Mehr als nur Härchen: Trichome und ihre Bedeutung

Die Cannabispflanze ist in ihrer Gesamtheit komplex aufgebaut. Zwischen den sichtbaren Strukturen wie Blättern, Blütenständen und Stängeln existieren winzige, oft übersehene Details, die in mehrfacher Hinsicht bedeutsam sind. Eines dieser Elemente sind Trichome – haarähnliche Auswüchse, die an zahlreichen Pflanzenarten vorkommen, bei Cannabis jedoch eine besondere Rolle einnehmen.

Trichome haben sich evolutionär nicht ohne Grund entwickelt. Bild: Zhukova Valentyna/Shutterstock.

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Besonders bei Hanfpflanzen übernehmen Trichome wichtige Funktionen – nicht nur zur Abwehr, sondern auch bei der Bildung von Cannabinoiden und Terpenen. Das, was auf den Blüten wie ein zarter, kristalliner Belag aussieht, ist in Wirklichkeit eine vielschichtige Schutz- und Produktionsstruktur.

Unterschiedliche Trichomtypen und ihre Funktionen

Nicht alle Trichome sehen gleich aus – im Gegenteil: Auf der Cannabispflanze existieren verschiedene Typen, die sich sowohl in Größe als auch Aufbau unterscheiden. Die kleinsten Vertreter sind die knolligen Trichome. Sie bestehen aus nur wenigen Zellen, sind etwa 10 Mikrometer breit und lassen sich nur unter dem Mikroskop erkennen. Kopfsegge-stiellose Trichome sind bereits etwas größer und zeichnen sich durch einen sichtbaren Drüsenkopf aus. Die wichtigste Rolle aber spielen die kopfsegge-gestielten Trichome. Mit einer Größe von 200 bis 300 Mikrometern sind sie gut erkennbar und bilden den Hauptort für die Synthese und Speicherung von Cannabinoiden, Terpenen und Flavonoiden.

Daneben existieren weitere Trichomtypen wie einzellige, haarähnliche Auswüchse ohne Kopf sowie cystolithische Trichome, deren gekrümmte Härchen ebenfalls keine Wirkstoffe speichern. Eine Sonderform stellen die antheriale-stiellosen Trichome dar, die zwar kleiner als ihre gestielten Verwandten sind, jedoch ebenfalls Wirkstoffe produzieren können. Die Vielfalt dieser mikroskopischen Strukturen zeigt, wie differenziert die Cannabispflanze auf ihre Umwelt reagiert – durch Schutz, Kommunikation und Stoffproduktion.

Wie Wirkstoffe in Trichomen entstehen

Die Synthese von Cannabinoiden und anderen Inhaltsstoffen erfolgt überwiegend während der Blütephase. Zu diesem Zeitpunkt beginnen spezialisierte Zellen in der äußeren Schicht der Pflanze – der Epidermis – sich zu differenzieren. Aus ihnen entwickeln sich die Trichome, in deren Kopfzellen die sogenannten sekretorischen Prozesse ablaufen. Dort entsteht durch enzymatische Reaktionen aus dem Vorläufermolekül CBGA eine Vielzahl von Cannabinoidsäuren wie THCA und CBDA. Diese Säuren sind biologisch inaktiv und werden erst durch Hitzeeinwirkung in psychoaktive oder nicht-psychoaktive Cannabinoide wie THC oder CBD umgewandelt.

Auch Terpene – verantwortlich für Geruch und Geschmack – werden in den Trichomen produziert. Sie entstehen über den Isoprenoid-Stoffwechsel und verleihen jeder Sorte ihr charakteristisches Aroma. Flavonoide, die unter anderem die Farbe der Pflanze beeinflussen, entstehen ebenfalls in diesen winzigen Drüsenstrukturen. Die Trichome sind also nicht nur Schutzmechanismen, sondern hochspezialisierte biochemische Produktionsstätten.

Schutzschild gegen Licht, Hitze und Fressfeinde

Trichome haben sich evolutionär nicht ohne Grund entwickelt. Sie dienen in erster Linie dem Schutz der Pflanze vor äußeren Einflüssen. Der klebrige Harzfilm, den sie absondern, hält Schädlinge und Fressfeinde fern. Gleichzeitig reflektieren Trichome UV-Strahlung und schützen so empfindliche Zellstrukturen vor Schäden. Auch Temperaturschwankungen werden durch diese Schicht besser ausgeglichen. In der freien Natur und im Indoor-Anbau erhöhen Trichome somit die Widerstandsfähigkeit der Pflanze.

Darüber hinaus können Trichome auch Hinweise auf den richtigen Erntezeitpunkt liefern. Während der Reifung verändern sie ihre Farbe von klar zu milchig und später zu bernsteinfarben. Diese Veränderungen deuten darauf hin, wie hoch der Anteil einzelner Cannabinoide ist. Ein hoher THC-Gehalt wird meist bei milchigen Trichomen erreicht, während bernsteinfarbene Drüsen einen höheren Anteil an CBN aufweisen – ein Abbauprodukt von THC, das eher beruhigend wirkt. Wer auf ein bestimmtes Wirkungsspektrum abzielt, kann die Ernte daran anpassen.

Umweltfaktoren beeinflussen die Trichomdichte

Die Produktion von Trichomen ist nicht allein genetisch gesteuert, sondern hängt auch stark von Umwelteinflüssen ab. Besonders Licht spielt eine große Rolle: Je höher die UV-Belastung, desto stärker fällt die Harzbildung aus. Dies ist kein Zufall, denn das Harz fungiert als Lichtschutzfilm. Auch Temperatur und Luftfeuchtigkeit wirken sich auf die Trichomentwicklung aus. Während der Wachstumsphase gelten Temperaturen von 20 bis 28°C als ideal, in der Blütephase sind leicht kühlere Bedingungen von Vorteil. Nachts sollte es etwa 5 bis 10°C kühler sein, um natürliche Reizfaktoren zu simulieren, die die Pflanze zur Blütenbildung anregen.

Auch Luftzirkulation und eine stabile relative Luftfeuchtigkeit um die 50% fördern ein gesundes Pflanzenklima. Zusätzlich kann gezieltes Entlauben dabei helfen, dass mehr Licht an tiefere Blütenbereiche gelangt – was wiederum die Harzdrüsenbildung anregt. Allerdings ist hier Vorsicht geboten: Ein zu starker Rückschnitt kann Stress erzeugen und das Pflanzenwachstum negativ beeinflussen.

Farbige Trichome: Schön, aber nicht wirkungsrelevant

Manche Cannabissorten bilden violette Trichome aus – ein Effekt, der häufig fälschlich mit besonders starker Wirkung gleichgesetzt wird. Die violette Färbung geht auf sogenannte Anthocyane zurück, Farbpigmente aus der Gruppe der Flavonoide. Ihre Bildung wird durch genetische Faktoren ebenso begünstigt wie durch äußere Einflüsse: UV-Licht, saurer Boden oder kühle Nächte können die Pigmentierung verstärken. Optisch kann das beeindruckend wirken, am Gehalt von Cannabinoiden oder Terpenen ändert sich dadurch jedoch nichts.

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