Niedersachsen: Klimaschonende Moorbewirtschaftung

Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen und weitere Forschungs- und Fachinstitutionen präsentieren Ergebnisse aus drei Jahren Projektarbeit zur klimaschonenden Moorbewirtschaftung.

"Die ersten Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine klimaschonende Bewirtschaftung zwar grundsätzlich möglich ist, jedoch einen Kraftakt erfordert und erhebliche Veränderungen mit sich bringt", berichtete Uwe Schröder. Foto: Hanraets/Landwirtschaftskammer Niedersachsen.

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Moorflächen gelten in Niedersachsen als Schlüssel-Regionen für einen aktiven Klimaschutz. Was passiert mit landwirtschaftlichen Betrieben, den dort lebenden Menschen sowie mit der regionalen Wirtschaft, wenn Moorflächen wieder vernässt werden, um CO2-Emissionen zu reduzieren? Mit diesen und weiteren Fragen befasst sich das Projekt „Moornutzung im Wandel" (MoWa), das von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) koordiniert wird. Während einer Fachtagung in Oldenburg wurden erste Ergebnisse vorgestellt.

Erhebliche Veränderungen

„Die ersten Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine klimaschonende Bewirtschaftung zwar grundsätzlich möglich ist, jedoch einen Kraftakt erfordert und erhebliche Veränderungen mit sich bringt", berichtete Uwe Schröder, der bei der LWK als Koordinator für klimaschutzorientierte landwirtschaftliche Moorflächenbewirtschaftung arbeitet. „Für die auf Moorflächen tätigen Milchviehbetriebe zum Beispiel gibt es zurzeit noch keine marktreifen Alternativen, mit denen sie ähnliche Erlöse wie derzeit erzielen könnten." Landwirtinnen und Landwirte benötigten langfristige Planungssicherheit, um ihre Betriebe erfolgreich weiterzuführen.

Fehlende wirtschaftliche Anreize

Die Untersuchungsergebnisse des Projekts MoWa weisen Schröder zufolge darauf hin, dass es bisher noch keine wirtschaftlichen Anreize für eine klimaschonende Moorbewirtschaftung gibt. Allerdings ergeben sich neben der landwirtschaftlichen Nutzung mittlerweile Alternativen im Bereich der regenerativen Energien oder im Naturschutz, verbunden mit Ökopunkten für Kompensationsmaßnahmen oder privatem CO2-Zertifikatehandel, die eine hohe Akzeptanz haben, aber noch gängig gemacht werden müssten. Bereits angekündigte Förderungen, wie das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz des Bundes, knüpften hier an und könnten zumindest für einen Teil der Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter eine Alternative bieten. Letzten Endes führe dies allerdings zum beschleunigten Strukturwandel in Moorregionen.

Spontaner Wechsel kaum möglich

Die vielfältigen wirtschaftlichen Verflechtungen von vor allem Milchviehbetrieben im Moor verhinderten einen spontanen Wechsel zu anderen Anbauverfahren auf vernässten Böden, die potenziell zur Einsparung von Treibhausgasemissionen führen könnten. Dazu zählten Paludikulturen, etwa der Anbau von Röhrichten für  Dachreet, die Kultivierung von Pflanzen zur Energiegewinnung aus Biomasse, als nachwachsendes Baumaterial oder die Produktion von Kultursubstraten für den Gartenbau. 

Dr. Jan Köbbing, Geschäftsführer des 3N Kompetenzzentrums, das sich mit Konzepten für die Bioenergienutzung befasst, gab in Oldenburg einen Einblick in die Forschungsbestrebungen zum Paludikulturanbau. Derzeit gibt es demnach noch keine Umsetzung im großen Stil, so dass eine Ableitung von belastbaren Wirtschaftszahlen weiterhin schwierig bleibt.

Wirtschaftsleistung für die Gesellschaft

Die Vorfahren der heutigen Moorbäuerinnen und Moorbauern haben unter viel Mühe die Moore trockengelegt und nutzbar gemacht. Dadurch ist der Großteil der früheren Moore verschwunden. Die bisher übliche Moorbewirtschaftung bietet für die Gesellschaft den Vorteil der Wirtschaftsleistung. Vor allem der Landhandel, Lohnunternehmen und die Milchwirtschaft sind stark von der Moorbewirtschaftung abhängig. Sozial relevant sind die Altenteile: Diese klassische landwirtschaftliche Altersabsicherung ehemaliger Moorlandwirtinnen und Moorlandwirte können Wohnrechte, Barleistungen und Versorgungen enthalten, die von der aktiven Betriebsleitung erwirtschaftet werden müssen.

