Im Interview: Markus Kobelt und Raphael Maier

Lubera lancierte am 1. September die französischsprachige Gartenplattform Lubera.fr, und startete mit dem Lubera Magazin "Le livre du jardin". Im Interview erklären Markus Kobelt, Gründer von Lubera, und Frankreich-Projektleiter Raphael Maier, die Hintergründe des neuen Projekts.

Anfang September 2023 startete Lubera.fr, die französische Gartenplattform von Lubera.

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Herr Kobelt, warum Frankreich und französisch?

Markus Kobelt: Na ja, Lubera und ich, wir sind zwei Schweizer. Und zur Schweiz gehört auch ein großer Landesteil, der französisch spricht. Es war eine wirklich schmerzliche Lücke, dass wir bisher in der Schweiz aus Kapazitäts- und Kostengründen keine französische Sprachvariante anbieten konnten. Im Zusammenhang mit dem Projekt Lubera.fr wird das möglich sein – allerdings erst ab Frühling 2024. Persönlich ist Französisch meine erste Fremdsprache und ich freue mich immer, wenn ich sie wieder einmal trainieren kann. Schon deshalb war das Projekt unabdingbar.

Was sind die Verbindungen zwischen Frankreich und Lubera?

Markus Kobelt: Schon erwähnt habe ich ja die persönliche und schweizerische Komponente. Die Marke Lubera® – entstanden phonetisch aus lustvoll und Beeren – sollte auf jeden Fall auch französisch aussprechbar sein – voilà, das ist ja gegeben. Bei der Gründung und beim Aufbau von Lubera war für mich Georges Delbard, der seine Baumschule in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts gründete, immer eine Inspiration. Die Kombination von Pflanzenzüchtung mit dem Retailverkauf an Endkunden habe ich von ihm gelernt und – na ja – abgeschaut. Der Titel seiner Memoiren, die ich um das Jahr 1990 herum in Paris entdeckte, lautete 'Le jardinier du monde'. Ja, die Grande Nation und ihre Gärtner haben ein Selbstbewusstsein, von dem wir lernen sollten.

Raphael Maier: Wir beschäftigen bei Lubera unterdessen auch einige französische Mitarbeiter, sowohl in der Produktion in der Schweiz als auch in Bad Zwischenahn in Niedersachsen. Ich selber lebe mit meiner französischen Familie im Elsass. Wir arbeiten also recht systematisch daran, Lubera einige zusätzliche französische Gene einzupflanzen.

Warum nicht Lubera auf Englisch?

Markus Kobelt: Wir hatten ja schon vor Jahren Lubera.co.uk, mussten uns dann aber nach der Brexit-Abstimmung und -Einführung zurückziehen, da wir aktuell Pflanzen nur noch mit individuellen Pflanzschutzzeugnissen (Kosten 30-100 Euro pro Lieferung) nach UK senden können. Das war ziemlich schade, aber auch heute ist leider nicht abzusehen, wie und wann das leichter werden würde – eher ist das Gegenteil der Fall. Ein Versand in UK wäre nur mit einer Verpackungsstation und mit Pflanzenlager und/oder Produktion in England machbar. Das ist für uns momentan eine zu große Nummer.

Raphael Maier: Allerdings haben wir intern die englischen Inhalte weitergepflegt und auch der Übersetzungsservice läuft weiter. Die meisten neuen Texte (Artikel, Shopkategorien, Gartenbuch-Texte) werden laufend auch auf Englisch übersetzt und in unser Backend eingespeist. Es ist unser Ziel, 2025 oder 26 auch die englische Sprachvariante wieder livezustellen, vor allem für Länder und für Gartenfreunde, die weder Deutsch noch Französisch sprechen. Schließlich ist Englisch ja das moderne Latein, die moderne Lingua franca.

Herr Maier, Sie arbeiten ja sonst in der Lubera Züchtung, wie sind Sie zu dieser Aufgabe gekommen?

