Klimawandel: Beeinflusst den Wasserkreislauf

Wie sich der Klimawandel auf den Wasserkreislauf in Deutschland auswirkt.

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Durch den Klimawandel steigen nicht nur die Temperaturen - auch der Wasserhaushalt verändert sich. Niederschlag, Verdunstung und Grundwasserneubildung werden in Zukunft einem neuen Rhythmus gehorchen. Welche Folgen diese Veränderungen für Wasserstände, Ökosysteme, aber auch für Nutzer wie etwa die Landwirtschaft haben, haben Forscher des Climate Service Center Germany (GERICS) in einem neuen Bericht zusammengestellt. Unter den Autoren ist Stefan Hagemann vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg.

Der Rekordsommer 2003 ist vielen Menschen noch gut im Gedächtnis: Während einer Hitzewelle in der ersten Augusthälfte stiegen die Temperaturen an einigen Orten in Deutschland auf über 40 Grad Celsius, viele Menschen litten unter der extremen Wärme. Da das ganze Jahr über nur wenig Niederschlag gefallen war, sanken die Wasserpegel in Flüssen und Talsperren im Spätsommer teils drastisch ab. Auf einigen Abschnitten der Elbe und der Donau musste die Schifffahrt eingestellt werden. Kernkraftwerke drosselten ihre Leistung, weil nicht genug Kühlwasser vorhanden war. Pflanzen vertrockneten auf den Feldern, und die Waldbrandgefahr stieg.

Die globale Erwärmung wird ähnliche Dürreperioden in Zukunft begünstigen, schreiben die Autoren der GERICS-Studie „Der Einfluss des Klimawandels auf die terrestrischen Wassersysteme in Deutschland“, die im Februar 2017 erschienen ist. Die Analyse fasst die Ergebnisse von 29 Einzelstudien zusammen, die zwischen 2009 und 2013 entstanden sind und sich mit den Auswirkungen des Klimawandels auf den Wasserhaushalt in Deutschland beschäftigen. Die sechs Autoren betonen, dass sie keine exakten Vorhersagen dazu treffen können, wie sich die Abflussmengen oder Wasserstände einzelner Flüsse entwickeln werden. Einige Trends und deren Folgen sind allerdings absehbar.

So zeigen Beobachtungen, dass die Niederschläge in Deutschland seit 1881 um 11% zugenommen haben – eine Entwicklung, die sich Prognosen zufolge fortsetzen wird. Fast überall in Deutschland regnet es im Winter deutlich mehr, teils ist die Niederschlagsmenge in der kalten Jahreszeit um 30% gestiegen. Im Sommer dagegen ist es in vielen Bundesländern sogar trockener geworden.

Längere Phasen mit niedigen Pegelständen

Als Folge werden sich auch die Pegelstände der großen Flüsse verändern, schreiben die Autoren. In den meisten Fließgewässern ist der Wasserstand bislang im Frühjahr zur Schneeschmelze am höchsten und im Sommer oder Herbst am niedrigsten. Generell gehen die Autoren davon aus, dass sich die Phasen mit niedrigen Wasserständen bis zum Ende des Jahrhunderts verlängern werden. Das hat beispielsweise Auswirkungen auf die Binnenschifffahrt. Für die Elbe rechnen Hagemann und Kollegen ab dem Jahr 2050 mit einer schlechteren Schiffbarkeit im Sommer, vor allem in den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. „Das Niedrigwasser wird früher eintreten, länger andauern und unter die üblichen Niveaus fallen“, heißt es in dem Bericht. Beim Rhein können die Forscher dagegen keinen Trend erkennen, und bei der Donau wird der Pegel in Zukunft wahrscheinlich schon im Spätsommer und nicht erst im Herbst seinen niedrigsten Stand erreichen – wegen der früheren Schneeschmelze.

