Landesgartenschau Schrobenhausen 2031: Planung der Daueranlage

Die Stadt Schrobenhausen wird in den kommenden Jahren dank der Landesgartenschau noch lebenswerter. Wie das ausschauen kann, wie hochwertige Freiräume für alle Generationen entstehen, wie der Hochwasserschutz verbessert wird und die Freizeit- und Sportanlagen attraktiver werden, und wie sich die Komme auch städtebaulich entwickeln kann, dazu gibt es jetzt konkrete Vorstellungen.

Große Liegeweise an der Paar. Bild: Geskes.Hack.

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Das Büro Geskes.Hack Landschaftsarchitekten GmbH wird die Daueranlage zur Landesgartenschau Schrobenhausen 2031 planen. Der Entwurf des Büros aus Berlin wurde vom Preisgericht, das am Mittwoch in Schrobenhausen tagte, einstimmig zum Sieger des Wettbewerbs gekürt.

Die Jury vergab außerdem zwei dritte Preise: an Lohrer.Hochrein Landschaftsarchitekten und Stadtplaner GmbH, München, und Sinai, Gesellschaft von Landschaftsarchitekten mbH, Berlin. RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten, Bonn, und Franz Reschke Landschaftsarchitektur GmbH, Berlin, erhielten
Anerkennungen.

Ökologisch orientierte Stadtentwicklung

Ziel der Landesgartenschau ist eine ökologisch orientierte Entwicklung der Stadt durch die Integration der Gewässer in das Stadtbild sowie die Schaffung neuer Veranstaltungs- und Begegnungsräume für kulturelle und sportliche Aktivitäten. Dabei müssen die geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen entlang von Paar und Weilach gestalterisch integriert werden. Die östlich an die Stadt angrenzende Auenlandschaft und die Wasserläufe müssen in der Wahrnehmung und Nutzung mehr Gewicht bekommen, damit neue öffentlich nutzbare Grünflächen im Stadtgebiet entstehen und bestehende Flächen aufgewertet werden. Der historische Stadtwall soll als zentrumsnahe Erholungsfläche aufgewertet werden.

Der Entwurf von Geskes.Hack basiert auf der Idee, den historischen Stadtwall weiterzuentwickeln und in den Flussauen der Paar und Weilach neue Grünanlagen mit vielfältigen Freizeitangeboten zu schaffen. Die Parkanlagen werden durch grüne Wegeachsen miteinander und mit den angrenzenden Stadträumen verwoben. Durch die Neugestaltung des Stadthallenumfeldes wendet sich die Stadt zudem den bisher vernachlässigten Flussauen zu. Die Eisweiher als Kern des neuen Bürgerparks werden zu einem, ausgestattet mit einem Bürgersteg, hoher Aufenthaltsqualität und sensiblen Eingriffen in den Naturraum. Im Stadtwall soll es Bürgergärten geben mit Sitzbänken, Stauden,- Kräuter- und Gewürzpflanzen, Nebelstangen und der Kneippanlage. Der Spielplatz „Zaubergarten“ soll neugestaltet werden.

Großes Interesse am Wettbewerb

„Das ist Stadtentwicklung, wie wir es uns vorstellen. Im Siegerentwurf finden sich viele Elemente wieder, die sich die Bevölkerung gewünscht hat“, so Schrobenhausens Bürgermeister Harald Reisner. „Wir freuen uns jetzt auf die kommenden Planungsschritte und die Weiterentwicklung der Projekte aus dem Realisierungsteil des Wettbewerbs.“ Das Preisgericht empfahl der Stadt, Geskes.Hack Landschaftsarchitekten GmbH mit der weiteren Planung zu beauftragen. Die finale Entscheidung werden Aufsichtsrat und Stadtrat im Oktober treffen. Am freiraumplanerischen Ideen- und Realisierungswettbewerb für die Gestaltung der Daueranlagen der Landesgartenschau 2031 hatten sich 14 Landschaftsarchitekturbüros aus Deutschland beteiligt, deren Entwürfe der Jury anonym mit Tarnnummern präsentiert wurden. Den Vorsitz der aus Sach- und Fachpreisrichtern bestehenden Jury, darunter Landschaftsplaner sowie Vertreter der Schrobenhausener Stadtratsfraktionen, hatte der Landschaftsarchitekt Prof. Ole Saß aus Geisenheim. Beratend waren zahlreiche Fachleute mit dabei, vor allem vom Naturschutz, dem Wasserwirtschaftsamt und der Denkmalpflege.

