„Zum anfänglichen Konsumschock mit Ausbruch des Ukraine-Kriegs ist eine ganze Reihe negativer Wirtschaftsdaten hinzugekommen, die den Negativtrend im Handel verstetigen. Deutschland ist, wie viele andere Länder auch, in der Rezession. Davon kann sich der Onlinehandel nicht abkoppeln. Nur teure Maßnahmen wie das 49-Euro-Ticket begrenzen derzeit die Inflation. Scheinbar hohe Lohnzuwächse werden durch die kalte Progression oft wieder kassiert. Solange die Menschen erwarten, dass ihre Reallöhne sinken und finanzielle Sonderbelastungen zunehmen, werden sie sich jeden Einkauf gut überlegen. Wir gehen davon aus, dass sich daran auch in nächster Zeit nichts ändern wird“, erklärt Martin Groß-Albenhausen die gesamtwirtschaftlichen Ursachen.

Auffällig ist, dass mit Beginn der Sommer- und Urlaubszeit im zweiten Quartal die Erholung bei digitalen Dienstleistungen (+8,5% auf 3.6 Mrd. Euro) nachgelassen hat. In dieses Segment fallen insbesondere Reise- und Konzertbuchungen. Nach den Einbrüchen der Corona-Hochphase hatte es hier zuletzt noch deutlich zweistellige Zuwächse gegeben. Von dem Ausgaben-Niveau aus dem zweiten Quartal 2019 (4,8 Mrd. Euro) ist das aktuelle Niveau weit entfernt.

Abwärtstrend geht durch alle Online-Branchen

Im Vergleich der großen Branchen-Cluster im Onlinehandel gab es im zweiten Quartal nur Verlierer: Abermals am stärksten verloren haben die Cluster Unterhaltung (-14,7%), Einrichtung (-14,3%) und Bekleidung (-14,1%). Mit Blick auf einzelne Branchen stehen der Handel mit Schmuck und Uhren (-17,4%), Computer/Zubehör/Spiele (-16,9%) und Haushaltswaren & -geräte (-16,1%) aber auch Auto- & Motorradzubehör (-15,9%) unter Druck.

Sonderbefragung: Der Optimismus ist gewichen

In die gleiche Richtung wie die Branchenumsätze zeigen die Ergebnisse der aktuellen Mitgliederbefragung, die der bevh in der ersten Juliwoche durchgeführt hat. Zwei von drei antwortenden Unternehmen geben an, dass sie ihre geplanten Umsätze im zweiten Quartal nicht erreicht haben; im ersten Quartal berichtete dies nur jeder zweite Teilnehmer. Zwar gibt nur rund jeder zweite Befragte (51,4%) an, im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahr Umsatz verloren zu haben (erstes Quartal 23: 45,6%). Allerdings erfolgt die leichte Verschlechterung auf einem obendrein bereits vom Ukraine-Krieg geprägten schwachen Vorjahresquartal. Ging im ersten Quartal noch jeder vierte Befragungsteilnehmer davon aus, im Jahresverlauf die Krise hinter sich zu lassen, zeigen sich nun nur noch wenig mehr als 20% entsprechend optimistisch. Vergleichbar hat sich auch die Zahl derjenigen entwickelt, die befürchten, auf die aktuelle Situation mit Personalmaßnahmen reagieren zu müssen.

„Die Unternehmen stemmen sich mit Macht gegen die Krise. Aber sie müssen erkennen, dass sich die Konsumentinnen und Konsumenten auch durch starke Angebote kaum noch zum Kauf bewegen lassen. Im ersten Quartal sprach noch jeder Dritte Onlinehändler von entsprechend erfolgreichen Kampagnen – nun ist es nicht einmal mehr jeder Vierte“, erläutert Martin Groß-Albenhausen.

Prognose revidiert: Onlinehandel hängt ab von gesamtwirtschaftlicher Konjunktur

Die pessimistischen Geschäftserwartungen der Händler und anhaltend schlechte Wirtschaftsdaten für Deutschland geben wenig Hoffnung auf eine Besserung der Geschäftslage im weiteren Jahresverlauf. Die zu Jahresbeginn angestellte Prognose von 4,8% Wachstum für die Gesamtbranche ist somit nicht haltbar. Nach eigenen Schätzungen geht der Verband stattdessen von einer deutlichen Korrektur und einen Rückgang der Umsätze von mehr als 5% zum Jahr 2022 aus. „In wesentlichen Warengruppen wächst der Druck, die Läger zu leeren, hinzu kommt noch ein Rabatteffekt. Selbst bei einer derzeit nicht absehbaren Verbesserung der Konsumstimmung im zweiten Halbjahr wären die bisherigen Rückgänge kaum aufzuholen“, befürchtet Martin Groß-Albenhausen. „Die von uns befragten Konsumentinnen geben zudem nicht an, in den kommenden Monaten mehr online einkaufen zu wollen – sie verharren im Sparmodus.“ (bevh)

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