Raphael Maier: Unfreiwillig - wie denn sonst. Oder sollte ich sagen: Wie die Jungfrau zum Kinde? Im Ernst: Ich lebe mit meiner französischen Frau und mit meinen Kindern im Elsass und bin nach 10 Jahren weitgehend zweisprachig, ein sogenannter Bilingue. Damit hatte das Projekt schon eine gewissen Logik für mich. Es ist auch spannend, in der Vorbereitung und dann auch in der Weiterentwicklung von Lubera.fr zu verfolgen, was in Frankreich funktioniert und was nicht.

Aber Sie haben ja aktuell noch keinen Shop auf Lubera.fr

Raphael Maier: Das ist richtig. Aber Resultate zeigen sich nicht nur in Heller und Pfennig, sondern eben auch in den Besucherzahlen und in der Sichtbarkeit im Internet. Und wir wollten und wollen einfach nicht 2 Jahre lang fast blind nur entwickeln und vorbereiten, und erst dann lancieren. Wir möchten den komplexen Prozess in einzelne Schritte aufteilen. Der erste erfolgt jetzt: Der Start von Lubera.fr mit dem 'Livre du jardin'. So werden wir schon über Herbst und Winter 2023/24 sehen, wie das französische Lese- und Suchpublikum auf Lubera Inhalte reagiert. Übrigens haben wir noch lange nicht alles übersetzt: Das Gartenbuch auf Lubera.com zählt 4.000 Beiträge, hier beim aktuellen Stand von Lubera.fr sind wir bei 127, wobei wir selbstverständlich die besten und erfolgreichsten Gartenbuchtexte priorisieren. Allerdings wird auch in den nächsten 12 Monaten weiter übersetzt, so dass die französischen Inhalte immer weiter anwachsen werden. Ab 1. September werden neue Gartenbuchartikel, die auf Deutsch geschrieben werden, immer sofort ins französische 'livre du jardin' übersetzt, so dass es auch etwas Aktualität gibt.

Warum starten Sie nicht mit dem Shop, der ja Umsätze bringt? Warum beginnen Sie mit dem Magazin?

Markus Kobelt: Nun ja, Gartenjournalismus, das Schreiben über Pflanzen ist für mich eine Herzensangelegenheit. Wenn man damit dann irgendwann auch Pflanzen verkaufen kann - umso besser! Der Start mit dem Magazin erlaubt es uns aber auch, erste Erfahrungen und Feedbacks zu gewinnen, und damit noch allenfalls Anpassungen für den Shop vorzunehmen.

Wie muss man sich so eine Lancierung einer französischen Gartenplattform vorstellen?

Raphae Maierl: Das geht vor allem nicht von heute auf morgen. Also hier ungefähr die Timeline:

  • Frühling 2022 Grundsatzentscheid
  • Sommer 2022 Start des Projekts
  • Herbst 2022 Beginn der Übersetzungsarbeiten
  • Frühjahr/Sommer 2023 Alix Billotte erarbeitet als Praktikantin zusätzliche Grundlagen für den Launch, und über den französischen Markt
  • Herbst 2023 Lancierung Lubera-Magazin 'Le livre du jardin'
  • 1. M+ñrz 2024 Lancierung Shop in Frankreich, so Gott und die IT wollen­ƒÿë
  • März 2024 Idealerweise gleichzeitig auch Lancierung der französischen Sprachvariante in CH
  • Ab Frühjahr 2024 Aufbau einer französischen Redaktion

Wird es einen französischsprachigen Kundendienst geben?

Markus Kobelt: Ja, per Mail, also schriftlich auf jeden Fall. Ob es einen französischsprachigen Telefonservice geben wird, ist eher unsicher. Telefon wird als Kommunikationskanal im E-Commerce immer unwichtiger, wenigstens bei uns.

Wie genau wird übersetzt, macht ihr das jetzt mit KI, oder mit eine Übersetzungssoftware?

