FRUCTUS: Alte Sorten trotzen Schorf und Feuerbrand

FRUCTUS präsentiert alte Apfelsorten, die robust sind gegen den Schorfpilz und die Bakterienkrankheit Feuerbrand. 15 davon eignen sich speziell als Hochstammbäume im freien Feld, wo wenig oder kein Pflanzenschutz angewendet wird.

Anzeige

FRUCTUS präsentiert alte Apfelsorten, die robust sind gegen den Schorfpilz und die Bakterienkrankheit Feuerbrand. 15 davon eignen sich speziell als Hochstammbäume im freien Feld, wo wenig oder kein Pflanzenschutz angewendet wird. Diese Sorten sind in der FRUCTUS-Sortenliste "robuste Apfelsorten für den Feldobstbau" ausführlich beschrieben und abgebildet.

Schorf ist die wichtigste Pilzkrankheit im Apfelanbau und verursacht einen hohen Bekämpfungsaufwand. Bei den durch Züchtung entstandenen schorfresistenten Apfelsorten ist 2013 in der gesamten Schweiz erstmals ein Durchbruch dieser Resistenz mit erheblichen Folgeschäden erfolgt. Feuerbrand ist die Bakterienkrankheit, die in den letzten Jahren tausenden von Hochstammbäumen das Leben kostete und zu deren Bekämpfung in Niederstammkulturen weltweit Antibiotika eingesetzt wurde.

Betreffend dem Schorf und der neuen Apfelkrankheit "Marssonina-Blattfall" kann FRUCTUS aus ihrer "Live-Genbank", dem Obstsortengarten in Höri ZH, alte Apfelsorten mit robusten Eigenschaften präsentieren.

Die Empfehlungen betreffend robuster Sorten gegen den Feuerbrand stützen sich auf Resultate aus Bundesprojekten des *NAP-PGREL, die im Auftrag der FRUCTUS an der Agroscope in Wädenswil laufen. Es ist insbesondere das Projekt BEVOG, das die inventarisierten alten Obstsorten prüft und beschreibt. *NAP-PGREL Nationaler Aktionsplan zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft.

Wertvolle Resultate aus der FRUCTUS Live-Genbank, dem Obstsortengarten in Höri ZH Schon vor 1970 hat der Pomologe Karl Stoll aus Wädenswil angefangen, alte Obstsorten zu sammeln. Er legte als erster in der deutschen Schweiz eine Sortensammlung mit über 300 alten Apfelsorten auf seinem privaten Grundstück in Wädenswil an. Die Anfrage der Fachstelle Naturschutz des Kantons Zürich für eine Beratung zur Erstellung eines Hochstammobstgartens in Höri hat Stoll genutzt und konnte dort die Sorten aus seiner Sammlung ab 1986 sukzessive als Hochstammbäume platzieren. So ist in Höri die erste große Hochstamm-Obstsortensammlung der Deutschschweiz durch die Vereinigung FRUCTUS entstanden. Heute stehen im 8 ha großen Obstgarten "Reben" in Höri 355 Hochstammbäume, welche 157 Apfel-, 48 Birnen- und 23 Steinobstsorten repräsentieren. Von der Natur geschaffene Kuriositäten wie etwa die Schauenburger Streifenkirsche oder die "Schweizerhose" sowie die aus der Römerzeit stammende Sorte Sternapi sind in Höri vor ihrem endgültigen Verschwinden gerettet worden. Der Obstsortengarten ist auch ein Naturschutzgebiet der Baudirektion des Kt. Zürich, wird von Landwirten aus Höri gepflegt und neu durch den Projektleiter David Szalatnay von FRUCTUS und der Strickhof Fachstelle Obst betreut. Diese sogenannte nationale Primärsammlung wird vom Bund als NAP-PGREL-Projekt finanziell unterstützt.

Schorf
Schorf ist die wichtigste Pilzkrankheit im Apfelanbau und verursacht einen hohen Bekämpfungsaufwand. Im Obstgarten Höri, wo in der Regel nur 1?2 Fungizid-Behandlungen pro Jahr erfolgen, ist schon immer die grosse Robustheit vieler alter Sorten gegen den Schorfpilz aufgefallen. Insbesondere im Schorfjahr 2012, in dem gänzlich auf Fungizide verzichtet wurde, konnte der Schorfbefall der verschiedenen Sorten bewertet werden. Trotz mehreren schweren Schorfinfektionen blieben 43% der 152 geprüften Apfelsorten ohne oder mit nur sehr wenig Schorfbefall, 35% waren mittelmäßig und 22% stark befallen.

