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Niedersachsen: Kompromiss beim Landesraumordnungsprogramm
Das künftige niedersächsische Landesraumordnungsprogramm (LROP) nimmt Kontur an: Am Dienstag vergangener Woche hat der für Raumordnung zuständige Landwirtschaftsminister Christian Meyer dem Kabinett nach intensiver Auswertung aller Stellungnahmen eine überarbeitete Fassung des LROP-Entwurfes erläutert. „Wir sind eine Regierung, die lernfähig ist, die den Kompromiss zwischen unterschiedlichen Interessen sucht", sagte Meyer. „Daher haben wir bei der aktualisierten Planung sowohl die Belange der Kommunen als auch die Wünsche von Landwirtschaft, Naturschutz und Wirtschaft besser berücksichtigt."
Beim Torfabbau ist zwischen Landwirtschaft, Naturschutz und Torfindustrie ein Kompromiss mit hohem Klimaschutzfaktor erzielt worden. „Wir haben das gemeinsame Konzept von Naturschutzbund und Torfwirtschaft für einen sanften Ausstieg aus dem Torfabbau weitgehend übernommen, für die landwirtschaftliche Nutzung auf Moorböden aber eine Schutzklausel eingebaut", sagte Agrarminister Meyer. „Zusammen mit dem Gartenbau wollen wir die durch Moorzerstörung und Torfnutzung verursachten Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 um 25% reduzieren und zusätzliche Flächen für den Moor-, Natur- und Klimaschutz bereitstellen." Damit kommt das geplante LROP der Land- und Torfwirtschaft entgegen, mindert den Flächenverbrauch und erreicht dennoch einen höheren ökologischen Mehrwert. Zudem wird auf die Belange der Kommunen Rücksicht genommen, denen eine größtmögliche Planungshoheit bei der künftigen Struktur des Einzelhandels erhalten bleibt, um die Versorgung der Einwohnerinnen und Einwohner zu sichern.
Der nun vorliegende überarbeitete LROP-Entwurf berücksichtige die Interessen von Landwirten, Torfwirtschaft sowie Umwelt- und Naturschutz gleichermaßen, sagte Landwirtschaftsminister Christian Meyer. Im Zuge des Beteiligungsverfahrens zum ursprünglichen Entwurf seien rund 8000 Stellungnahmen ausgewertet worden, viele Anregungen seien in den überarbeiteten Entwurf eingeflossen.
Als Beispiel nannte der Agrarminister die neu eingeführte Landwirtschaftsklausel: Damit werde klargestellt, dass raumordnerische Festlegungen wie etwa ein Vorranggebiet zur Torferhaltung keine Auswirkungen auf bestehende Flächennutzungen der Landwirte hätten. Im Klartext: Maßnahmen wie Stallbauten oder Drainagen werden vom LROP nicht tangiert. Der in der ursprünglichen Entwurfsfassung enthaltene Begriff Moorentwicklung sei vom Tisch, betonte Meyer. Er hoffe, dass sich damit die von Anfang an unberechtigte Befürchtung vor einer angeblich geplanten großflächigen Wiedervernässung von landwirtschaftlichen Flächen endgültig erledigt habe.
Ein Entgegenkommen bedeutet der überarbeitete LROP-Entwurf auch für Naturschutz und Torfwirtschaft. Ermöglicht habe diesen Kompromiss insbesondere „das vorbildliche Konzept" von Naturschutzbund (NABU) und Industrieverband Garten (IVG), so Meyer. Neben Vorranggebieten für die Torferhaltung auf ungefähr 40.000 ha soll es auf Grundlage des NABU-IVG-Papiers spezielle Vorgaben für jene Vorranggebiete geben, auf denen eine Rohstoffgewinnung ermöglicht wird: Abgesehen davon, dass die - derzeit noch geltenden - im LROP des Jahres 2012 für den Torfabbau vorgesehenen Flächen von etwa 21.300 auf nun 4.500 ha im Interesse von Landwirtschaft und Klimaschutz reduziert worden sind, gelten für diese 4.500 ha besondere klimaschutzbedingte Kompensationsfaktoren. Die Folge: Torf darf nur dann abgebaut werden, wenn pro angefangenem Hektar Abbaufläche eine zusätzliche Kompensation für den Klimaschutz erfolgt.
