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VSSE: Drängt auf Entfristung der 70-Tage-Regelung
Harter, teilweise unfairer Wettbewerb, massiver Preisdruck durch den Handel, Klimaextreme und Arbeitskräftemangel setzen den handarbeitsintensiven Spargel- und Erdbeeranbau massiv unter Druck. Laut einer Umfrage des Verbands Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer e.V. (VSSE) in diesem Sommer denkt jeder 4. Spargel- und Erdbeeranbauer über eine vorzeitige Betriebsaufgabe nach. 79% der Betriebe konnten in dieser Saison bereits einen Teil ihrer Ernte wegen Personalmangels nicht einholen. Jeder 4. Betrieb rechnet mit einer Kostensteigerung um 16 bis 20%, jeder 5. gar mit 21 bis 30% bei der Wiedereinführung der zwei-Monate-/50-Tage-Regelung.
„Ein Rückfall auf die 50-Tage- bzw. zwei-Monate-Regelung für die kurzfristige sozialversicherungsfreie Beschäftigung bedeutet, den Arbeitskräftemangel nochmals zu verschärfen, die Ernte zu gefährden, den Verwaltungsaufwand zu vergrößern und die Situation der Anbauer noch weiter zu verschlechtern. Dies wird einen schnelleren Strukturwandel durch vorzeitige Betriebsaufgaben zur Folge haben. Infolgedessen werden Arbeitsplätze in der Landwirtschaft wegfallen, und die Angebotsvielfalt wird schwinden. Eine Entfristung der drei-Monate-Regelung wäre ein deutliches Signal der politisch Verantwortlichen für unser Land, das stark durch den Sonderkulturanbau geprägt ist, und eine große Erleichterung für die Anbaubetriebe“, erklärt Simon Schumacher, VSSE-Vorstandssprecher.
Landes- und bundesweite Unterstützung für eine Entfristung der 70-Tage-Regelung
Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg hat eine Beschlussvorlage für die Amtschefkonferenz der Sonder-Agrarministerkonferenz am 18. Januar 2018 eingebracht, die breite Zustimmung der Länder gefunden hat. Minister Peter Hauk MdL, Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, betonte in einem Schreiben an Bundesminister Hubertus Heil, Bundesministerium für Arbeit und Soziales: „Saisonarbeitskräfte aus den EU-Ländern stehen aber zunehmend weniger zur Verfügung. Ohne die Entfristung der 70-Tage-Regelung sehe ich die u. a. aus Umwelt- und Klimaschutzgründen notwendige regionale Produktion stark beeinträchtigt.“
Das Land Hessen hat auf Initiative des Ministerpräsidenten Volker Bouffier einen Bundesratsantrag gestellt, der unter anderen vom Land Baden-Württemberg unterstützt wurde. Dieser fand leider keine Mehrheit im Bundesrat. Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, hat ihre Unterstützung bekundet. Und Jens Spahn, Bundesminister für Gesundheit, hat, laut Volker Bouffier, seine grundsätzlichen Bedenken gegen eine dauerhafte Einführung der 70-Tage-Regelung aufgegeben.
In den letzten Wochen hat der Verband Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer e.V. zahlreiche persönliche und telefonische Gespräche mit Abgeordneten der verschiedenen Parteien geführt: „Das Verständnis war bei den meisten Abgeordneten für die Situation der Anbauer und den Erntehelfermangel vorhanden. Da Saisonarbeitskräfte faktisch nicht bis sehr geringfügig von den Sozialabgaben profitieren werden, die Statistik zeigt, dass die Zahlen kurzfristig Beschäftigter nicht - wie befürchtet - im Zeitraum der 3-Monate-Regelung gestiegen ist, sehen wir keine Gründe, die einer Entfristung entgegenstehen“, erklärt Simon Schumacher, VSSE-Vorstandssprecher.
Die meisten Betriebe benötigen drei Monate lang Saisonarbeitskräfte, und Erntehelfer ziehen es vor, drei Monate lang den Lohn ohne Abzüge der Sozialversicherung zu erhalten. Zudem profitieren Erntehelferinnen und Erntehelfer nur gering von den Sozialversicherungsbeiträgen, da beispielsweise die Rentenanwartschaft bei fünf Jahren, hochgerechnet bei dreimonatiger Beschäftigung pro Jahr bei 20 Jahren, liegt, und die Rente mit rund 2,50 Euro monatlich sehr gering ausfällt.
Wettbewerbsverzerrende Produktionsbedingungen zu Lasten von Mensch und Umwelt
Konkurrenz erhält der Spargel- und Beerenanbau beispielsweise aus Spanien, und das zu unfairen Bedingungen, denn dort liegt der Mindestbruttostundenlohn bei 4,46 Euro, also beinahe um die Hälfte niedriger als in Deutschland (Quelle: Hans-Böckler-Stiftung). Zusätzlich hielt der deutsche Lebensmitteleinzelhandel in dieser Saison lange Importware in den Regalen vor, auch als es schon ausreichend heimische Ware gab. Dies wiederum verschärfte den Preisdruck durch auflaufende Erntemengen bei den Produzenten.
Importspargel und -Erdbeeren verursachen durch die langen Transportwege deutlich höhere CO2-Emissionen als heimische Ware und belasten durch den Anbau der wasserintensiven Kulturen in trockeneren Ländern zusätzlich die Umwelt. Der Kauf von einem Kilo regionalen Spargel spart beispielsweise, laut einer ökologischen Systemanalyse der ETH Zürich, bis zu elf Kilo CO2 pro Kilo Spargel im Vergleich zu Importware ein. (Quelle: VSSE)
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