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Raiffeisenverband: Preisdruck führt zu Umsatzrückgang
„Das Wirtschaftsjahr 2015 war von deutlichen Preisrückgängen bei Agrarrohstoffen sowohl im pflanzlichen als auch tierischen Bereich und bei Betriebsmitteln wie Futtermittel sowie Mineralölprodukten geprägt. Die 2.250 genossenschaftlichen Unternehmen melden einen Umsatzrückgang von 8,5%. Der Gesamtumsatz verringerte sich auf 60,8 Mrd. Euro (Vorjahr 66,4 Mrd. Euro). Einschneidend waren die Veränderungen in der Milchwirtschaft (-14,9%), bei den Agrargenossenschaften (-10%), in der Warenwirtschaft (-7,9%) und der Sparte Vieh und Fleisch (-6,1%). Der Geschäftsverlauf bestätigt die starke Abhängigkeit des deutschen Agribusiness vom Außenhandel, von Wirtschaftskrisen, geopolitischen Konflikten und Wechselkursrisiken“, erläutert Dr. Henning Ehlers, Generalsekretär des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV), bei der Bilanz-Pressekonferenz in Berlin.
Für 2016 rechnet Dr. Ehlers weiterhin mit angespannten, unter Druck stehenden Märkten. „Bevor eine nachhaltige Erholung eintritt, muss erst das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf den nationalen und internationalen Märkten erreicht werden. Zwar dürften sich die Exporte in den asiatischen Raum stabilisieren, eine spürbar anziehende Nachfrage erkenne ich derzeit jedoch nicht. Auch eine Lockerung des russischen Importstopps ist angesichts der politischen Großwetterlage unwahrscheinlich“, so Dr. Ehlers.
Warenwirtschaft: Preisbedingte Rückgänge
Die Unternehmen der Warenwirtschaft haben sich 2015 trotz deutlicher Umsatzeinbußen auf den wettbewerbsintensiven Märkten behauptet. Der Gesamtumsatz beträgt 34,8 Mrd. Euro (2014: 37,8 Mrd. Euro). Maßgeblich für den Rückgang um 7,9% sind die deutlich niedrigeren Erlöse für Getreide und Mineralölprodukte.
Mit 48,2 Mio. t wurde in Deutschland eine mengenmäßig leicht überdurchschnittliche und qualitativ gute Getreideernte eingefahren. “Allerdings sind die globalen Getreide- und Ölsaatenmärkte mehr als reichlich versorgt. Als Folge stehen die Notierungen massiv unter Druck. Exporte tragen derzeit nur begrenzt zur Entlastung bei. Ein Grund dafür ist die qualitativ und quantitativ gute Getreideernte in Frankreich. Dadurch haben deutsche Exporteure insbesondere in Nordafrika erhebliche Marktanteile verloren. Zudem leiden zahlreiche Importstaaten in Nordafrika und im Nahen Osten unter dem niedrigen Ölpreis. Sie haben ihre Einfuhren gedrosselt“, so Dr. Ehlers.
Die trockene und warme Witterung machte 2015 vielerorts Fungizid-Behandlungen überflüssig. Regional wurde auf die letzte Düngergabe verzichtet. Das führte in den Betriebsmittel-Sparten Düngemittel und Pflanzenschutz – trotz gestiegener Preise – insgesamt zu einem leichten Umsatzminus. Die Investitionsbereitschaft der Landwirte in moderne Agrar- und Stalltechnik ging 2015 spürbar zurück. Die Umsätze in der Agrartechniksparte liegen leicht unter Vorjahresniveau.
Die Futterwirtschaft konnte die Produktionsmengen über alle Segmente auf Vorjahresniveau halten. Beim Milchleistungsfutter drückten die gute Grundfuttersituation und niedrigen Auszahlungspreise deutlich auf den Absatz und das, obwohl die Milcherzeugung ausgedehnt wurde. Angesichts der schwierigen Marktlage bei den Milch- und Schweinefleischerzeugern geht der DRV für 2016 von einer stagnierenden bis leicht rückläufigen Futtermittel-Nachfrage aus. Einziger Lichtblick ist Geflügelfutter mit einem leichten Wachstum.
In den Diversifikationssparten hatte der erneut milde Winter Einfluss auf das Geschäftsergebnis. Der Absatz von Heizöl und Ottokraftstoff ist moderat zurückgegangen, beim Dieselkraftstoff erneut leicht gestiegen. Allerdings sanken die Umsatzerlöse aufgrund des dramatischen Preisverfalls auf ein seit Jahren nicht gekanntes Niveau.
