Symposium: Pflanzengenetische Ressourcen bewahren

Sammler und Züchter präsentierten Neuheiten und historische Trends bei Schneeglöckchen, Leberblümchen, Iris und Pelargonien.

Historische Pelargonien-Ausstellung.

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Eine Erfolgsgeschichte für den Erhalt der biologischen Vielfalt das „Netzwerk Pflanzensammlungen“ initiiert von und angesiedelt bei der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft (DGG) geht in ihr sechstes Jahr und lockte im Rahmen einer zweitägigen Veranstaltung am 21. und 22. März mit einem vielseitigen Programm über 100 Teilnehmer aus dem Inund Ausland nach Berlin: Sammler und Züchter präsentierten Neuheiten und historische Trends bei Schneeglöckchen, Leberblümchen, Iris und Pelargonien. Aufgezeigt wurden zudem unterschiedlichen Erhaltungs- und Vermarktungsstrategien der nationalen Genbanken, Heilpflanzenproduzenten und privaten Vereinen aus Schweden, England, der Schweiz und Deutschland zur Sicherung der biologischen Vielfalt und das Aufzeigen von Potentialen und besonderen Merkmalen für Gartenbau und Medizin. Wichtige Weichen konnten für die Zukunft des Netzwerks Pflanzensammlungen gestellt werden.

Der Experten- und Datenpool kann nun ab dem 1. Juni 2017 unter der Koordination des Bundessortenamts in der Deutschen Genbank Zierpflanzen übernommen werden. Eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit zum Schutz der Vielfalt wurde von allen Beteiligten angestrebt. Denn schon zu viele alte Sorten sind unwiederbringlich verloren gegangen wie z.B. Iris susiana, die 1570 nach Deutschland eingeführt wurde. Die DGG wird sich als grünes Sprachrohr in Politik und Gesellschaft auch zukünftig um eine enge Zusammenarbeit mit den Pflanzensammlern und Pflanzenliebhaber- Gesellschaften bemühen: Die Fachgruppe Pelargonien hat sich bereits unter dem Dach der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft gebildet, weitere Fachgruppen sind in Planung.

An beiden Tagen drehte sich im Julius Kühn-Institut in Berlin alles unter der Moderation von Silke Peters um beliebte Gartenpflanzen, historische Sorten und wilden Verwandten und Ihren Potentiale für die Forschung, für die Züchtung im Gartenbau und für die Medizin. Dazu konnten hochkarätige Referenten aus Deutschland, England, Schweden, und der Schweiz gewonnen werden. Erstmals konnte die historische Pelargonien-Ausstellung „Form, Farbe, Duft“ der DGG-Fachgruppe Pelargonien im Rahmen der Veranstaltung präsentiert werden.

Einleitende Worte kamen zum Auftakt des Symposiums von Prof. Dr. Schulz, Leiter des Instituts für ökologische Chemie, Pflanzenanalytik und Vorratsschutz (JKI), von der Leiterin der Abteilung Sortenzulassung, Sortenschutz und Genetische Ressourcen im Bundessortenamt, Dr. Beate Rücker und vom DGG-Präsident Prof. Dr. Klaus Neumann, der auf die besondere Bedeutung des Erhalts der Vielfalt in Stadt und Land hinwies und dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und der Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft (BLE) für die 6-jährige Projektunterstützung dankte. „Das Netzwerk Pflanzensammlungen ist eine Erfolgsgeschichte und passt gut in die Tradition des Gründungsvaters der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft, Alexander von Humboldt, der unzählige Pflanzen sammelte und nach Europa einführte“.

Spannend wurde es gleich mit einem Bericht von James Armitage über Hortax in Großbritannien, der einzigen Organisation, die sich ausschließlich für die Taxonomie von Kulturpflanzen engagiert. Wie die Deutsche Genbank Zierpflanzen unter der Koordination von Dr. Burkhardt Spellerberg (Bundesssortenamt) strukturiert ist, wurde ebenso präsentiert wie das „Netzwerk Pflanzensammlungen“: 360 Sammler machen im Netzwerk mit, über 43000 verschiedene Arten und Sorten sind in der Datenbank für jedermann zugängig und besonders wertvolle, in ihrem Bestand gefährdete Pflanzensammlungen konnten nachhaltig gesichert werden. „Eine internationale Checkliste mit 1500 korrekt beschriebenen Phlox-Sorten wird zudem bald in Zusammenarbeit zweier Phloxexpertinnen über die Deutsche Gartenbau-Gesellschaft herausgegeben“ verkündigte die Projektleiterin Bettina de la Chevallerie.