Klimaschutz-Ziel: Torfzersetzung vermeiden

Der verbliebene Torfanteil im Boden landwirtschaftlich bewirtschafteter Flächen setzt durch seine Zersetzung heute noch große Mengen CO2 frei. Die Vermeidung der Torfzersetzung gilt daher als ein wichtiger Baustein im Kampf gegen den Klimawandel. „Heute weiß man um die Klimawirkung vom CO2 und man möchte das Verhältnis von CO2 in der Atmosphäre zum unterirdisch gebundenen Kohlenstoff wieder in Richtung gebundenem Kohlenstoff verschieben", erläuterte Schröder weiter. Dazu sei es notwendig, Abbauprodukte vom Torf sowie andere Kohlenstoffverbindungen wie Humus, Kohle, Öl und Gas nicht mehr in die Atmosphäre gelangen zu lassen. 

Hoher zusätzlicher Wasserbedarf

Neben den wirtschaftlichen Leitplanken bildet die Wasserverfügbarkeit einen begrenzenden Faktor in der klimaschonenden Moorbewirtschaftung. Ein zusätzlicher Wasserbedarf von 300 Liter pro Quadratmeter über das Sommerhalbjahr ist keine Seltenheit. Dieses Wasser muss für die landwirtschaftliche Nutzung vorgehalten werden und erfordert häufig Rückhaltebecken oder zumindest Wasserrechte. Dies schränkt den Anteil für die Nutzung vernässbarer Flächen erheblich ein.

Arten- und Klimaschutz mit CO2-Reduktionspotenzial

Gegen den rein wirtschaftlichen Nutzen der Moorbewirtschaftung steht der Nutzen von Moorvernässungen für den Arten- und Klimaschutz. Schröder: „Findet man gut vernässbare Moorgebiete mit einem hohen Reduktionspotenzial für Treibhausgase und hat darüber hinaus Gelder für eine langfristige Finanzierung der Ökosystemleistungen, spricht vieles für den Klimaschutz, zumal jede eingesparte Tonne CO2 die Folgekosten des Klimawandels reduziert." Nebenbei erreiche man dabei auch Biodiversitätsziele. Diese Werte stünden im Wettbewerb zur Wirtschaftsleistung der Moorregionen.

Ohne Finanzierung geht´s nicht

Allerdings könnten sowohl die klassische Moorbewirtschaftung als auch die moorklimaschutzgerechte, artenschutzgerechte Bewirtschaftung dem Strukturwandel zum Opfer fallen, wenn die notwendigen Gelder für deren Entwicklung fehlten, hieß es auf der LWK-Tagung in Oldenburg weiter. Verlassene Landschaften emittierten immer noch nennenswert und wirkten auch nur eingeschränkt für den Artenschutz. 

Ziel sollte es daher sein, lebendige Moore, wo finanziell möglich, zu erhalten oder Moore wiederzubeleben. Aber daneben gelte es auch eine lukrative Landwirtschaft zu erhalten, die vielfach die wirtschaftliche Säule des Dorflebens sei und zur Sicherung der Versorgung mit Lebensmitteln auch in Krisen beitrage. Eine subventionierte Paludikultur könne dabei die Landschaftspflege finanzieren.

Strom aus dem Moor

Moor-Photovoltaik (Moor-PV) auf wiedervernässten Flächen und auch Tourismus können weitere Standbeine der Moorregionen sein und sollten ebenfalls den Moorklimaschutz mittragen. Die Moor-PV sollte, so ein weiteres Ergebnis von MoWa, über das Erneuerbare-Energien-Gesetz besser berücksichtigt werden – es könnte ein wesentliches Instrument der Transformation sein. Neben rechtlichen Erleichterungen und erweiterten Kontingenten könnte die Bezuschussung von Netzzugangspunkten und guten Finanzierungsinstrumenten den Moorklimaschutz unmittelbar fördern. Dabei müssen den dort wirtschaftenden Landwirtinnen und Landwirten aber alternative Pachtflächen zum Ausweichen angeboten werden.

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