Tulpen: Frühling im Supermarkt

In den Niederlanden haben die Tulpengärtner derzeit Hochsaison. Seit Jahresanfang sind die Frühlingsblumen im Angebot und die rund 400 Betriebe, die Schnitttulpen anbauen, arbeiten auf Hochtouren.

Nach und nach kommen die Zwiebeln von den Kühlzellen ins Gewächshaus. Bei 16 bis18 Grad wird es für die Tulpe Frühling und sie wächst und entwickelt ihre Blüte. Bild: GPP/TPN.

Die Tulpe ist beliebt wie kaum eine andere Blume und für viele ein Symbol für den Frühling. Über 2 Mrd. Stiele werden pro Saison in spezialisierten Gewächshäusern getrieben, 21 Tage braucht es bis zur Blüte. Jeder Quadratmeter Anbaufläche wird dabei sechsmal pro Saison belegt. Die Produktivität muss so hoch sein, sonst rentiert sich bei den hohen Investitionen das Geschäft für die Tulpengärtner nicht. Die meisten Tulpenproduzenten sind Mischbetriebe, d.h. sie pflanzen im Herbst Tulpenzwiebeln draußen auf Felder, die sie im Sommer beernten. Die Zwiebeln werden dann nach Sorte und Größe genau sortiert, gesäubert und temperaturkonditioniert eingelagert. In riesigen Kühlzellen wird ihnen in dicht an dicht vollbelegten Kisten ein Winter vorgegaukelt. Nach und nach kommen sie dann ins Gewächshaus, entweder auf Erde, immer öfter aber nur auf Wasser. Bei 16 bis 18 Grad Celsius wird es für die Tulpen Frühling und sie entwickeln ihre Blüte.

Im April werden die letzten Sorten aus den Kühlzellen geholt, damit sie pünktlich zum Muttertag beim wichtigsten Kunden, dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH) in Deutschland, sind. Dann ist die Schnitttulpensaison, die im Dezember begonnen hat, wieder vorbei und die Arbeit auf dem Feld steht im Fokus. Blumenzwiebeln sind ein wetterabhängiges Produkt, da sie als „Rohstoff" draußen wachsen. Sind der Winter und das Frühjahr zu nass - wie es 2023 der Fall war - und obendrein der Juni zu trocken, dann hat das entscheidenden Einfluss auf das Volumen und die Qualität der Zwiebeln. Nur dicke Zwiebeln entwickeln auch dicke Stiele und große Blüten. Wenn eine Saison unter den Wetterkapriolen, die mit dem Klimawandel einhergehen, leidet, dann hat das mittelbare Konsequenzen auf die Qualität der Tulpen, die Monate später als Schnittblumen in der Vase ihre Bestimmung finden sollen.

85% gehen über den LEH

Der LEH ist mit einem Anteil von 85% für die niederländischen Tulpengärtner in den letzten Jahren zum wichtigsten Absatzkanal geworden und seine Bedingungen nehmen auf den Entstehungsprozess leider keine Rücksicht. Um die Nachfrage nach Tulpen für die Vase auch in diesem Segment zu befriedigen, wurde die Produktion der beliebten Frühlingsblume im Laufe der letzten zehn Jahre weiter professionalisiert und stark automatisiert. Die modernen Gewächshäuser arbeiten aus Umwelt- und Kostengründen immer weniger mit Gas, sondern weitgehend mit Sonnenenergie durch Photovoltaik-Anlagen und Wärmepumpen. Tatsächlich gibt es Unterglas-Betriebe, die heute schon CO2-neutral sind. Der Investitionsaufwand ist immens, die Automatisierung in der Gärtnerei hoch - so dass nicht alle Betriebe mithalten können und manche aufgeben müssen. Die neuen Märkte sind schnell und kosten ihren Tribut und beschleunigen den Strukturwandel der Branche. Die Gärtnereien, die in die Zukunft investieren, sind flächenmäßig groß und oft schließen sie sich mit Kollegen zusammen, um zu überleben. Die Innovationskraft des Sektors ist hoch, die Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen wie z.B. Greenport oder der Universität Wageningen sehr intensiv.