Die Perspektiven der Warengenossenschaften werden immer stärker von den internationalen Rohstoffmärkten und politischen Einflüssen bestimmt. „Sorgen bereitet mir zudem die anhaltende Debatte um die moderne Agrarwirtschaft in Deutschland. Unsere Branche ist in einer permanenten Verteidigungsposition. Leichtfertig wird mit den Ängsten der Verbraucher gespielt. Das zeigen die Diskussionen um Glyphosat und Gentechnik. Beim Pflanzenschutz ist zu befürchten, dass kaum noch neue Wirkstoffe zugelassen werden können“, kritisiert der Generalsekretär.
Milchwirtschaft: Preise über Warenterminmärkte absichern
Für die Milcherzeuger und ihre Molkereien war 2015 ein außergewöhnlich hartes Wirtschaftsjahr. Für das Wirtschaftsjahr ergibt sich in Deutschland eine leicht höhere Anlieferung von rd. 31,5 Mio. t. Das anhaltend hohe Angebot trifft unvermindert auf eine global schwache Nachfrage. Die Umsätze der genossenschaftlichen Molkereiunternehmen, die jährlich Mrd. 20 Mio. t Milch verarbeiten, verringerten sich um knapp 15% auf 12,6 Mrd. Euro.
Die Erzeuger- und Produktpreise bewegten sich auf sehr niedrigem Niveau. Auslöser waren weltweit hohe Anlieferungen in Kombination mit der Kaufzurückhaltung Chinas und der Erdöl exportierenden Länder. Nicht zuletzt das russische Importverbot für europäische Agrarprodukte erhöhte den Druck. Mit den sinkenden Markterlösen gaben die Auszahlungen weiter nach, wobei die Entwicklung regional sehr differenziert zu betrachten ist. Der Jahresdurchschnitt liegt bei rund 29 Cent. Das ist ein Rückgang um etwa 23 Prozent oder 8,5 ct/kg gegenüber dem Vorjahr. 2014 lag die Rekordauszahlung bei 37,58 ct/kg.
„Dieser enorme Preisverfall ist für viele Erzeuger existenzgefährdend. Die Schwankungen sind jedoch Weltmarkt induziert. Ohne Außenschutz lassen sie sich nicht unterbinden. Ein Abpuffern schwankender Milchpreise ohne staatliche Eingriffe ist nur über zusätzliche vertragliche Vereinbarungen, ergänzt durch ein Engagement an Warenterminbörsen, möglich. Hierzu ist eine umfassende Aufklärung über das komplexe Geschehen an Terminbörsen notwendig. Die Milcherzeuger müssen sich mit dem Gedanken anfreunden, dass diese Preisabsicherung mit Kosten verbunden ist und nicht immer der höchste Auszahlungspreis erreicht werden kann. Vorausschauendes, risikobewusstes Handeln ist erforderlich. Deshalb hat der DRV kurzfristig gemeinsam mit dem Kieler ife Institut für Ernährungswirtschaft die Seminarreihe „Milchpreisabsicherung über Warenterminmärkte“ auf den Weg gebracht. Im Dezember 2015 wurden ehren- und hauptamtliche Entscheider geschult, wie sie das Instrument der Warenterminbörse wirksam zur Preisabsicherung einsetzen können. Weitere Seminare folgen im Frühjahr dieses Jahres“, kündigt Dr. Ehlers an.
„Wir erwarten Rückendeckung von der Politik und tatkräftige Unterstützung vom Berufsstand bei der Nutzung dieses Instrumentariums. Kritikern der Termingeschäfte müssen wir geschlossen entgegentreten. Die alte Mär, dass ein Engagement an Terminbörsen mit Spekulation gleichzusetzen ist, muss ein Ende haben“, betont der Generalsekretär.
Vieh- und Fleischwirtschaft: Sorgen um Schweinemarkt
Das Geschäftsjahr 2015 verlief in den einzelnen Sparten der genossenschaftlichen Vieh- und Fleischwirtschaft sehr unterschiedlich. Das Marktgeschehen in der Schweinefleisch erzeugenden Kette war geprägt von Produktionssteigerungen mit einem höheren Angebot bei unverändert wirksamen Handelsrestriktionen. Das führte zum weiteren, deutlichen Preisverfall bei Ferkeln und Mastschweinen. Der Rindfleischmarkt war hingegen von steigenden Notierungen gekennzeichnet. Der Umsatz der genossenschaftlichen Vieh- und Fleischwirtschaft ging um 6 Prozent auf 6,2 Mrd. Euro zurück. Dieses Ergebnis ist ausschließlich dem Preisverfall am Schweinemarkt geschuldet.
