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Studie: Vom Online-Handel lernen heißt den Kunden verstehen
Der deutsche Einzelhandel hat mit einem massiven Frequenzrückgang zu kämpfen. Seit 2007 fiel die Zahl der Ladenbesucher um 19%. Die Gründe liegen auf der Hand: Das Konsumentenverhalten verändert sich. Hinzu kommen der demografische Wandel sowie Standortprobleme in strukturschwachen Regionen und Städten. Diese Entwicklung wird sich in der Zukunft verschärfen. Für den stationären Handel werden die Konsequenzen immer dramatischer. Eine aktuelle Studie von OC&C Strategy Consultants geht der Frage nach, wie sich die Kundenfrequenz stabilisieren lässt: Stationäre Händler müssen von den Onlinern lernen, um sich neue Wachstumsperspektiven zu eröffnen.
Der bestimmende Trend des Konsumentenverhaltens – das nachhaltige Wachstum im Online-Bereich – lässt sich weder umkehren noch verlangsamen. Im Gegenteil: Die Entwicklung wird den stationären Einzelhandel auch in den kommenden Jahren hart treffen und sinkende Frequenzen in vielen Geschäften nach sich ziehen. Mit einem gesunden Mix strategischer und operativer Maßnahmen kann nachhaltiges Frequenzmanagement im stationären Einzelhandel jedoch gelingen. Als Orientierung dienen insbesondere Strategien aus dem Online-Handel. Im Kern geht es dabei um ein holistisches Kundenverständnis. Dies ist ein zentrales Ergebnis der aktuellen Studie „Weg vom Fenster“ der internationalen Strategieberatung OC&C Strategy Consultants.
„Wer langfristig gute Ergebnisse erzielen möchte, muss die Verhaltensweisen und Wünsche seiner Kunden im Detail verstehen. Das beinhaltet die Kundenwahrnehmung von Unternehmensmarke und Angebot und betrifft insbesondere Faktoren wie Markenimage, Sortimentsqualität und -breite, Servicequalität sowie den Preis. Doch viele stationäre Händler setzen sich damit noch immer nur unzureichend auseinander und vertrauen stattdessen auf einfache Marketingmaßnahmen wie etwa generelle Rabatte, um die Frequenz kurzfristig zu stimulieren“, erläutert Dr. Andreas Enders, Partner bei OC&C und Autor der Studie.
Nachfrageorientierte Kundenansprache statt Rabattschlachten
Von den Online-Händlern lernen bedeutet, die Dimensionen des Kundenverhaltens und einzelne Frequenztreiber zu verstehen, um am zentralen Hebel der Kaufentscheidung zu arbeiten – der Kundenwahrnehmung von Unternehmensmarke und Angebot. Bei der Auswahl geeigneter Maßnahmen und Kommunikationskanäle gibt es für Handelsunternehmen keine „one-size-fits-all“-Lösung. Der Weg zum optimalen Mix aus verschiedenen Werbemaßnahmen – von der klassischen Printanzeige bis zum YouTube-Spot – setzt eine genaue Analyse der anvisierten Kundensegmente und eine saubere Erfolgsmessung voraus.
„Früher war es ausreichend, ein Durchschnittsprodukt zum attraktiven Preis anzubieten und die Schnäppchenmentalität der Kunden mittels großformatiger Werbung zu aktivieren. Einen vermeintlichen Durchschnittskunden zu adressieren, ist jedoch schon lange nicht mehr zielführend. Eine stimmige Frequenzstrategie muss heute immer in unterschiedlichen Kundensegmenten gedacht werden und die teilweise sehr unterschiedlichen Bedürfnisse akkurat ansprechen“, so Dr. Andreas Enders.
In drei strategischen Schritten zur passenden Frequenzstrategie
1. Kundensegmente und deren Bedürfnisse identifizieren: Wer eine höhere Frequenz anregen will, muss beim Kunden beginnen. Für Händler gilt es, möglichst umfassende Kundendaten zu sammeln und nach soziodemografischen (Alter, Geschlecht, Familienstatus) oder psychographischen (Interessen, Lebensstilen etc.) Faktoren sowie prägnanten Verhaltensweisen (Schnäppchenjäger, Kauffrequenz etc.) zu analysieren. Die verschiedenen Cluster unterscheiden sich hinsichtlich relevanter Faktoren wie: Präferierte Produktgruppen, Preissensitivität und präferierte Preislagen, Qualitätsbewusstsein, Markentreue, Kauffrequenz sowie Informations- und Beratungsbedarf.
2. Einzelne Kunden den Segmenten zuordnen: Der Clusteransatz ermöglicht es, Kundengruppen individuell mit verschiedenen Maßnahmen über unterschiedliche Kanäle zu adressieren. Einzelhändler mit eigener Kundendatei sind im Vorteil, denn sie können zumindest die Stammkunden mit einem individuellen Angebot ansprechen. Hilfestellung können ansonsten spezialisierte Dienstleister mit umfangreichen Konsumentendatenbanken leisten. So lassen sich Streuverluste von Massenkommunikation vermeiden.
3. Kundenbedürfnisse in Angebote übertragen: Letztlich müssen die Bedürfnisse der einzelnen Konsumentencluster in konkrete Angebote übertragen werden. Dieses „Angebot“ berücksichtigt passende Produkte, Rabatte oder den entsprechenden Beratungsbedarf. Ist das passende inhaltliche Angebot für jedes Segment bestimmt, so gilt es, den richtigen Mix der Ansprache aus Massenkommunikation und Direktansprache zu bestimmen und das Marketingbudget entsprechend einzusetzen. Nur so lassen sich „Unterinvestitionen“ in preissensitive Kunden und „Überinvestition“ in Kunden, denen der Preis egal ist, vermeiden.
„Onliner sind in der Lage, Marketingbudgets so stark auf Einzelkunden auszurichten, dass jeder Marketing-Euro gewinnmaximierend eingesetzt wird. Der stationäre Einzelhandel muss hier schleunigst nachziehen. Denn die Digitalisierung verändert nicht nur die Vertriebs- sondern auch die Kommunikationskanäle. Nur Händler, die diese Möglichkeiten zur Interaktion mit Kunden nutzen, werden in Zukunft attraktive Filialumsätze erzielen“, resümiert Dr. Andreas Enders.
Neben klaren strategischen Maßnahmen zur Frequenzsteigerung, sollten Händler immer auch einige Grundregeln bei der operativen Umsetzung der Marketingstrategie beachten. Dazu zählen beispielsweise Leitlinien für die Preisdarstellung, Discount-Richtlinien für einzelne Produktgruppen oder die Optimierung von Werbebeilagen nach Warenbereichen – denn eine ausgewogene Darstellung aller Kategorien ist zwar fair gegenüber allen Einkaufsbereichen, aber nicht nachfrageorientiert.
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