Thematisch ging es weiter mit den Potentialen für Medizin und Forschung. Dr. Frank Marthe vom Julius Kühn-Institut berichtete über seine Evaluierungsmethoden pflanzengenetischer Ressourcen für die ackerbauliche, phytopathologische oder morphologische Nutzung am Bespiel einer Petersilien-Sammlung und Dr. Angelika Koch von der Frohme- Apotheke stellt alte bewährte Arzneipflanzen dem heutigen rechtlichen Umfeld der Arzneimittelzulassung gegenüber. Welchen Beitrag Heilpflanzenanbau und Wildsammlungen zur Erhaltung der Biodiversität leisten, diese Frage konnte Michael Straub, Leiter des WELEDAS Heilgarten und Begründer des Vereines Hortus officinarum beantworten. In Kooperation mit Wissenschaftlern und den Behörden am jeweiligen Anbauort werden nachhaltige Erntekonzepte entwickelt, so dass die Heilpflanzen am Wildstandort genutzt und zugleich gefördert werden können. Abschließend wurde über die Potentiale und Grenzen – Wildpflanzen schützen und nützen - diskutiert.

Am zweiten Tag ging es nahtlos über in die Praxis und private Sammler, Botaniker, Gärtnerinnen und Gärtner sowie Züchterinnen und Züchter stellten ihre Sammlungen mit Neuheiten und Trends vor. Zu Wort kamen der Salbeiexperte Volker Köpcke aus dem Loki-Schmidt Garten im Botanischen Garten Hamburg mit 400 verschiedenen Salbeiarten- und Sorten und der international anerkannte Iriszüchter- und Sammler Dr. Tomas Tamberg aus Berlin. „Ich bin galantophil“ bekannte Anne Repnow in ihrem Vortrag über das Schneeglöckchenfieber über die Grenzen Deutschlands hinaus und der national bekannte Leberblümchensammler Jürgen Peters aus Uetersen stellte seine „blauen Diamanten“ vor, die einen Liebhaberwert in Höhe eines Kleinwagens haben können.

Um historische botanische Schätze drehte sich alles im zweiten Themenblock. Alte Sorten neu entdecken, denn sie bergen ein enormes Potential und drohen aber auch verloren zu gehen, darüber referierte die Gartenhistorikerin Brigitte Wachsmuth. Bereits unwiederbringlich verschwunden ist die 1570 eingeführte Iris susiana, bekannt als die Dame in Trauer“, im höchsten Maße bedroht sind die gefüllten Primula vulgaris. Wie historische Pflanzen, die vor 1945 ins Land gekommen sind, vorbildlich gesichert werden und auch noch erfolgreich vermarktet werden können, dies zeigte die Kuratorin Karin Persson am Beispiel der Genbank in Schweden. Über den Reichtum alter Landpflanzen und dem dafür entwickelten Gütesiegel berichtete Bela Bartha von ProSpecieRara aus der Schweiz und Andreas von der Beeck zeigt am Beispiel der Pelargonie beliebte Trends auf. Daraus ergibt sich folgerichtig ein enormes Potential für den Gartenbau. Voraussetzung ist natürlich, dass möglichst viele Arten und Sorten erhalten bleiben. Über das Thema „Genpool und Vermarktung als Strategie“ wurde anschließend diskutiert. Einig waren sich die Teilnehmer am Schluss, dass, egal wie unterschiedlich die Strategien in der Schweiz, in Schweden oder in Deutschland bewertet werden, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit allen Akteuren und eine gute internationale Vernetzung angestrebt werden sollte, die dem Schutz der Artenvielfalt dienen soll.

Das Schlusswort hatte Lüder Nobbmann, Vorsitzender der 2009 in der DGG gegründeten BundesArbeitsgemeinschaft PflanzenSammlungen: „Wir machen praktisch und Ideell weiter mit unserer Arbeit zum Erhalt der biologischen Vielfalt“. In enger Absprache sollen die Gespräche mit den Pflanzenliebhaber-Gesellschaften und den Pflanzensammlern vertieft werden. „Hierzu wird es zeitnah Gespräche mit den Verantwortlichen der DGG geben, wo verschiedene Möglichkeiten zur Aufrechterhaltung des Netzwerk Pflanzensammlungen diskutiert werden. Die erfolgreiche Etablierung der DGG-Fachgruppe Pelargonien zeigt uns, dass Pflanzensammlungen Zukunft haben“, so Nobbmann.

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