Äpfel und Zwetschgen: Witterungsbedingt geringere Erntemenge

Die genossenschaftliche Obst- und Gemüsewirtschaft in Baden-Württemberg schaut auf ein ungemein schwieriges Jahr mit witterungsbedingt deutlich geringeren Erntemengen zurück.

Die genossenschaftliche Obst- und Gemüsewirtschaft in Baden-Württemberg schaut auf ein ungemein schwieriges Jahr mit witterungsbedingt deutlich geringeren Erntemengen zurück. Bild: GABOT.

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Gerade einmal 177.000 t Obst haben die Mitgliedsbetriebe im Jahr 2017 bei den Genossenschaften zur Vermarkung angeliefert. Das sind 47.000 t oder 21% weniger als im bereits schon schwachen Erntejahr 2016. „Der Spätfrost im April sowie Starkregen und regionale Hagelfälle im Sommer haben zu massiven Ernteausfällen geführt. Besonders stark betroffen war die Apfelernte, die um rund 60% geringer als im Vorjahr ausfiel“, betonte Dr. Roman Glaser, Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV). Die genossenschaftliche Gemüsewirtschaft kam glimpflicher davon. Insgesamt wurden 83.000 t zur Vermarktung angeliefert, 3% mehr als im Vorjahr. Dies teilte der BWGV auf der Jahrespressekonferenz der baden-württembergischen Obst-, Gemüse- und Gartenbaugenossenschaften in Karlsruhe mit.

Der erwirtschaftete Gesamtumsatz der genossenschaftlichen Erzeugergroßmärkte und ihrer Vertriebsgesellschaften belief sich auf 434 Mio. Euro, ein Rückgang um 26 Mio. Euro oder 5,5%. Die Obstwirtschaft steuerte zum Gesamtumsatz 179 Mio. Euro bei (Vorjahr: 176 Mio. Euro) - eine Steigerung von 1,6%. Die Gemüsewirtschaft erzielte einen Umsatz von 226 Mio. Euro (Vorjahr: 247 Mio. Euro) - ein Rückgang um 9%.

Deutlich geringere Erntemenge bei Äpfeln wirkt sich 2018 aus

Glaser stellte heraus, dass sich die mit 110.000 t deutlich geringere Marktobst-Erntemenge bei den Äpfeln - 170.000 t weniger als im Vorjahr - erst im laufenden Jahr auf den Umsatz auswirken wird. Der Grund: Die im Herbst geernteten Äpfel werden fast über ein ganzes Jahr hinweg vermarktet. „Normalerweise gelangen baden-württembergische Äpfel aus der Vorjahresernte nahezu nahtlos bis zur neuen Ernte im September in den Einzelhandel“, erklärte Glaser. In diesem Jahr seien aber die Lager jetzt schon so gut wie leer, sodass im Juni kaum noch Äpfel aus Baden-Württemberg verfügbar sein werden. „Die Verbraucher können dann auf deutsche Äpfel aus den anderen Anbauregionen zurückgreifen. Und ab August beginnt dann die Ernte der Sommeräpfel. Es wird also keine Lücken im Regal geben“, betonte Glaser. Aufgrund der über ein Kalenderjahr hinweg dauernden Vermarktungszeit von Äpfeln ergibt sich die Situation, dass der Umsatz mit Äpfeln im Jahr 2017 mit 88 Mio. Euro um 10% höher lag als im Jahr 2016 (80 Mio. Euro).

Ursache für die deutlich geringere Apfelernte waren die Frosttage zwischen dem 19. und 22. April 2017, nachdem der wärmste März seit Wetteraufzeichnung noch für einen deutlichen Vegetationsvorsprung gesorgt hatte. Erschwerend kam hinzu, dass von den ertragsstarken und lagerfähigen Sorten Braeburn, Elstar, Gala und Jonagold nur weniger als 30% eingelagert werden konnten. Allein die Gruppe dieser vier Sorten macht üblicherweise die Hälfte der gesamten Lagermenge von rund 150.000 t in Baden-Württemberg aus. Glaser: „Frostbedingt hatten wir die kleinste Apfelernte seit 1991.“ Etwa 80% der baden-württembergischen Äpfel stammen aus der Bodenseeregion und dem Neckarraum, der Rest aus den badischen Anbaugebieten.