„Die Schweinehalter können im ersten Halbjahr 2016 keine spürbare Verbesserung erwarten. Die Prognosen für den Schlachtbereich deuten auf ein gleich hohes Niveau wie 2015 hin. Die latente Gefahr der Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest von Osteuropa in Richtung Westen birgt weiterhin Unsicherheiten für die Fleischproduktion in Deutschland und der EU“, so Dr. Ehlers.
Die Branche bringt sich weiterhin intensiv in die gesellschaftspolitische Debatte um die moderne Nutztierhaltung ein. Des Weiteren stehen langfristige Lösungsstrategien, wie die Initiative Tierwohl und deren Finanzierung im Mittelpunkt der aktuellen Beratungen. In diesem Zusammenhang gilt es, die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. „Politische Rahmenbedingungen sowie die Aufhebung veterinärrechtlicher Handelsbeschränkungen haben maßgeblichen Einfluss auf die Marktchancen und Exportmengen Deutschlands in Drittlandstaaten. Zur Lösung der Probleme sind wir im engen Austausch mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium“, so Dr. Ehlers.
Obst, Gemüse, Gartenbau: Gemeinsam schmeckt’ s besser
Die Umsätze der 84 Unternehmen der genossenschaftlichen Obst-, Gemüse- und Gartenbauwirtschaft stiegen um rund 3% auf 3,4 Mrd. Euro. Nach den Rekordernten des Vorjahres fiel die Obsternte in den deutschen Anbaugebieten deutlich kleiner aus. Ausschlaggebend dafür war die anhaltende Trocken- und Hitzeperiode. Gestützt durch kleinere Ernten bei Konkurrenzprodukten aus europäischen Herkunftsgebieten lagen die Preise deutlich über Vorjahresniveau. Trotz schwieriger Rahmenbedingungen hat sich der deutsche Gemüsemarkt 2015 erholt. Allerdings war das Marktwachstum ausschließlich preisbedingt. Die Inlandsernte fiel kleiner aus und die Einkaufsmengen der Verbraucher stagnierten. Sehr erfolgreich verläuft weiterhin die Verbraucherkampagne der Erzeugerorganisationen „Deutschland – Mein Garten“. 2016 steht sie unter dem Motto „Gemeinsam schmeckt’ s besser“.
Winzergenossenschaften: Stabiler Umsatz – exzellente Weine
Insgesamt wurde eine mengenmäßig durchschnittliche, aber qualitativ herausragende Ernte für exzellente Weine aller Prädikatsstufen eingelagert. In den Premiumsegmenten erwarten die 165 Winzer- und Weingärtnergenossenschaften gehaltvolle und langlebige Spitzenweine. Bundesweit wurde eine Weinernte von rund 9,03 Mio. hl eingefahren. Das ist ein Minus von 2% gegenüber 2014. Die Winzer- und Weingärtnergenossenschaften haben rund 2,8 Mio. hl gelesen. Sie erzielten erneut einen Jahresumsatz von 800 Mio. Euro. Fusionen und Kooperationen sind eine Möglichkeit, die Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliche Situation weiter zu verbessern.
Offen ist, wie sich das ab 1. Januar 2016 geltende EU-Autorisierungssystem für Rebpflanzungen langfristig auswirkt. Denn erstmals seit den siebziger Jahren wird die europäische Rebfläche ausgedehnt.
Agrargenossenschaften: Wirtschaftliche Lage verschlechtert
Die 750 dem DRV angeschlossenen Agrargenossenschaften blicken auf ein ausgesprochen schwieriges Wirtschaftsjahr zurück. Die seit 2014 sinkenden Erzeugerpreise treffen insbesondere die tierische Veredelung. Die Erlösrückgänge betragen im Durchschnitt der Produktionsrichtungen ca. 10%. Der Umsatz der Gruppe liegt bei rund 2 Mrd. Euro. Die Agrargenossenschaften befinden sich – wie andere Betriebsformen auch – in einer angespannten wirtschaftlichen Lage. Entlastungen bei den Aufwendungen für Betriebsmittel wie Futtermittel und Energie konnten die Rückgänge nicht auffangen.
„Die Agrargenossenschaften sehen die Entwicklungen auf den Märkten mit Sorge. Sollte die Niedrigpreisphase unvermindert anhalten, geraten selbst Vorzeigebetriebe in Existenznot. Da sich gegenwärtig keine nachhaltige Erholung bei Milch und Schweinefleisch abzeichnet, ist die Agrarpolitik gefordert, die Wettbewerbskraft der deutschen Landwirtschaft zu sichern“, betont der DRV-Generalsekretär. (drv)
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