Eine gute Lösung, so Meyer, habe man auch im Zusammenspiel mit den Kommunen gefunden. Das betreffe vor allem die zukünftige Struktur des Einzelhandels und die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger sowohl mit Waren des täglichen Bedarfs (zum Beispiel Lebensmittel und Drogerieartikel) als auch mit dem sogenannten aperiodischen Sortiment (zum Beispiel Bekleidung, Elektronik, Haushalts- und Spielwaren und Möbel). Im Kern erhalten die Kommunen fortan größere Spielräume bei der Planung. Es wird stärker auf die individuelle Situation vor Ort Rücksicht genommen. „Die Karten mit den Erreichbarkeitsräumen sind vom Tisch", so Meyer. Um dem Anliegen einer wohnortbezogenen Nahversorgung mit Waren des täglichen Bedarfs auch in ländlicheren Regionen noch stärker Rechnung zu tragen, sind überdies Ausnahmen zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsvorhaben an besonderen Standorten vorgesehen. Auch wird die Erdverkabelung als Option für den Netzausbau verstärkt aufgegriffen.
Nach der Kabinettsinformation startet in den nächsten Wochen das Beteiligungsverfahren für Kommunen, sonstige Träger öffentlicher Belange sowie für Bürgerinnen und Bürger. Im Internet werden die überarbeiteten Entwürfe sowie die Abwägungen eingegangener Stellungnahmen transparent veröffentlicht. Nähere Informationen finden sich in Kürze unter www.LROP-online.de. Bis zum 6. Januar 2016 können Stellungnahmen zum überarbeiteten Entwurf an das niedersächsische Landwirtschaftsministerium geschickt werden. Ab Ende Januar 2016 sollen fünf Erörterungstermine in Oldenburg, Osnabrück, Lüneburg, Hildesheim und Braunschweig stattfinden.
Als Schritt in die richtige Richtung sieht Josef Gramann, Geschäftsführer des norddeutschen Erdenherstellers Gramoflor, die überarbeitete Fassung des LROP: „Als torfverarbeitendes Unternehmen in Niedersachsen begrüßen wir es sehr, wenn das NABU-IVG-Konzept im neuen LROP berücksichtigt wird. Als zusätzliche Ausgleichsflächen würde ich die Moorrandbereiche empfehlen, wo sich die Flächen nach den sog. früheren „Handtorfstichen“ nicht so entwickelt konnten, wie es sich der Natur- und Moorschutz heute vorstellt. Aufgrund des Flächendrucks in unserer Region sollten diese nicht aus der Landwirtschaft kommen. Aber ich würde mir wünschen, dass für die weitere landwirtschaftliche Nutzung der Moorböden nachhaltige und standortgerechte Lösungen gefunden und weiter vorangetrieben werden.“
Beim niedersächsischen Landvolk ist man mit dem neuen Entwurf noch nicht zufrieden. Zum „sanften Ausstieg aus dem Torfabbau“ und zur Schutzklausel für die landwirtschaftliche Nutzung auf Moorböden sagte Landvolkvizepräsident Heinz Korte: „Ob diese neu eingeführte Landwirtschaftsklausel ausreichend Rücksicht auf die Flächennutzung der Landwirte nimmt, müssen wir im Entwurf genau prüfen“. Die zahlreichen Eingaben der Landwirtschaft am ersten Entwurf hätten zu einer Reduzierung der Torferhaltungsgebbiete von 102.000 auf 40.000 ha geführt, berichtet das Landvolk weiter. „Die Landesregierung war jedoch angetreten, den Torfabbau zu stoppen und Moore zu erhalten, der sanfte Ausstieg dagegen sichert zusätzliche Abbaugenehmigungen zu“, kritisiert Korte. Er werde zunehmend fraglich, wofür überhaupt ein neues Landesraumordnungsprogramm aufgelegt werde.

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