Gravierende Einbußen bei Erdbeeren und Zwetschgen

Weitere gravierende Einbußen gab es bei Erdbeeren und Zwetschgen, die neben den Äpfeln zu den mengen- und umsatzstärksten Obst-Produkten der genossenschaftlichen Erzeuger in Baden-Württemberg gehören. 7.800 t Erdbeeren wurden vermarktet - 2.700 t oder 26% weniger als bei der ebenfalls eher verhaltenen Ernte 2016. Zum Vergleich: Der Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre betrug 13.400 t . Dafür konnten 2017 gute Preise erzielt werden: Der Kilopreis lag mit 3,19 Euro knapp 70 Cent höher als im Vorjahr. Dementsprechend konnte der Umsatzrückgang eingedämmt werden. 24,7 Mio. Euro wurden mit Erdbeeren umgesetzt, ein Rückgang von rund 6%. Auch bei den Strauchbeeren (Johannisbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Stachelbeeren und Heidelbeeren) wurde das niedrige Vorjahresergebnis noch einmal unterschritten, und es kam zu Ernteausfällen in Höhe von 26%. Insgesamt wurden 3.900 t vermarktet und damit 13,3 Mio. Euro umgesetzt, ein Rückgang von 17%.

Noch dramatischer fällt das Resümee bei den Zwetschgen aus: 60% weniger Vermarktungsmenge und 34% weniger Umsatz lautet die Bilanz. Insgesamt wurden mit 5.100 t Ertrag (Vorjahr: 12.700 t ) 6,8 Mio. Euro (Vorjahr: 10,4 Mio. Euro) umgesetzt. Neben Schäden in den Frostnächten zur Blüte setzten auch Starkregen und Hagel den Zwetschgen zu.

Absatzmenge von Spargel steigt um knapp 3%

Bessere Nachrichten gibt es vom Spargel zu vermelden, dem der Frost im April nur wenig anhaben konnte: Mit 5.700 t wurde im vergangenen Jahr die Absatzmenge des Jahres 2016 um knapp 3% gesteigert. Der Gesamtumsatz verringerte sich allerdings aufgrund leicht gesunkener Kiloerlöse von durchschnittlich 4,24 Euro um 3% auf 24,1 Mio. Euro. „Bei Menge und Umsätzen befinden sich die genossenschaftlichen Spargel-Erzeuger seit einigen Jahren auf gleichbleibend hohem Niveau“, erklärte Glaser.

Der Tomatenanbau im Gewächshaus wurde erweitert. Mit 15.700 t konnte die Erntemenge bei Tomaten um 23% gesteigert werden. Bei gleichzeitig auf 1,70 Euro pro Kilogramm gesunkenem Durchschnittserlös (Vorjahr 1,90 Euro pro Kilogramm) wurde mit 26,6 Mio.  Euro ein Umsatzplus von 10% erreicht. Bei Paprika gelangten dagegen mit 5.300 t  zehn Prozent weniger in die Vermarktung, der Umsatz ging um 4% auf knapp 10% Euro zurück. Die Preise für Salate und Fruchtgemüse waren in der Frühsaison durchschnittlich, in der Hauptsaison haben die Preise dann deutlich nachgegeben.

Umsatzanstieg bei Gartenbaugenossenschaften

Positiv auf das zurückliegende Jahr schauen die neun Gartenbaugenossenschaften in Baden-Württemberg, die mit ihren Mitgliedern einen Gesamtumsatz von rund 32 Mio. Euro erzielt haben, ein Plus von 7%. Insgesamt haben die Mitglieder mit dem Verkauf von Blumen und Pflanzen auf baden-württembergischen Blumengroßmärkten wie im vergangenen Jahr einen Gesamtumsatz von rund 100 Mio. erzielt. Eine positive Entwicklung ist bei den Schnittblumen zu beobachten. Wegen der guten Ökobilanz greifen die Verbraucher zunehmend auf regionale Schnittblumen zurück. Im Zuge der steigenden Nachfrage wurden die Produktionsflächen ausgeweitet und so die Vermarktung gesteigert.

