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Pflanzenschutzmittelzulassung: Klage stattgegeben
Die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Braunschweig hat den Klagen einer Herstellerin von Pflanzenschutzmitteln auf Zulassung von zwei Pflanzenschutzmitteln in Deutschland stattgegeben, der für die betroffenen Mittel bereits im Vereinigten Königreich pflanzenschutzrechtliche Zulassungen erteilt worden waren. Das Urteil der Kammer erging bereits am 30. November 2016 nach mündlicher Verhandlung.
Die Klägerin produziert Pflanzenschutzmittel und beantragte im Frühjahr/Sommer 2015 beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die Erteilung zweier pflanzenschutzrechtlicher Zulassungen im Wege der gegenseitigen Anerkennung. Für diese Präparate wurden der Klägerin bereits zuvor Zulassungen im Vereinigten Königreich erteilt. Das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung ist ein gemeinschaftliches Zulassungsverfahren. So kann der Inhaber einer Zulassung zum Inverkehrbringen eines Pflanzenschutzmittels u. a. dann eine Zulassung für dasselbe Pflanzenschutzmittel, für dieselben Verwendungen und unter vergleichbaren landwirtschaftlichen Bedingungen in einem anderen Mitgliedstaat beantragten, wenn die Zulassung von einem Mitgliedstaat erteilt wurde, der zur selben Zone gehört. Die Bundesrepublik Deutschland und das Vereinigte Königreich gehören derselben Zone an.
Da vom BVL zunächst keine Zulassungsentscheidungen getroffen wurden, erhob die Klägerin im März bzw. April 2016 Untätigkeitsklagen. Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens lehnte die Beklagte die Erteilung der pflanzenschutzrechtlichen Zulassungen schließlich mit Hinweis darauf ab, dass das Vereinigte Königreich als Referenzmitgliedstaat verschiedene rechtliche Vorgaben bei der dortigen Zulassung der Mittel nicht beachtet habe. So habe die Zulassungsbehörde u. a. veraltete Unterlagen und Leitlinien zugrunde gelegt, Deutschland vor der Zulassung keine Kommentierungsmöglichkeit eingeräumt und keinen vollständigen Bewertungsbericht erstellt; im Übrigen hätten die zu beteiligenden deutschen Behörden ihr Einvernehmen bzw. Benehmen verweigert. Die Klägerin habe zudem nur unvollständige Antragsunterlagen vorgelegt. Gegen diese Bescheide wandte sich die Klägerin während des weiteren Klageverfahrens.
Die zuständige Kammer hat entschieden, dass die Ablehnungsbescheide aufgehoben werden und sie hat die Beklagte verpflichtet, über die Anträge auf Zulassung der Pflanzenschutzmittel unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Die Kammer ist der Ansicht, dass dem BVL nur eine eingeschränkte Prüfungskompetenz bei pflanzenschutzrechtlichen Zulassungsverfahren der gegenseitigen Anerkennung im Hinblick auf die Zulassung im Referenzmitgliedstaat zukommt.
Grundsätzlich sei der anerkennende Mitgliedstaat an die Zulassungsentscheidung des Referenzmitgliedstaates gebunden. Eine Ausnahme sei nur dann gegeben, wenn ein Mitgliedstaat angesichts spezifischer ökologischer oder landwirtschaftlicher Bedingungen berechtigten Grund zu der Annahme habe, dass das betreffende Produkt ein unannehmbares Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier oder die Umwelt darstellt. Das gemeinsame europäische System der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln beruhe auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle beteiligten Staaten die rechtlichen Vorgaben beachten. Hieraus sei die Vermutung abzuleiten, dass die Bearbeitung von Zulassungsanträgen für Pflanzenschutzmittel in jedem Mitgliedstaat im Einklang mit den rechtlichen Anforderungen stehe. Erst wenn sich aufdränge, dass ein Referenzmitgliedstaat die im jeweiligen Zulassungsverfahren zu beachtenden Rechtsvorschriften systematisch verletze, bestehe im nationalen Anerkennungsverfahren Raum für eine weitergehende Überprüfung. Derartige systematische Mängel sah die Kammer in den vorliegenden Fällen jedoch nicht als gegeben an.
Eine Verpflichtung des BVL zur Erteilung der pflanzenschutzrechtlichen Zulassungen konnte die Kammer aber nicht aussprechen, da zunächst den zu beteiligenden nationalen Behörden in Deutschland Gelegenheit zur Stellungnahme im Hinblick darauf gegeben werden muss, ob ein unannehmbares Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier oder die Umwelt besteht.
Die Urteile sind rechtskräftig und abrufbar unter www.rechtsprechung.niedersachsen.de (Aktenzeichen: 9 A 27/16; 9 A 28/16).
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