NRW: Schotterwüsten werden zum Politikum

Nordrhein-Westfalen ist als das bevölkerungsreichste Bundesland in besonderem Maße vom Klimawandel betroffen. Ein wesentliches Instrument bei den Klimaanpassungsstrategien in den Großstädten sind Grünflächen.

Nordrhein-Westfalen ist als das bevölkerungsreichste Bundesland in besonderem Maße vom Klimawandel betroffen. Ein wesentliches Instrument bei den Klimaanpassungsstrategien in den Großstädten sind Grünflächen. Foto: VGL NRW/GPP.

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Unterschiedliche Stadtstrukturen haben direkten Einfluss auf die klimatischen Verhältnisse vor Ort. Insbesondere in den hochverdichteten Stadtzentren sowie den Gewerbe- und Industriegebieten mit geringem Grünflächenanteil zeigen sich die Auswirkungen des Klimawandels mit höheren Lufttemperaturen und einer damit einhergehenden stärkeren gesundheitlichen Belastung der Bevölkerung. Nordrhein-Westfalen ist als das bevölkerungsreichste Bundesland mit seinen Großstädten in besonderem Maße betroffen. Deshalb reicht es nicht aus, Klimaschutzmaßnahmen nur auf Landesebene durchzusetzen, sondern in vielen Kommunen werden konkrete Klimaanpassungsstrategien entwickelt. Ein wesentliches Instrument sind dabei Grünflächen. Langfristig angelegte Untersuchungen zeigen, dass selbst die so wichtigen großen städtischen Parkflächen eine räumlich begrenzte Klimawirkung haben - umso wichtiger ist es deshalb, auch kleine Grünräume bis hin zu privaten Vorgärten mitzudenken. Der Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Nordrhein-Westfalen (VGL NRW) betont deshalb vor allem die Bedeutung von vernetzten Grünstrukturen. Präsident H. Christian Leonhards: „Moderne Stadtentwicklung versteht die öffentlichen Grünflächen, aber auch Privatgärten und nicht zuletzt die Dach- und Fassadenbegrünung als Gesamtsystem. Wenn wir die Gesundheit und Lebensqualität der Menschen verbessern wollen, kommt es auf jeden Quadratmeter an!" Vor diesem Hintergrund sei auch die Debatte um Schotterwüsten in Vorgärten zu verstehen, die inzwischen in nahezu allen Stadt- und Gemeinderäten in Nordrhein-Westfalen intensiv geführt wird.

Baden-Württemberg geht voran

In seiner Sitzung vom 22. Juli 2020 hat der baden-württembergische Landtag dem Gesetzentwurf zur Änderung des Naturschutzgesetzes und des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes zugestimmt. Damit ist eine rechtlich verbindliche Stärkung der Biodiversität beschlossen - unter anderem mit einem Verbot von Schottergärten auf Privatgrundstücken. Umweltminister Franz Untersteller: „Im Einklang mit Naturschutz- und Landwirtschaftsverbänden haben wir heute ein Gesetzespaket beschlossen, das sich wirklich sehen lassen kann. Ich bin überzeugt, dass es nicht nur landesweit große Beachtung finden, sondern auch auf Bundesebene richtungsweisend sein wird." Für Nordrhein-Westfalen trifft das ganz sicher zu, betont der VGL NRW, schließlich seien in vielen NRW-Kommunen auf Basis der Landesbauordnung bereits Vorgartensatzungen beschlossen worden, die auf lokaler Ebene ebenfalls Verbote von Schottergärten festschreiben.

Gemeinsam mit Kommunen

Leonhards: „Es geht nicht um ästhetische Aspekte oder Geschmacksfragen, sondern darum, wie wir in Zukunft leben wollen. Der Klimawandel zwingt zu wirksamen Anpassungsmaßnahmen, aber darüber hinaus gibt es erhebliche Synergieeffekte durch die strategische Nutzung der grünen Infrastruktur." Zu berücksichtigen sei auch die Vernetzung von öffentlichen und privaten Grünflächen als wichtige Lebensräume für Insekten und Vögel, die dann gleichzeitig Naturerfahrungsräume für die Menschen sind. Außerdem hätten (Vor-)Gärten eine soziale Bedeutung als Begegnungsräume für die Nachbarschaft, so Leonhards weiter. Der Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau /(BGL) e.V., dessen Mitglied der VGL NRW ist, habe bereits 2017 mit der Initiative „Rettet den Vorgarten" eine Informationsoffensive gestartet. Die Branche setze dabei nicht auf Verbote, sondern auf Überzeugung mit guten Argumenten: „Es gibt viele gute Gründe für lebendige, gärtnerisch gestaltete Vorgärten, Schotterwüsten dagegen haben nur Nachteile." Auch viele NRW-Kommunen empfehlen auf ihren Websites oder in Broschüren eine individuelle und artenreiche Bepflanzung der Vorgärten. Der Verband habe in Kooperation mit Städten und Gemeinden sowie Naturschutz- und Wohnungseigentümerverbänden landesweit Informationsveranstaltungen und Fotowettbewerbe durchgeführt, um Hausbesitzer für das Thema zu sensibilisieren. Es gehe um eine gemeinsame Aufgabe zur Gestaltung von Lebensräumen. Auch in seinem Positionspapier zur Kommunalwahl 2020 betont der Verband den engen Schulterschluss der Branche mit der Lokalpolitik und -verwaltung: „Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel, steigende Erwartungen an den öffentlichen Raum, aber auch neue Sortimente, neue Formen der Pflanzenverwendung und angepasste Pflege- und Unterhaltungsaufgaben brauchen starke Grünflächen- aber auch Umweltämter. Der Garten- und Landschaftsbau steht den Kommunen zur Seite und bietet mit seiner breiten Expertise die Voraussetzungen für eine attraktive und funktionierende Grüne Infrastruktur. Gemeinsam mit Kommunen, Institutionen und Unternehmen tragen wir dazu bei, nachhaltige Konzepte umzusetzen und so die ökologische, ökonomische und gesellschaftliche Weiterentwicklung unserer Städte und Gemeinden zu unterstützen." (GPP)

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