BWGV fordert steuerfreie Risikoausgleichsrücklage

„Das insbesondere für die Obstbauern sehr schwierige Jahr 2017 zeigt, wie wichtig es ist, die Risikovorsorge für die gesamte Landwirtschaft mit passgenauen Versicherungslösungen und steuerbegünstigten Investitionsförderungen für den Ausbau von Schutzmaßnahmen gegen Witterungsextreme zu verbessern“, betonte Glaser. Der BWGV setze sich seit längerem auf politischer Ebene für die Einführung einer steuerfreien Risikoausgleichsrücklage zur besseren Absicherung gegen Ernteausfälle ein. Durch eine steuerliche Risikoausgleichsrücklage hätten Landwirte die Möglichkeit, in der Steuerbilanz in guten Jahren Rücklagen zum Aufbau von Liquiditätsreserven zu schaffen. Eine solche Regelung kann aber nur auf Bundesebene getroffen werden. Glaser: „Dieses Instrument passt hervorragend zum genossenschaftlichen Selbstverständnis der 'Hilfe zur Selbsthilfe'. Daher freuen wir uns sehr darüber, dass uns der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauk bei dieser Forderung unterstützt.“

Glaser machte deutlich, dass die Frage von Zuschüssen für die Absicherung von Risiken, etwa für eine Mehrgefahren- oder Ernteausfalldeckung, einen immer größeren Stellenwert einnehme. Daher würden aktuell auch genossenschaftliche Selbsthilfefonds diskutiert. Ausdrücklich lobte Glaser die Entschädigungszahlungen durch das Land Baden-Württemberg im Jahr 2017. „Viele Apfel-Betriebe mussten massive Ertrags-Einbußen, manche sogar einen Totalausfall verkraften“, machte Glaser deutlich und ergänzte: „Ohne die finanzielle Hilfe des Landes wären manche Apfel-Betriebe in Existenz-Schwierigkeiten gekommen.“

Raiffeisen-Jahr 2018: Solidargedanke rückt ins Bewusstsein

Glaser: „Unsere Obst- und Gemüsebauern übernehmen mit der Produktion von gesunden Lebensmitteln eine wichtige Aufgabe für die gesamte Gesellschaft. Daher ist es wichtig, sie bei unverschuldeten Notlagen über die Solidargemeinschaft zu unterstützen.“ Gerade in diesem Jahr, in dem der 200. Geburtstag von Friedrich Wilhelm Raiffeisen gefeiert wird, rücke der Solidargedanke als genossenschaftliches Ur-Prinzip wieder verstärkt ins Bewusstsein. An Raiffeisens Idee „Was den Einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele“ habe sich bis heute nichts verändert.

Daher seien die Genossenschaften so wichtig für Erzeuger und auch für die Endverbraucher. Denn dank der Bündelung und Aufbereitung durch die Genossenschaften kommen regional erzeugte, gesunde Lebensmittel in den Einzelhandel und werden so für viele Verbraucher erhältlich. „Ein Einkauf bei unseren Partnern des Lebensmittelhandels ist daher wie ein Einkauf beim Bauern“, erklärte Glaser. Mehr als 80 Prozent des genossenschaftlich vermarkteten Obstes und Gemüses gelangten über den Lebensmittelgroß- und -einzelhandel direkt zu den Verbrauchern. Glaser: „Regional erzeugte Lebensmittel genießen zu Recht das Vertrauen der Verbraucher.“

Die 21 Obst-, Gemüse- und Gartenbaugenossenschaften sowie genossenschaftlichen Vertriebsorganisationen in Baden-Württemberg werden von rund 5.000 Einzelmitgliedern getragen.

33.500 Menschen arbeiten bei Genossenschaften

Der BWGV hat rund 900 Mitglieder, davon mehr als 800 Genossenschaften mit rund 3,92 Mio. Einzelmitgliedern. Neben den landwirtschaftlichen Genossenschaften sind dies die Volksbanken und Raiffeisenbanken, Genossenschaften des Handels und Handwerks sowie Energiegenossenschaften. Etwa 33.500 Menschen in Baden-Württemberg arbeiten für genossenschaftliche Unternehmen. (Quelle: bwgv)

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