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Das Paludi-Potenzial: Studie zeigt Wertschöpfungsmöglichkeiten auf
Im besten Fall lässt sich fast die gesamte Fläche in klimafreundlicher Nasswirtschaft – einer sogenannten Paludikultur – nutzen. In den untersuchten Branchen müsste dafür ein Marktanteil von 15% von auf Mooren produzierter Biomasse erreicht werden. So können vor allem die Papier- und Verpackungs-, Bau- und Dämmstoff-, Energie- und Kunststoffindustrie die Paludi-Biomasse einsetzen. Die Verwendung der nachwachsenden Rohstoffe bietet starkes Potenzial bei Rohstoffengpässen (z.B. Holz), ersetzt fossile Ressourcen und verbessert so die Klimabilanz von Unternehmen. Gleichzeitig werden regionale und damit verlässliche Lieferketten genutzt, die Einsparungen beim Transport ermöglichen. Die Biomasse aus Mooren eignet sich für ein breites Spektrum neuer Produkte und birgt großes Potenzial sowohl für die Kreislaufwirtschaft als auch die glaubwürdige Nachhaltigkeitspositionierung der Unternehmen.
„Vorstudie zur Schaffung von skalierbaren Wertschöpfungsketten für die Nutzung von Paludi-Biomasse“ heißt die aktuelle Veröffentlichung der toMOORow-Initiative, die die Umweltstiftung Michael Otto und die Succow Stiftung ins Leben gerufen haben. Die Studie zeigt vier Szenarien, wie und in welcher Größenordnung sich die entwässerten Moorböden in Deutschland in einer nachhaltigen nassen Nutzung (Paludikultur) bewirtschaften ließen. Die Ergebnisse zeigen, dass dies in einem Industrie-relevantem Maßstab möglich wäre und gleichzeitig ertragreich für Eigentümer, Produzenten und Verwerter sowie ein großes Plus für den Klimaschutz.
So wäre Paludi-Biomasse in Form von Frischfaser mit einem Marktanteil von 5% für den Sektor Papier & Kartonagen technisch einsatzfähig. Derzeit besteht nur ein Fünftel der Rohstoffe in der Papierproduktion aus pflanzlichen Frischfasern. Durch die sinkende Verfügbarkeit von Altpapier und Zellulose wird dieser Anteil voraussichtlich wachsen und stellt damit ein Einsatzpotenzial für Paludi-Biomasse dar. Verpackungen, Faserguss oder Hygienepapiere könnten daraus hergestellt werden.
Auch der Dämmstoffmarkt ist von fossilen Rohstoffen geprägt, aber die Nachfrage nach klimafreundlichen Baustoffen wächst. Paludi-Materialien haben hier gute Perspektiven. Sie eignen sich durch ihre gut isolierenden Eigenschaften und den hohen Anteil an Gerbstoffen, die gegen Pilz- und Bakterienbefall schützen. Auch für den Möbelbau sind sie vielversprechend, denn Rohstoffknappheit und Lieferengpässe machen der bisher den Sektor dominierenden Spanplatte zu schaffen.
Ebenso denkbar ist eine Verwendung im Bereich Bioplastik. Bisher besitzen biobasierte Polymere im Kunststoffsektor lediglich einen Marktanteil von 1%, doch der Transformationsdruck auf die Branche nimmt zu. Derzeit haben Kunststoffe aus Stärke, Zellulose aus Mais, Zuckerrüben und Hölzern zweistellige Wachstumsraten – auch Paludi-Biomasse wäre hier eine Option.
Im Energiesektor kann Paludi-Biomasse für Bioenergie und -wärme, z. B. in Form von Biogas eine Rolle spielen. Ab 2024 soll sich der Anteil der Erneuerbaren Energien in Europa am gesamten Energieverbrauch auf 45% erhöhen. Für stark degradierte Moorstandorte ist die Installation von Photovoltaik nach Vernässung möglich. In einigen der 9600 bestehenden Biogasanlagen in Deutschland kann regionale Paludi-Biomasse genutzt werden.
Die Studie, durchgeführt von Systain Consulting, verschweigt die Knackpunkte nicht: Rohstoffe müssen in verlässlichen Mengen und gleichbleibender Qualität produziert, Investitionen getätigt, Zulassungen und Zertifizierungen erworben und Produkte bekannt gemacht werden. Die toMOORow-Initiative formt deshalb eine "Allianz der Pioniere", um gemeinsam mit renommierten Unternehmen in den identifizierten Kernsektoren entsprechende Wertschöpfungsketten real aufzubauen.
Hintergrund: Moor, Klimaschutz und Paludikultur
Nasse Moore sind enorme Kohlenstoffspeicher. Für Land- und Forstwirtschaft trockengelegt wird der Kohlenstoff durch den Kontakt mit Sauerstoff als CO in Atmosphäre freigesetzt. In Deutschland entstehen so 7% der Gesamtemissionen. Das Wiedervernässen der Moorflächen stoppt das Entstehen weiterer Emissionen. Zusätzlich wird durch neu entstehende Torfe weiterer Kohlenstoff gespeichert. Neben der Klimaschutzleistung bietet sich eine andere, zukunftstaugliche nasse Nutzung der Flächen, Paludikultur genannt. Mit dem Anbau von Schilf, Rohrkolben, Torfmoose oder Seggengräser können Landwirte zu Rohstofflieferanten für Papier-, Baustoff- und Energiesektor sowie auch für die kunststoffproduzierende und chemische Industrie werden.
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