Stark befallen waren insbesondere die Handelssorten Gravensteiner, Rubinette und Jonagold sowie auch einzelne alte Sorten wie z.B. Api rosé. Schorfkontrollen wurden auch in der Anlage Gottshalden von Agroscope in Horgen durch das NAP-BEVOG-Projekt durchgeführt. Bei den dort rund 600 untersuchten Akzessionen (Sortenherkünften) wird für zur Untersuchung der sortentypischen Anfälligkeit ganz auf Pflanzenschutzmittel gegen Pilzkrankheiten verzichtet. Von den Sorten, die 2012 in Höri ohne Schorf blieben, wurden 13 Sorten im Frühjahr 2013 an der Agroscope in Wädenswil im Sicherheitsgewächshaus mit künstlicher Triebinfektion auf die Feuerbrandanfälligkeit getestet.

Die Robustheit der alten Sorten gegen den Schorf zu kennen ist deshalb wichtig, weil die monogene (auf einem Gen beruhende) Resistenz der gezüchteten, schorfresistenten Sorten kann leichter vom sich ständig entwickelnden Schorferreger geknackt werden. Das haben die Gründer von FRUCTUS K. Stoll und R. Corbaz schon vor 30 Jahren vorausgesagt und damit auch die dringende Erhaltung der robusten alten Sorten gefordert. In den jüngsten Jahren haben die beiden Pomologen leider Recht bekommen. Die Vf-Resistenz, beruhend auf Kreuzungen mit dem Wildapfel Malus floribunda 821, wurde seit einigen Jahren an einzelnen Standorten durchbrochen. Im extrem nassen Frühjahr 2013 ist jetzt erstmals in der ganzen Schweiz, vor allem an unbehandelten Bäumen in Hausgärten und in Bioobstanlagen ein großer Durchbruch der Vf-Resistenz erfolgt. Das ist deshalb gravierend, weil praktisch alle bis heute angepflanzten schorfresistenten Sorten dieselbe, heuer an verschiedenen Orten durchbrochene monogene Resistenz tragen. Neuerdings verwenden die Obstzüchter für ihre Kreuzungen vermehrt auch robuste alte Sorten. Die Sortensammlungen der Erhaltungsorganisationen sind damit auch für die Obstzüchter von höchstem Wert, bei der Beschaffung von Pollen für die Kreuzungen schlicht unverzichtbar. Die neu geschaffene FRUCTUS Sortenliste für den Feldobstbau enthält keine Sorten mit der Vf-Resistenz.

Feuerbrand
Weil vor 1989 in der Schweiz kein Feuerbrand aufgetreten ist, sind zur Anfälligkeit der alten Kernobstsorten erst wenige Resultate bekannt. Aus dem NAP-PGREL / BEVOG Bundesprojekt* sind allerdings sehr robuste alte Sorten entdeckt worden. So etwa die Sorte Alant aus Gondiswil BE, die sich bei Tests an der Agroscope als ausserordentlich robust gegen Feuerbrand erwies. Im Obstgarten Höri ist bisher noch nie Feuerbrand aufgetreten. Im Frühjahr 2013 haben wir jedoch 13 schorfrobuste Sorten aus dem Sortengarten Höri an der Agroscope auf Feuerbrand getestet. Die gewählten Sorten haben erfreuliche Resultate gezeigt. Acht der 13 Sorten zeigten weniger als 51% Triebbefall im Vergleich zu Gala.

Vergleich zu Gala hat die Sorte Stadler Hagapfel erfreulicherweise nur mit einer geringen Symptomausprägung reagiert. Im Sicherheitsgewächshaus werden jeweils 10 Pflanzen pro Sorte mit Feuerbrand infiziert: Mittels einer Medizinalspritze wird die Bakteriensuspension dazu in die Triebspitze injiziert.. In Abständen von einer Woche wird danach drei Mal die durch das Bakterium verursachte Läsion gemessen. Für die Einteilung in die Befallsstärkeklassen schwach, mittel und stark werden die Sorten jeweils mit der stark anfälligen Sorte Gala, die gleichzeitig im Test steht, verglichen. Das gibt schließlich einen Hinweis auf die Anfälligkeit einer Sorte gegenüber Feuerbrand. Wichtig: Die Resultate der Triebinokulationstests können lediglich Hinweise über die Triebanfälligkeit einer Sorte unter Gewächshausbedingungen geben, Die Blütenanfälligkeit ist darin nicht berücksichtigt.

