Schweiz: "Wir müssen vorbereitet sein"

Christian Hofer ist seit 100 Tagen Leiter des Amtes für Landwirtschaft und Natur in Bern, dem größten Agrarkanton. Die Trockenheit war für ihn eines der Hauptthemen des Sommers.

Der Umgang mit Wasser und Trockenheit ist ein dominierendes Thema. Bild: ji

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Weit oben auf der Traktandenliste der ersten Amtstage Hofers stand die Trockenheit, die noch immer anhält. Massive Notabfischungen hätten stattgefunden, so Hofer vor den Medien in der Berner Altstadt. Auf rund 50 km Gewässerabschnitten wurden die Fische abgefischt und in Gewässer platziert, in denen der Pegelstand hoch genug war. Doch das Problem sei nicht vorbei, gab der Lanat-Chef zu bedenken. Noch immer sinken die Pegel gewisser Gewässer, weil längere Regenfälle ausgeblieben seien.

Der Landwirtschaft Spielraum gegeben

Großen Einfluss hat die Trockenheit auf die Berner Landwirtschaft. Im Gegensatz zu anderen Kantonen habe man aufgrund bestehender Regelungen nicht aktiv über Wasserentnahme-Verbote informieren müssen, so Hofer. Dies weil im Kanton aus einigen großen Gewässern wie der Aare Wasser entnommen werden darf, während dies in kleineren Bächen verboten ist. Bei allen anderen entscheiden die jeweiligen Pegelstände über die Möglichkeit zur Entnahme. Ausnahme bilden dabei die Grenzflüsse wie die Biberen.

Der Kanton habe zudem rasch reagiert und den Landwirten Spielraum gegeben, um mit der Trockenheit umgehen zu können. So zum Beispiel durch frühzeitiges Beweiden von Biodiversitätsförderflächen. Diesbezüglich habe sich auch das gute Einvernehmen mit dem Berner Bauernverband bezahlt gemacht, so der ehemalige Vizedirektor des BLW.

Mittel- und langfristige Maßnahmen nötig

Klar ist, dass künftig öfters mit solchen Wetterbedingungen gerechnet werden muss. "Wir werden auch in Zukunft mit diesem Problem konfrontiert sein", sagte Hofer. Man könne nicht jedes Jahr mit Notübungen überstehen, sondern müsse auch vorbereitet sein und sich auf diese Situation einstellen. Im Wasserbau sei man dabei, Niederwasser-Rinnen zu schaffen, damit auch bei tiefem Pegel Flussbereiche genügend Wasser aufweisen. Bestockungen am Ufer sollen ebenfalls den Fischen zugute kommen.

In der Wassernutzung sollen alternative Wasserbezüge erschlossen werden. Punktuell werde auch geprüft, ob das Grundwasser zur Bewässerung von Kulturen genutzt werden kann. In diesem Bereich müsse man aber sehr vorsichtig sein, da geringere Niederschläge auch den Grundwasser-Spiegel sinken lassen könnten. Alternative Bewässerungs-Systeme wie Tröpfchen-Bewässerung sind weitere Möglichkeiten, das Wasser effizienter zu nutzen.

"Ein sehr wichtiges und auch langfristiges Element sind sicher die Strukturverbesserungsmaßnahmen. Dort haben wird die Möglichkeit, Bewässerungsanlagen mitzufinanzieren", so Hofer. Gerade im Seeland müsse man künftig mit Ent- und Bewässerung weitreichender operieren und großräumiger denken, damit man auch in Zukunft die nötigen Infrastrukturen habe.

Verstärkte der Herdenschutz-Maßnahmen

Ein weiteres Thema im Kanton Bern sind die Großraubtiere. Eines davon - der Luchs - beschäftigt vor allem die Jäger. An einem runden Tisch sollen nun Schutz- und Jagdorganisationen zusammenkommen.

In der Landwirtschaft ein größeres Thema ist der Wolf. Das Jagdinspektorat geht derzeit von 2 Tieren im Kanton Bern aus, ohne dass es Anzeichen einer Rudelbildung gibt. Es sei herausfordernd, dass der Wolf im Kanton erst im Kommen sei, so Hofer. Das heiße, dass in gewissen Gebieten die Vorbereitungen bezüglich Herdenschutz noch nicht so weit seien wie zum Beispiel im Kanton Graubünden. "Es ist uns ein sehr großes Anliegen, die Landwirte im Sinne von Herdenschutzmaßnahmen zu unterstützen", sagte Christian Hofer weiter.

Das Lanat hat deshalb temporär den Herdenschutz mit einer zusätzlichen 50%-Stelle ausgebaut. Hofer stellt aber auch klar, dass nicht alle Gebiete geschützt werden könnten. Es werde an gewissen Orten zu Einschränkungen kommen. "Man muss die Anliegen der Landwirte ernst nehmen und sie unterstützen. Auf der anderen Seite muss man sich klar sein, dass der Wolf da ist und man gemeinsam konstruktive Lösungen finden muss", so Hofer.

Diesen Sommer war auch Bär M29 im Berner Oberland zugegen. Dieser verhält sich sehr scheu. Die große Herausforderung wird es sein, dass sich Bären nicht an die Menschen gewöhnen. Denn bei Bären gelte die Nulltoleranz, so Hofer.

"Wir brauchen eine saubere Bodenkartierung"

Als Ausblick schaute Lanat-Chef Hofer auf weitere Punkte, die im Kanton von hoher Priorität sind. Eines davon ist der Boden, wo im insbesondere im Seeland - der Gemüsekammer der Schweiz - Boden verloren geht (Siehe den LID-Artikel "Die Seeländer Bauern verlieren den Boden unter den Füßen" vom März 2018). Laut einer Umfrage unter Landwirten sollten dort auf einem Viertel des Bodens Aufwertungen gemacht werden. Das Große Moos befinde sich in einem Spannungsfeld, da es sowohl für die Produktion als auch für die Biodiversität von großer Bedeutung sei, sagt Hofer.

Als sehr wichtig erachtet Hofer die laufende Bodenkartierung. "Maßnahmen helfen nur, wenn wir den Boden kennen", so Hofer. Es handle sich um heterogene Böden und Aufwertungen müssten deshalb auf die vorhandenen Böden abgestimmt sein. (LID)

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