Raphael: Nein unsere Pflanzen stehen für Qualität – und für die Seite Lubera.fr soll das analog gelten. Da übersetzen immer noch Menschen, einerseits eine Agentur, die auf landwirtschaftliche Texte spezialisiert ist, dann aber auch ein französischer Gartenjournalist, Bruno Nunez, der auch eine eigene Seite Jardipartage.fr betreibt.

Was erwartet ihr von Frankreich? Sind die Franzosen gartenaffiner als die Deutschen, Schweizer und Österreicher? 

Markus Kobelt: Wenn man den vorhandenen Untersuchungen und Zahlen trauen kann, dann eher nicht: Die Gartenaffinität wäre dann wohl in UK noch immer am größten. Vom Budget pro Kopf liegen sicher die Schweizer an der Spitze und Deutschland und Österreich nehmen eine Mittelstellung ein, so dass dann Frankreich eher nach den deutschsprachigen Ländern käme. Das entspricht ein bisschen auch dem optischen Eindruck, wenn man durch Frankreich fährt. Allerdings ist zu bedenken, dass Garten in Frankreich tendenziell nicht im Vorgarten, sondern im hinteren Garten, im Hinterhof stattfindet.

Raphael Maier: Es gibt aber einen entscheidenden Punkt, wo die Franzosen die Engländer und erst recht die Deutschen und Schweizer um Längen schlagen: der Stellenwert des Essens, die Wichtigkeit der Lebensmittel und die offene Freude am Genuss. Die Kernkompetenz von Lubera liegt nun mal bei essbaren Pflanzen, da sind wir ja auch schon seit bald 30 Jahren in der Züchtung neuer Sorten aktiv. Und neben der Einfachheit, neben der Resistenz von neuen Pflanzen ist unser zentrales Ziel immer der Geschmack, das Genusserlebnis. Vielleicht waren wir ja schon französisch, bevor wir als Internetseite französisch zu sprechen lernten… 

Woher kommen dann die Pflanzen, die in Frankreich ab 2024 ausgeliefert werden?

Raphael Maier: Neue Pflanzensorten züchten wir in der Schweiz, produziert wird in der Schweiz und in Deutschland, in unseren beiden Baumschulen in Buchs und in Bad Zwischenahn. Die französischen Bestellungen werden aus Deutschland versendet, dann bleibt das innerhalb der EU. 

Habt ihr konkrete Ziele für Frankreich?

Raphael Maier: Ja, wir möchten in 2 Jahren also, bis Ende 2026, den französischen Markt so entwickeln, dass er geschäftlich einen ähnlichen Beitrag liefert wie das 7x kleinere Österreich. Ich glaube, das Ziel ist realistisch und auch zu erreichen. Natürlich sind wir auch zufrieden und überglücklich, wenn wir das Ziel weit verfehlen und überholen.

Noch eine letzte Frage: Viele Onlineshops beklagen sich über eine sinkende Nachfrage, warum expandieren Sie in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit?

Markus Kobelt: Wir sehen online bei Pflanzen keine Probleme. Wir sind nach Corona 2021 und 22 und jetzt auch 23 immer gewachsen, wenn auch nicht im gleichen Tempo wie während der Corona Zeit. In der Pflanze sehe ich weiterhin eine interessante Nische. Und 'Nische' ist eigentlich weit untertrieben. Warum sollten bei der Wichtigkeit der Ernährungsfragen und der Klimadiskussionen weniger Pflanzen gepflanzt werden? Ich setze auf die Pflanze. Sie ist nicht irgendein beliebiges Produkt, sondern zentral für die Luft, die wir atmen, für die CO2-Bindung und für unsere Lebensmittel. 85% des Lebens auf dieser Erde ist pflanzlicher Natur. Wenn uns das Leben lieb ist, pflanzen wir mehr Pflanzen!

Vielen Dank!

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