Marssonina-Blattfall
In diesem Jahr hat, neben dem Schorf, auch die in der Schweiz erst seit 2010 bekannte Pilzkrankheit Marssonina-Blattfall (Marssonina coronaria) extensiv gepflegte Apfelbäume stark befallen. Symptome sind 1?2mm große braun-violette Flecken im Juni auf der Blattoberseite. Diese entwickeln sich zu größeren braunen bis grauschwarzen Flecken. Die grünen Blattflächen zwischen den Flecken verfärben sich zunehmend gelb. Solche Blätter fallen vorzeitig ab. Laut ersten Informationen aus der Forschung (Agroscope und FiBL) zeigten sich Unterschiede bei den Sorten bezüglich der Anfälligkeit. Leider gehören auch schorfresistente Sorten wie Topaz und Rubinola sowie die Marktsorten Golden Delicious und Gala zu den eher anfälligen Sorten. "Resistenz" gegen M. coronaria wurde in mehreren Wildapfelarten festgestellt. In Niederstammanlagen mit Pflege nach integrierter Produktion tritt die Krankheit noch kaum auf.

Eine Befallskontrolle am 11. September 2013 im FRUCTUS-Obstgarten Höri bei 136 mehrheitlich alten Sorten hat Unterschiede gezeigt. Ein Großteil der alten Sorten war nur schwach oder gar nicht befallen. Dazu gehören erfreulicherweise auch Sorten der Sortenliste Feldobstbau, nämlich Mutterapfel, Stadler Hagapfel und Thurgauer Borsdorfer ohne, und Bohnapfel wie Schneiderapfel mit nur wenig Befall. Stark befallen waren Jonagold und James Grieve. Das sind Resultate von nur einem Jahr und deshalb mit Vorsicht zu verwenden. Wir werden diese Krankheit weiter verfolgen und später wieder darüber berichten.

FRUCTUS-Sortenliste, robuste Sorten für den Feldobstbau
Aufgrund der über Jahre gesammelten Resultate ist nun die neue "FRUCTUS Sortenliste, robuste Apfelsorten für den Feldobstbau" entstanden. Die Kenntnisse über die Robustheit der alten Sorten bezüglich Krankheiten werden darin aufgelistet und bekannt gemacht.

Insbesondere bei Neupflanzungen von Hochstammbäumen im Feldobstbau, wie sie in den vergangenen Jahren in der Schweiz zu Tausenden erfolgt sind, wird eine Vielfalt von Sorten angestrebt. Damit bei diesen Pflanzungen das Ziel der Biodiversität ganzheitlich erreicht wird, müssen vor allem krankheitsrobuste Sorten verwendet werden. Gemeint sind damit traditionelle Sorten, die ihre Robustheit gegen den Schorf schon hunderte von Jahren unter Beweis gestellt haben. Gemeint sind auch Sorten, die aus eigener Kraft der Bakterienkrankheit Feuerbrand etwas entgegenhalten können. Ein großes Genreservoir soll uns auch in Zukunft dienen. Müssen wir doch damit rechnen, dass immer wieder neue Krankheiten (siehe Marssonina) und Schädlinge auftauchen. Baumschulbetriebe werden in den kommenden Jahren gefordert sein, ihr Sortiment vor allem bei den Hochstammbäumen entsprechend auszurichten. Neben dieser speziellen Liste für den Feldobstbau entsteht auch eine sortenmässig umfangreichere Liste, die sich besonders an die Besitzer von Hausgärten oder an Selbstversorger richtet. Darin werden auch schorfresistente Sorten aufgelistet, die auch gegen Feuerbrand einigermassen robust sind.

Beide Listen werden auf der Website www.fructus.ch als PDF zur Verfügung stehen.

Das Projekt FRUCTUS-Sortenliste Feldobstbau Robuste Apfelsorten wurde finanziell unterstützt von IP-Suisse und Migros sowie vom Bundesamt für Landwirtschaft (NAP-PGREL) und des Fonds Landschaft Schweiz. (FRUCTUS)

Neuen Kommentar schreiben

Kommentare (0)

Bisher sind keine Kommentare zu diesem Artikel erstellt worden.