Internationale grüne Branche: Klima beeinflusst Umsatz

Der internationalen grünen Branche stehen spannende Zeiten bevor. So hat das außergewöhnliche Wetter 2018 den Umsatz maßgeblich geprägt. Zudem gibt es neue Player auf dem Markt. Um Umsatzverluste in bestehenden Märkten auszugleichen, versuchen die Unternehmen außerdem, ihre Geschäfte in vielversprechenden Regionen weiter auszubauen.

Einen vielversprechenden Absatzmarkt sehen viele in Polen. Bild: GABOT.

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Die Hitze und die Trockenheit des Sommers 2018 forderten ihren Tribut im europäischen Handel. So meldet die niederländische Vereinigung der Großhändler von Zierpflanzenprodukten (VDG), dass der heiße Sommer die niederländischen Exporte regelrecht verbrannt habe. So konnten die Niederländer bei Schnittblumen in keinem ihrer Top-10-Absatzländer positive Exportentwicklungen melden. Die heißen Temperaturen hätten die normalen Kauf- und Verkaufsroutinen durcheinander gebracht. Einzelhändler hätten deutlich zurückhaltender in den riskanten Sommermonaten bestellt. Selbst in der Summe für das erste Halbjahr hätten nur Polen und Russland unter den Top 10 eine positive Exportentwicklung bei den Schnittblumen. Topfpflanzenexporte hingegen legten bei den Top-10-Zielländern der Niederlande, mit Ausnahme von Großbritannien und Schweden, zu. Die Tatsache, dass der Exportwert der Niederlande 2018 insgesamt auf dem ähnlichen Rekordniveau von 2017 liegt, erklärt sich dadurch, dass das Minus bei Schnittblumen geringer als das Wachstum bei den Zimmer- und Gartenpflanzen ist.

Traditionelle Wege werden verlassen

Interessant ist, dass die Exporteure unter großen Anstrengungen versucht haben, andere Märkte außerhalb der Kern-Zielländer (Top-10-Absatzmärkte machen 80% des Exportwertes aus) zu finden. Diese Bemühungen waren erfolgreich. So ging der Export in den Top 10 im Wert um 1% zurück, konnte aber durch das Wachstum von 4% in anderen Ländern ausgeglichen werden. 

Niederländische Experten sind sich sicher, dass die Schwierigkeiten im Pflanzenexport in die traditionellen Zielländer zunehmen werden und nur durch Ausweichen auf neue, aufstrebende Märkte wie in Asien und im mittleren Osten zu kompensieren seien. Gerade in Zielländern außerhalb Europas gäbe es Sonderbudgets für Blumendekorationen von Großveranstaltungen, die ein Wachstum noch erlauben.

Erste eindeutige Tendenzen zeichnen sich bereits ab: Während die Niederländer 2017 einen Rückgang bei den Top 10 nur vom Absatzmarkt Großbritannien kannten, trifft diese Entwicklung 2018 bereits für fünf weitere der Top-10-Absatzmärkte zu. Ungewohnt und erschreckend ist dabei, dass unter diesen Absatzmärkten drei der fünf wichtigsten Exportländer – Deutschland, England und Italien – betroffen sind. In Frankreich – ebenfalls einer der fünf größten Zielländer – stagniert das Geschäft. Zu den Ursachen für den Rückgang in den Top-5-Absatzmärkten gibt es keine konkreten Anhaltspunkte.

Insbesondere die nachlassende Wirtschaftskraft in Russland und die damit einhergehenden Rückgänge in der Nachfrage Russlands sowie die weiter sinkende Nachfrage in Großbritannien durch den Brexit, werden für die Zukunft als zentral bestimmend bewertet. Der britische Markt steht auf Grund des niedrigen Wechselkurses des britischen Pfunds erheblich unter Druck.

Dies stellt 2019 eine Herausforderung dar, die nicht nur die Niederlande als Drehscheibe für den internationalen Handel von Blumen und Pflanzen in Europa tangieren wird.

Potenzial im Osten

Einen vielversprechenden Absatzmarkt sehen viele in Polen und Osteuropa. Polen hat rund 38 Mio. Einwohner, das Wirtschaftswachstum liegt bei circa 4%, die Arbeitslosenquote bei 5% und das Lohnniveau nimmt zu. Die wirtschaftlichen Eckdaten senden positive Signale, gleichwohl die Pro-Kopf-Ausgaben der Polen für Pflanzen noch deutlich unter denen einiger westeuropäischer Länder liegen. Laut dem polnischen Gartencenterverband habe sich die Mentalität der Konsumenten in den letzten Jahren von einer überwiegenden Preisorientierung zu einer Qualitätsorientierung verändert. Das bietet Potenzial, was auch aus Sicht der niederländischen Großhändler bestätigt wird. Aus ihrer Erfahrung sind Osteuropäer allgemein als Blumenliebhaber zu charakterisieren, denen zunehmend der Zugang zu Blumen durch Filialausweitung der Handelsketten, als auch zunehmenden Einkommen erleichtert würde; ein steigender Markt.

Japan als Perspektivkunde

Inwiefern das neu abgeschlossene Freihandelsabkommen JEFTA (= Japan-EU Free Trade Agreement) der EU-Staaten mit Japan einen positiven Einfluss auf den Absatz gartenbaulicher Produkte haben wird, ist abzuwarten. Nach ersten Modellrechnungen sei eine deutliche Intensivierung der Handelsbeziehung und Steigerungen im Agrar- und Ernährungsbereich zu erwarten, wenn das Abkommen 2019 in Kraft tritt. Von der Verdoppelung der Agrarexporte profitiere aber im Wesentlichen der europäische Schweine- und Geflügelfleischsektor und weniger die Gartenbauprodukte.

Türkei baut Position aus

Die Bestrebungen der Türkei, eine Drehscheibenfunktion für Blumen und Pflanzen zwischen der EU und dem mittleren Osten und Asien einnehmen zu wollen, scheinen sich auch 2018 und 2019 weiter zu festigen. So wurde der Türkische Zierpflanzenverband SÜSBIR 2018 Mitglied im europäischen Baumschulverband (ENA), um alle EU-Verordnungen im Pflanzensektor besser verfolgen und europäische Produktionsstandards adaptieren zu können. Die Zielsetzung, das Außenhandelsvolumen mit Blumen und Pflanzen von aktuell 190 Mio. Dollar bis 2023 auf über 500 Mio. Dollar auszuweiten, hat weiter Bestand. Die Türkei könnte früher oder später ein interessanter Handelspartner werden.

Autoren: Dr. Marianne Altmann Andreas Löbke CO CONCEPT, im Auftrag der Messe Essen anlässlich der IPM ESSEN 2019

Quellen: Expertengespräche, sowie EUROSTAT, AMI, BGI, BBH, GfK, VGB, TASPO, IVG, Gabot

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