Folgende Kriterien (ohne Gewichtung) wurden gewertet:

  • Nutzungsqualität und Atmosphäre
  • Funktionalität
  • Gestaltungsqualität
  • Wirtschaftlichkeit + Nachhaltigkeit (Umgang mit Ressourcen)
  • Umgang mit Bestand/Hochwasserschutz/Denkmalschutz/Naturschutz
  •  Ausstellung im Rahmen der Landesgartenschau 2031 muss gewährleistet sein

Der Wettbewerb bestand aus einem Realisierungsteil mit Vorschlägen zu:

  • Mehrgenerationenspielplatz Martin-Luther-Platz
  • Neuanalage eines Bürgerparks
  • Neugestaltung Sportpark
  • Neugestaltung Uferweg an der Paar
  • Rad- und Fußwegeausbau
  • Übergang von Altstadt zur Paar
  • Vernetzung Stadt und Grünflächen
  • Aufwertung Stadtwall
  • Integration des Hochwasserschutzes

Und einem Ideenteil zu:

  • Neugestaltung Festwiese
  • Aktivierung der Stadthalle mit Verbindung zur Paar
  • Weiterentwicklung der Auenlandschaft

Das Konzept von Geskes.Hack, entwickelt von Stefan Hack und Dong Liu:

Stadtwall

Der denkmalgeschützte Stadtwall wird durch behutsame Interventionen belebt. Der mit wertvollen Bestandsbäumen gesäumte Rundweg bildet das Rückgrat der Wallanlage. Zwischen den Altbäumen werden hier und dort kleine Sitzplateaus angeordnet. An den Eingangsbereichen wird das Wegesystem partiell arrondiert. Entlang der Stadtmauer werden öffentliche Bürgergärten angelegt. Die robusten Stauden-, Kräuter- und Gewürzpflanzungen fungieren als attraktive Ruheplätze im Stadtzentrum und werten den Stadtwall auch ökologisch auf. Auch die vorhandenen Spielplätze erfahren eine Aufwertung. Der Spielplatz am ZOB wird, in Anlehnung an die historischen Bürgergärten, zu einem „Zaubergarten“ mit fantasievollen Spielblumen, Klettergräsern und Nebelstangen.

Bürgermeister-Stocker-Ring

Bei der Umgestaltung des Bürgermeister-Stocker-Rings wird darauf geachtet, auch die Belange der Fußgänger und der Radfahrer zu berücksichtigen. So werden die Kreuzungs- und Einmündungsbereiche durch Aufpflasterungen neugestaltet. Dadurch entstehen sichere Querungen für die Fußgänger und Radfahrer. Die Materialwechsel signalisieren den Autofahrern hier zudem eine höhere Aufmerksamkeit. Entlang des östlichen Bürgermeister-Stocker-Rings wird ein neuer Gehweg angeordnet. Er ermöglicht den Anwohnern in Zukunft einen sicheren Zugang zu ihren Grundstücken und verbessert die fußläufige Verbindung zu den neuen Uferparks.

Martin-Luther-Platz

Der Martin-Luther-Platz wird zu einem schattigen Quartiersplatz umgestaltet. Vielfältige Angebote, insbesondere auch für die Anwohner der benachbarten Seniorenanlage, schaffen eine hohe Aufenthaltsqualität. Der kleine Stadtplatz fungiert dabei auch als Gelenk zwischen dem Stadtwall und der grünen Wegeachse „Am Mühlenried“, die zum neuen Auenpark führt.

Umfeld Stadthalle

Eine neue Stadtbibliothek, ein neues „Stadthaus“ und eine neue Stadthalle bilden zusammen ein Kulturquartier. Der multifunktionale mit Bäumen beschattete Stadtplatz verbindet als urbaner Brückenkopf die historische Altstadt mit der neuen Parklandschaft an der Paar. Zum Fluss hin wird das Geländeniveau auf die für den Hochwasserschutz erforderliche Höhe angehoben. Dadurch entsteht an der Paar eine exponierte Platzterrasse. Hier ist Raum für einen hochwassergeschützten Stadtbiergarten. In dem als Liegewiese gestalteten Hochwasserschutzdeich werden Sitzstufen integriert. Sie verbinden den Platz mit dem Flussufer.

Sportpark an der Paar

Von der Aichacher Straße bis zum Schleifmühlenweg erschließt ein großzügiger Uferweg den neuen Sportpark. An ihm lagern sich die vielfältigen Sport- und Spielinseln, wie ein großer Skatepark, ein Multicourt, ein Tischtennisplatz, eine Calisthenicsanlage, ein Trampolinparcours und eine Boulderanlage an. Auf der anderen Paarseite ergänzt ein Beachvolleyballplatz das breite Angebot. Den größten Anziehungspunkt bildet jedoch eine offene, sonnige Liegewiese, die sich sanft bis zum Flussufer neigt. Es entsteht,
mitten in der Stadt, ein direkter Zugang zur Paar. Die Besucher können am „Stadtstrand“ das Element Wasser unmittelbar erleben.

Die Uferweg vermittelt durch seine Vor- und Rücksprünge zwischen den dezidiert öffentlichen „robusten“ Spiel- und Sportangeboten, die dem Paarufer zugewandt sind, und den Sportangeboten, die dem Schul- und Vereinssport zugewiesen sind. Eine Abtrennung dieser Anlagen durch Zäune ist zwar nicht gewünscht, kann jedoch, ohne das Parkkonzept in Frage zu stellen, nach der Gartenschau gut realisiert werden. Im Süden weitet sich der Uferpark zu landschaftlichen Wiesenflächen. Hier ordnet sich eine
robuste Festwiese aus Schotterrasen ein. Sie dient als temporärer Festplatz bei Volksfesten und Open-Air-Veranstaltungen.