Ernte ist Handarbeit

Bei aller Forschungsnähe und Automatisierung der Prozesse bleibt die Ernte, d.h. der Schnitt der Blumen, Handarbeit. Viele fleißige Menschen suchen aus den Kisten mehrfach am Tag die verkaufsreifen Tulpen aus, ziehen sie mit der Zwiebel heraus und legen sie zu Hunderten in Transportkisten oder gleich nebeneinander auf Laufbänder. Dann übernimmt wieder eine Maschine die Trennung von der Zwiebel, nicht ohne vorher mittels einer Kamerakontrolle die exakte Länge festzulegen. Je nach Anforderung des deutschen Handels können die Längen und das Gewicht der Stiele variieren. Auch die Stückzahlen pro Bund sind je nach Kunde anders, genauso wie deren Verpackung und die Anzahl der Bunde pro Eimer ... Der Supermarkt in Deutschland bekommt ein kundenfreundliches Frühjahrsprodukt auf Wasser geliefert, in gewünschter Stückzahl gebündelt, mono oder gemischt, komplett verkaufsfertig inkl. Preisauszeichnung.

Viele Gärtnereien beschäftigen ihre Arbeitnehmer fast ganzjährig, im warmen Halbjahr draußen auf den Feldern, ab November bis April im Gewächshaus und in der Verarbeitung. Die meisten Betriebe sorgen mit eigenen Häusern sogar für die Unterbringung ihres Personals - nicht nur wegen des Wohnraummangels, den es in den Niederlanden ebenfalls gibt, sondern auch wegen der sozialen Verantwortung und zur Mitarbeiterbindung. Die Menschen arbeiten oft 48 Stunden pro Woche an sechs Arbeitstagen und haben dann nach der Saison zwei Monate frei.

In den dichtbesiedelten Niederlanden mit ihrer hohen agrarischen Produktivität ist der Umweltschutz ein sehr wichtiges Thema. „Der intensive Tulpensektor hat sich in den letzten Jahren äußerst dynamisch entwickelt", weiß Arjan Smit, Vorsitzender der Organisation der Schnitttulpengärtner (TPN) zu berichten. „Wir verwenden heute in der Tulpenzwiebelproduktion im Freiland nur noch einen Bruchteil der chemischen Mittel, die früher verwendet wurden. Wir sind stolz, dass es jetzt schon Roboter gibt, die auf den Feldern Tag und Nacht Unkräuter entdecken und sogar mit Lasern unschädlich machen. In den Gewächshäusern für die Treiberei von Schnitttulpen, wenden wir überhaupt keine Pflanzenschutzmittel an", so der Sprecher der Gärtnergruppe.

Die Schnitttulpenproduktion geschieht ausschließlich unter Glas in geschlossenen Systemen, mit aufgefangenem Regenwasser. Das verwendete Wasser wird vor Ort wieder gesammelt, mit Vlies gefiltert und mit UV-Licht gereinigt. Auch was den CO2-Ausstoß betrifft, ist die Branche weit. Manche Betriebe sind schon CO2 neutral, sammeln überschüssige Energie in riesigen Akkus unter der Erde oder geben sie an das Netz zurück.

Eben nicht einfach nur Tulpen

Den Tulpengefäßen vor dem Supermarkt oder im Eingangsbereich der Läden sieht man den ganzen Aufwand nicht an und auch die Verkaufspreise geben den Aufwand nicht wieder. Abgesehen davon gibt es viel mehr Sorten und auch eine „schwerere" Qualität, als das gängige oft einfache Sortiment im LEH. Die Marktforschung in den Niederlanden zeigt, dass besondere Sorten, aufregende Farben, Gefüllte, Lilienblütige oder Papageientulpen von den Kunden sehr geschätzt werden und auch dickere Sträuße finden begeisterte Abnehmer. Hier gibt es noch Entwicklungsbedarf! (Quelle: GPP)

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