Die sinkenden Wasserstände im Sommer wirken sich auch auf die Energieversorgung aus, die große Mengen Flusswasser zur Kühlung benötigt. Wenn nicht genug Kühlwasser zur Verfügung steht, müssen etwa Kernkraftwerke zunächst gedrosselt und dann ganz heruntergefahren werden. Ein weiteres Problem: Auch die Wassertemperaturen in den deutschen Flüssen steigen durch den Klimawandel bis 2100 um durchschnittlich ein bis zwei Grad, was die Kühlung der Kraftwerke erschwert. Weil hohe Wassertemperaturen und niedrige Wasserstände häufiger als bisher gemeinsam auftreten werden, werde sich die Kraftwerksleistung in den Sommermonaten bereits während der kommenden 40 Jahre verringern, schreiben die GERICS-Forscher.

Die Landwirtschaft muss sich ebenfalls auf häufigere, längere und intensivere Trockenzeiten im Sommer einstellen. In Nordrhein-Westfalen verdoppelt sich beispielsweise die Zahl der Tage, an denen Felder bewässert werden müssen, bis zum Jahr 2100 von 30 auf 60. Im Winter steigt nach Angabe der Autoren dagegen die Hochwassergefahr – unter anderem, weil in den Gebirgen weniger Niederschlag als Schnee fällt. Das Regenwasser wird daher in niedrigeren Lagen sofort von den Flüssen abtransportiert und bleibt nicht bis zum Frühjahr liegen. Genauere Prognosen für die Zukunft seien aber schwierig, da die Häufigkeit von Hochwasser nicht nur vom Klima, sondern auch von vielen anderen Faktoren abhängt, etwa von der Landnutzung oder von Talsperren.

Lebensgemeinschaften in Mooren, Sümpfen und Seen unter Stress

Besondere Belastungen sehen die Autoren um Hagemann auf Süßwasser-Ökosysteme zukommen. „Das ökologische Gleichgewicht terrestrischer Wassersysteme wurde durch den Menschen bereits erheblich verändert“, heißt es in dem Bericht. Veränderte Landnutzung, Bevölkerungswachstum und Umweltverschmutzung bedrohen die Lebensgemeinschaften in Mooren, Sümpfen, Seen und Flüssen. Durch den Klimawandel kommen weitere Stressfaktoren hinzu: Sinkende Grundwasserspiegel lassen Seen oder kleine Bäche austrocknen, höhere Wassertemperaturen verschärfen bestehende Probleme mit der Überdüngung und fördern Algenblüten. Auch fremde Arten könnten sich noch stärker ausbreiten als bisher. Das genaue Ausmaß der Folgen sei aber nur schwer zu beurteilen, da Ökosysteme auf Umweltveränderungen oft unvorhersehbar reagieren.

Der Klimawandel wirkt sich auch auf das Grundwasser aus, aus dem der größte Teil des Trinkwassers gewonnen wird. Die deutsche Bevölkerung wird jedoch auch in Zukunft nicht unter Wasserknappheit leiden. Der Studie zufolge wird im ganzen Land genügend Wasser vorhanden sein. Allerdings kann es in einigen Regionen zeitweise zu Engpässen kommen, etwa in Brandenburg oder in Ostbayern, schreiben die Forscher. Außerdem werden die Grundwasserspiegel in Zukunft stärker schwanken – zum einen, weil sich ein Teil der Niederschläge vom Sommer in den Winter verschoben hat, zum anderen, weil im Sommer während trockener Perioden mehr Grundwasser zur Bewässerung entnommen werden muss. Gleichzeitig erwarten die Forscher aber einen Rückgang des Wasserbedarfs, weil die Bevölkerung zurückgeht. Auch effizientere Haushaltsgeräte und die vermehrte Nutzung von Regenwasser führen dazu, dass weniger Trinkwasser verbraucht wird. In jedem Fall sollten sich Wasserversorger mit den Folgen des Klimawandels auseinander setzen, empfehlen die Autoren – etwa, um Bedarfsspitzen an heißen Tagen oder in Trockenperioden decken zu können.

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