Auenpark

Ein Auenrundweg erschließt die unterschiedlichen Landschaftsräume in der Paar- und Weilachaue. Die reizvollen Facetten der Natur werden hier durch besondere Erlebnisorte betont. Ein Bürgersteg am Eisweiher ermöglicht den Aufenthalt direkt am Wasser. Im Wassergarten, am alten Mühlkanal, können die Besucher den Wasserlauf über große Trittsteine überqueren und an heißen Tagen auch im flachen Wasser planschen. Von Naturbeobachtungspavillons bieten sich schöne Blicke auf das Wiesenbiotop in der Weilachaue. Sie fungieren zugleich als Witterungs-schutz. Ein Aussichtsplateau ermöglicht den Besuchern einen Überblick über die Storchenhabitate
entlang der Weilach.

Außerhalb der Schutzgebiete bieten Aufenthaltsbereiche den Anwohnern zusätzliche Angebote, wie eine Spiel- und Picknickwiese sowie einen Grillplatz unter schattigen Obstbäumen. Außerhalb der Schutzgebiete bieten robuste Aufenthaltsbereiche den Anwohnern zusätzliche Angebote, wie eine Spiel- und Picknickwiese sowie einen Grillplatz unter schattigen Obstbäumen.

Hochwasserschutzmaßnahmen

Die vom Wasserwirtschaftsamt geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen werden komplett in den Gartenschauentwurf integriert. Lediglich an zwei Stellen wird das Konzept leicht modifiziert, um die Hochwasserschutzbauten stadtverträglicher zu gestalten. So sollte die Schutzmauer östlich der Paar, zwischen Aichacher Straße und Festwiese etwas vom Flussufer abgerückt werden, um einen sicheren Zugang zum neuen Uferpark zu gewährleisten. Im Bereich der Stadtterrasse wird das Dammbauwerk (HQ 100) in einer Geländeerhöhung integriert. Flussseitig wird die „Dammböschung“sanft als Liegewiese mit Sitzstufen gestaltet.

Geskes.Hack Landschaftsarchitekten GmbH

Geskes.Hack Landschaftsarchitekten aus Berlin entwickeln Konzepte für Gärten, Stadträume, Grün- und Freiflächen, Gartenschauen und den öffentlichen Raum. Das seit 1995 bestehende Büro hat seit 2009 zahlreiche Gartenschauen auf Bundes- und Landesebene entwickelt und realisiert. Geschäftsführer ist Christof Geskes.

Das Urteil der Jury (Auszug)

Die Arbeit besticht durch ihre präzise Choreographie. Die gewählten Intensitäten erscheinen den jeweiligen Orten angemessen. Zugleich überzeugt der städtebauliche Kunstgriff, das ZOB-Areal mit dem multifunktionalen Fluss-Band des Sportparks visuell wie fußläufig zu verknüpfen. Gekonnt werden Solitäre wie die Dreifachturnhalle oder das Rasenspielfeld selbstverständlich in den Parkraum integriert. Selbst das versetzte Tribünenbauwerk könnte am ursprünglichen Standort den Sportpark um die Qualität eines überdachten Freiraums eventuell nachhaltiger erweitern. Der neue Stadthallenplatz ist am richtigen Ort sowie als Ensemble und Bindeglied gelungen. Auch
das JUZ könnte diesen neuen Stadtbaustein in der Nähe zum Busbahnhof noch bereichern.

Die Intensität der vorgeschlagenen Bürgergärten ist im Sinne einer nachhaltigen Aktivierung dieses wertvollen Stadtraums einerseits begrüßenswert. Andererseits wäre für eine nachhaltige Umsetzung ein mit der Bevölkerung sowie dem Denkmalschutz abzustimmendes Betriebskonzept für diese schöne Aktivierungsidee auszuarbeiten und sensibel zu integrieren. Das „Flusssportband“ integriert schon in Planung befindliche Attraktionen wie den Skatepark, sollte aber mit Orten inkl. vegetativ beschatteten
Aufenthaltsbereichen rhythmisiert werden.

Die freie Liegewiese als Gegenüber zum neuen Stadtbaustein wirkt als willkommene räumliche Ergänzung. Sozial wichtige Bestandsräume wie das Beachvolleyballfeld sind gekonnt integriert. Besonders erwähnenswert sind die sensiblen Erschließungswege, die Bürgerpark und FFH-Fläche gekonnt inszenieren, und gleichzeitig einzigartige wie ruhige Orte anbieten. Die Zugänglichkeit und Interpretation der vielfältigen Gewässer zeugt von einem gekonnten Umgang, der für verschiedenste Bevölkerungsgruppen und Altersstufen neue Erlebniswelten in bekannter Umgebung ermöglicht.
 

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