Spargelanbau: Wie geht's weiter?

Nach zweijähriger, coronabedingter Unterbrechung fand erstmals wieder die Mitgliederversammlung sowie das traditionelle Spargelseminar der Vereinigung der Spargelanbauer Westfalen-Lippe e.V. in Münster-Wolbeck in Präsenz statt. Von Beginn an wurde deutlich, dass jeder der rund 80 Teilnehmer froh war, dass der Austausch untereinander und auch mit den 16 Ausstellern endlich wieder wie gewohnt stattfinden konnte. 

Einen konstruktiven Austausch zwischen den Betriebsinhabern Jochen Unterhansberg, Niclas Imholze, Jörg Umberg, Silvan Schulze-Weddige und Andrea Toppheide moderierte Hinrich Niemann. Bild: Spargelvereinigung WL e.V.  

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In seinem Vorstandsbericht resümierte der Vorsitzende, Willy Kreienbaum, das Jahr 2022 aus Sicht der Spargelanbauer in Nordrhein-Westfalen. Nach einem stabilen Start in die Saison mit zufriedenstellenden Verkaufszahlen, spiegelte sich schnell die Unsicherheit in der Bevölkerung auch negativ in deren Kaufverhalten gegenüber Lebensmitteln wider. Als Gründe hierfür sind primär der Krieg in der Ukraine und die damit verbundene Inflation zu nennen. 

Die diesjährige Saison blieb aber nicht ohne Lichtblicke. Die deutlich entspanntere Corona-Lage vereinfachte vor allem die Einreise für Saisonarbeitskräfte und sorgte für Entspannung bei der Personalbeschaffung. Positiv war ebenfalls der Start in die Spargelsaison, eine sehr gelungene Spargel-Saisoneröffnung, coronabedingt im kleineren Rahmen abgehalten, aber durchaus stimmungsvollen Pressekonferenz auf dem Spargelhof der Familie Grewing in Delbrück im Beisein der NRW-Spargelkönigin, Svea I.

Ein emotionaler Höhepunkt der Mitgliederversammlung war die Verabschiedung des langjährigen (seit 1991 aktiv im Vorstand tätig) Mitgliedes Matthias Kleiner, Bocholt, dem man für seinen unermüdlichen Einsatz für die Branche dankte.  Als sein Nachfolger wurde Silvan Schulze-Weddige aus Rheine einstimmig in den Vorstand gewählt, der nun als jüngstes Vorstandsmitglied, herzlichst aufgenommen wurde.

Im direkten Anschluss an die Mitgliederversammlung begann das traditionelle Wolbecker Spargelseminar. Ralf Große Dankbar und Carsten Wenke stellten das KTBL-Projekt vor, welches den Einsatz von nicht-selektiven Erntemaschinen ermöglicht. Thomas Brinkmann, selbst Betriebsinhaber, der die Förderung in Anspruch nahm und zugleich auch Maschinenbauingenieur. Er berichte von Vor- und Nachteilen, die er im täglichen Gebrauch der Maschinen wahrnahm und ihn ein eher skeptisches Resümee ziehen ließen.

Im Anschluss referierte Bernhard Böckenhoff, Böckenhoff Folien Gmbh, von seinen Erfahrungen mit einer selektiven Erntemaschine von AVL-Motion. Vor allem die deutlich höhere Stechleistung gegenüber der Handernte sowie der geringere Personalbedarf ließ ihn ein positives Fazit ziehen, gleichzeitig machte er aber auch deutlich, dass sich der Einsatz nur bei einer mind. 16-stündigen Laufzeit pro Tag lohnt.

Als besonders Highlight konnten die Teilnehmer anschließend die selektive Erntemaschine AVL 9000 auf dem Hof des Bildungszentrums vor Ort begutachten. Arno van Lankveld, Gründer von AVL Motion, stellte sein Produkt im Detail vor. Mit hohem Interesse verfolgten die Teilnehmer seinen Erläuterungen und es wurde deutlich, dass viele Betriebsinhaber realisieren, dass der Einsatz der Maschinen die Branche deutlich verändern kann.

Jürgen Schulze, UBIGA, warf zunächst einen wirtschaftlichen Blick zurück auf das Jahr 2022. Betriebswirtschaftliche Fragen, die die Mitglieder im Vorfeld stellen konnten, beantwortete Schulze während seines Vortrages. Er verdeutliche, dass sich heimische Spargelanbauer sowohl im Bereich der Mechanisierung auf dem Feld, der Altersstruktur der Kulturen als auch bei der Außendarstellung ständig weiterentwickeln müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Gleichzeitig machte er auch deutlich, dass eine fortlaufende Analyse des Kaufverhaltens notwendig ist, um eine angemessene Produktion zu gewährleisten: „Spargel und Erdbeeren sehen Verbraucher angesichts der momentanen Verteuerung und Krise nicht in Gefahr, weil sie erwarteten, von der heimischen Produktion versorgt zu werden, daher sind sie auch weniger bereit hier mehr auszugeben. Sie glauben also nicht, dass die Krise einen Einfluss auf die Produktion habe, so Schulze".

 Frank Saalfeld, Geschäftsführer des Netzwerkes der Spargel und Beerenverbände e.V., unterstrich die Wichtigkeit einer Imagekampagne für den Deutschen Spargelanbau. Er machte deutlich, dass der Lebensmitteleinzelhandel den Endverbraucher mit bewusst irreführenden Informationen locken kann und somit ausländische Erzeugnisse stärkt. Dem könne man nur mit einer Kampagne begegnen, die die hohe Qualität der regionalen Produkte verdeutlicht und so den Kunden wieder bewusster einkaufen lässt. Eine Blitz-Umfrage unter den Anwesenden machte deutlich, dass eine solche Kampagne von den Betrieben mitgetragen und auch für notwendig gehalten wird.

Einen konstruktiven Austausch zwischen den Betriebsinhabern Jochen Unterhansberg, Niclas Imholze, Jörg Umberg, Silvan Schulze-Weddige und Andrea Toppheide moderierte Hinrich Niemann. Obwohl die Talkgäste aus unterschiedlichen Regionen Deutschlands stammen, ähneln sich jedoch die Ängste und Hoffnungen im Hinblick auf die Zukunft unserer Branche. So wurde deutlich, dass man 2023 eine im Vergleich zu diesem Jahr eine leicht verkaufsschwächere Saison erwartet. Um dem zu begegnen, wurde die Wichtigkeit von innovativen Ideen und der Anpassung an ein anderes Kaufverhalten unterstrichen. Gleichzeitzeitig nannte man geschlossen die Wichtigkeit der Nachwuchsgewinnung, um die Kunden der Zukunft für den Spargel zu begeistern. 

Das Fazit dieser Runde: ein Flächenrückgang + eine Preisanhebung sei auf Dauer unumgänglich, durch eine direkte Anhebung sicherlich nicht durchzusetzen, aber durch die Optimierung von indirekten Maßnahmen, nötig und möglich.  Besonders kritisch wurde zudem von allen Talkgästen die Preispolitik des Lebensmitteleinzelhandels genannt. Hier war man sich einig, diesen nicht dauerhaft akzeptieren zu wollen. (Spargelvereinigung WL e.V.)

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