DLG: DLG-Unternehmertage 2019 in Magdeburg

DLG-Präsident Paetow fordert Branche auf, eine positive Vision für die Landwirtschaft zu entwickeln. Landwirte sollten anstehende radikale Veränderungen unternehmerisch angehen.

Die DLG-Unternehmertage 2019. Bild: DLG.

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„Wir müssen eine positive Vision davon entwerfen, wie eine Landwirtschaft aussehen kann, die nachhaltig und gleichzeitig intensiv wirtschaftet, die verantwortungsbewusst mit Tieren und Umwelt umgeht und gleichzeitig eine ökonomisch gesunde Basis für einen funktionierenden ländlichen Raum darstellt, und die eben nicht durch Unterlassung, sondern durch messbare Verbesserung ihrer Verfahren die Herausforderungen löst“, forderte DLG-Präsident Hubertus Paetow auf den DLG-Unternehmertagen 2019 in Magdeburg vor rund 550 Teilnehmern. Die Landwirtschaft stehe vor drei grundsätzlichen Umbrüchen und müsse daher ihr Handeln radikal ändern. Diese „Disruptionen“ sind: der Klimawandel, die Nährstoffausträge der Branche und das veränderte Verhältnis der Gesellschaft zur Landwirtschaft.

Die Wissenschaftler des Weltklimarates (IPCC) hätten in ihrem Sonderbericht zu Landnutzungssystemen folgende Kernfragen für die Landwirtschaft aufgeworfen, so Paetow: Wie können Landwirte unter den neuen klimatischen Bedingungen noch nachhaltig und ausreichend Nahrungsmittel produzieren? Wie können wir den Nahrungsmittelkonsum nachhaltiger machen und die Lebensmittelverschwendung begrenzen? Der Weltklimarat sehe als eine erfolgversprechende Strategie eindeutig die nachhaltige Intensivierung. Das bedeute, mehr Ertrag auf der zur Verfügung stehenden Fläche mit gleichzeitig weniger negativen Auswirkungen auf Umwelt und Klima. – Hubertus Paetow bemängelte, dass die deutschen Medien aus diesem Sonderbericht leider völlig andere Schlussfolgerungen gezogen hätten, nämlich die Forderung nach Extensivierung oder mehr ökologischem Landbau und weniger Fleischproduktion. „Es wäre hilfreich, wenn wir in der gesellschaftlichen Debatte in Deutschland unsere reflexhafte Ablehnung von Begriffen wie Intensivierung oder Produktivität überwinden könnten“, meinte der DLG-Präsident.

In Bezug auf die bevorstehenden Umbrüche durch den Streit über die EU-Nitratrichtlinie und die tatsächlichen Nährstoffausträge der Landwirtschaft schlug Paetow vor, alles vorhandene Wissen über die grundlegenden Zusammenhänge zwischen Düngung und Grundwasserbelastung dazu zu nutzen, um eine vernünftige, ergebnisorientierte Regulierung für eine Grundwasser schonende Düngung zu erreichen, ohne dass dies zu massiven Einschränkungen für eine größtenteils willkürlich betroffene Gruppe von Betrieben führt. Auch seien neue, technische Lösungen ein Weg, den Herausforderungen in der Düngung zu entgegnen. „Warum entwickeln wir nicht Verfahren, um die Auswaschung unter jedem Standort direkt zu messen, quasi eine Echtzeitsensorik für den Grundwasserschutz, und ziehen daraus Rückschlüsse auf die optimale Düngungsstrategie?“, fragte Paetow in das Auditorium, in dem auch Hersteller von Düngetechnik und Fachberater saßen.

Die größte Disruption sieht der DLG-Präsident allerdings in dem veränderten Verhältnis der Gesellschaft zur Landwirtschaft anstehen, die zum Handeln zwinge. Die Politik habe sich zwar schon immer an den Strömungen in der Gesellschaft orientiert, wenn es um Entscheidungen zu Rahmenbedingungen in der Wirtschaft gehe. „Das ist Demokratie und das wollen wir auch so“, meinte Paetow. Heute erfolge dies aber ohne Rücksicht auf faktische Zusammenhänge und der große Umbruch bestehe darin, dass die Auswirkungen dieser Entscheidungen auf die Nachhaltigkeit der Produktion gar keine Rolle mehr spielten und dass sich die Politik nur noch nach von Kampagnen beeinflussten Umfragewerten ausrichte. Diese kurzfristige Art der „politischen Begleitung“ eines Wirtschaftssektors passe nicht zu den langen Planungshorizonten eines landwirtschaftlichen Betriebes, so Paetow. Als abschreckendes Beispiel nannte er die Biogasbranche, die erst politisch angeschoben und massiv gefördert wurde, dann aber nicht zu Ende gedacht und schließlich dem Zeitgeist geopfert worden sei. Auch der Markt für Ökoprodukte zeige schon besorgniserregende Signale: Die aufgrund der Förderung auf den Markt drängenden Mengen könnten nur noch zu niedrigen Preisen vermarktet werden. „Hier rächt sich der politische Eingriff in den Markt, der verhindert, dass die besten unternehmerischen Konzepte sich auch durchsetzen können“, mahnte Paetow an.

Der DLG-Präsident sieht das ganze System der Nahrungsmittelerzeugung durch ganze Gruppen der Gesellschaft infrage gestellt und dies sei für die Landwirte am schwierigsten zu handhaben. Denn niemand könne diese Gruppen in die Pflicht nehmen, wenn sie es sich morgen anders überlegten und vielleicht eine gerade noch favorisierte Weiterentwicklung wieder verdammen. Und so flexibel, wie diese gesellschaftliche Sicht auf den Sektor, könne kein Unternehmen sein.

Es sei daher an der Zeit, dass die Landwirtschaft den vielen ablehnenden Stimmen, die aus der Gesellschaft auf sie einwirken, eine positive Vision entgegensetze. Und das gehe bestimmt nicht, wenn die Landwirte eigentlich der Meinung sind, dass sie alles richtig machten, und das nur nicht richtig kommunizieren.

Prof. Dr. Claudia Dalbert, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt, wies in ihrem Grußwort darauf hin, dass sie eine eigene Initiative für ein Leitbild „Landwirtschaft Sachsen-Anhalt 2030“ gestartet hat, und erwartet, dass die darin benannten Ziele umgesetzt und in Abstimmung mit dem landwirtschaftlichen Berufsstand und der Politik erreicht werden. Es sei erfreulich, dass das Thema der DLG-Unternehmertage 2019 „Handeln in Umbruchzeiten“ zeige, dass die Öffentlichkeit und insbesondere die Landwirtschaft verstanden hätten, dass ein „Weiter so wie bisher“ nicht möglich sei. „Den großen Herausforderungen unserer Zeit ‚Klimakrise‘, ‚Schutz und Erhalt der Artenvielfalt in der Kulturlandschaft‘ sowie Tierwohl müssen wir uns gemeinsam stellen“, sagte Ministerin Dalbert, „Sie sind für die Landwirtschaft wegweisend für die zukünftige Entwicklung in der pflanzlichen und tierischen Erzeugung.“ (DLG)

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