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Fachgruppe Gemüsebau: 53. Herbsttagung
Mit dem Thema „Pflanzenschutz 2030“ hatten die Gemüseanbauer ein Tagungsmotto ausgesucht, das vielen Betrieben unter den Nägeln brennt, wie die engagierte Diskussion im Rahmen der Veranstaltung bewies. Referenten aus vielen verschiedenen Bereichen beleuchteten das Thema aus ganz unterschiedlichen Perspektiven:
Mit ihrem Vortrag „Gift im Gemüse? Von medialen Risiken und medialer Verzerrung“ zeigte Abteilungsleiterin Privatdozentin Dr. Gaby-Fleur Böl vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) auf, dass Verbraucher die Risiken, die sich zum Beispiel hinter Pflanzenschutzmitteln verbergen, in der Regel anders bewerten, als es Fachleute tun. „Die Kluft zwischen dem gefühlten Risiko und der tatsächlichen Gefahr wird immer größer“ erklärte Dr. Böl. Medien und Organisationen, die sich mit Umweltthemen beschäftigen, nehmen entsprechende Meldungen gern auf und befeuern so die Diskussion immer weiter.
Der Staatssekretär im Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Dr. Jürgen Buchwald, stellte zum Thema „Pflanzenschutz 2030“ Überlegungen aus Sicht der Politik an: Sichere Lebensmittel werden gebraucht und von den Betrieben produziert. „Aufgabe der Politik muss es sein, sich mit den Ängsten der Menschen auseinanderzusetzen“ meinte Dr. Buchwald. Er kann sich vorstellen, dass die Arbeit mit Pflanzenschutzmitteln in Zukunft als „Phytomedizin“ bezeichnet wird, weil man damit die öffentliche Wahrnehmung verändern könnte.
Aus der Sicht eines Wissenschaftlers ging Prof. Dr. Andreas Schaeffer, Leopoldina (Nationale Akademie der Wissenschaften), RWTH Aachen, das Thema an. Zum besseren Schutz von z.B. von Vögeln oder Insekten beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ging Professor Dr. Schäfer auf verschiedene Lösungsansätze unter anderem die Anlage von Hecken zum Abgrenzen der Nutzflächen und zum Schaffen neuer Lebensräume ein. Mit einem umfassenden Monitoring und einer gestuften Zulassung von Pflanzenschutzmitteln könnten weitere Fortschritte bei einem noch umweltverträglicheren Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gemacht werden.
Dr. Jörg Wogram vom Umweltbundesamt stellte die Extensivierung der Segregation gegen-über und welchen Nutzen beide Lösungen aus Sicht des Amtes bieten. Mit dem Extensivieren, das wurde in der Diskussion mit den Gemüsebauern deutlich, kommen die Betriebe nicht weiter, weil sie ihre Flächen dann deutlich ausweiten müssten – diese Flächen stehen aber nicht zur Verfügung. Beim Segregieren würden die Flächen für die Produktion intensiv genutzt, anderen Flächen als Ausgleich für die Natur und für die Erhaltung der Vielfalt hinge-gen nicht bearbeitet. „Landwirtschaft ist aber auch Wirtschaft, deshalb muss es sich für die Betriebe lohnen, etwas für die Umwelt zu tun“ bekräftigte er.
Matthias Kastriotis, zuständig für Presse- und politische Arbeit bei BASF, erklärte, wie aufwendig die Entwicklung neuer Pflanzenschutzmittel ist. Bei den kleinen Mengen, die der Gemüsebau braucht, ist es angesichts hoher Entwicklungskosten deshalb immer unwahrscheinlicher, das neue und umweltverträglichere Mittel auf den Markt kommen. Allerdings setzt die BASF nicht nur auf den klassischen Pflanzenschutz, sondern auch auf Smart-Farming, mit zum Beispiel dem Einsatz von Drohnen zum gezielten Erkennen und Bekämpfen von Krankheiten und Schädlingen.
Dr. Erich Jörg vom Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz, präsentierte zum Abschluss einen Ausblick in Sachen Pflanzenschutz. Bei der Wildkrautbekämpfung sah er zum Beispiel viele Methoden der mechanischen Bekämpfung, die bereits heute zum Einsatz kommen. Wichtig wären Fortschritte in der Züchtung von zum Beispiel resistenten Sorten oder Varianten, die an ein wärmeres Klima angepasst sind. „CRISPR/CAS“ bietet die Chance, solche Sorten schnell auf den Markt zu bringen. Da aber diese Verfahren der Gentechnik untergeordnet werden, ist deren Verbreitung nicht zu erwarten.
In der lange und von beiden Seiten engagiert geführten Diskussion wurde deutlich, dass der Gemüsebau kein klassische Flächenlandwirtschafft ist und der Anbau von Gemüsekulturen auch anders betrachtet werden kann, da die Kulturen intensiver geführt werden, die Sätze kleiner und die Anbauperioden kürzer sind. Wissenschaft, Politik und Praxis kamen an diesem Tag an der Ostsee ins Gespräch – damit ist aus der Sicht aller Beteiligten ein wichtiger weiterer Schritt zur weiteren Zusammenarbeit in Richtung einer in Zukunft noch umweltverträglicheren Produktion getan. Mit dem Thema „Dürre“ nahm Andreas Kröger, Präsident des gastgebenden Wirtschaftsverbandes Gartenbau Norddeutschland ein Thema auf, das vielen Betrieben unter den Nägeln brennt. Ausfälle durch Wetterkapriolen nehmen zu, die Betriebe haben allerdings zurzeit kaum Chancen, diese auszugleichen. Kröger dachte deshalb laut über eine finanzielle Unterstützung von Mehrgefahrenversicherungen im Gemüsebau sowie über eine Risikoausgleichsrücklage nach. Beides, so seine Überzeugung, wären Instrumente um betroffenen Betrieben zu helfen.
Dr. Jürgen Buchwald, Staatssekretär im Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern überbrachte die Grüße seines Ministers Til Backhaus, der durch eine Landtagssitzung leider verhindert war. Anschließend ging er auf aktuelle Erfolge wie zum Beispiel die Entfristung der 70-Tage-Regelung für Saisonarbeitskräfte ein stellte zum Pflanzenschutz eindeutig fest, dass der „Integrierter Pflanzenschutz“ die Zukunft ist.
Dies unterstrich auch Präsident Detlef Kurreck vom Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern und forderte mehr Ehrlichkeit und Objektivität bei der öffentlichen Diskussion zum Pflanzenschutz. „Wir treffen in der Bevölkerung häufig auf vorgefasste Meinungen. Wir müssen diese Themen aber einer breiten Schicht verständlich machen und Wege finden, miteinander auszukommen“ erklärte Kurreck. (Quelle: BOG)
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