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LVWO Weinsberg: Multikoptereinsatz im Obstbau
Multikopter werden in der Landwirtschaft bereits für verschiedenste Anwendungen eingesetzt. Als Plattform für optische Sensoren zur Fernerkundung, Rehkitz-Rettung, zur Ausbringung von Nützlingen oder Pflanzenschutzmitteln. Der Einsatz von optischen Sensoren findet im Ackerbau bereits in vielen Flächenkulturen wie Getreide, Mais oder Raps statt. Optische Sensoren messen die Blattreflexion im sichtbaren Licht sowie im nahen Infrarot (NIR)-Bereich und ermöglichen dadurch eine Bewertung der Pflanzenvitalität, die Messung und Quantifizierung von Stressfaktoren sowie die Erkennung von Krankheiten.
Die Ergebnisse dieser Sensoren können eine teilflächenspezifische Bewirtschaftung ermöglichen, mit dem Ziel, die Qualität der Produkte auf einer Fläche zu vereinheitlichen. Durch gezielte Steuerung von Bewässerungen oder dem Dünger- bzw. Pflanzenschutzmitteleinsatz lassen sich Ressourcen einsparen und Kosten reduzieren. Anderseits können die Ergebnisse dazu genutzt werden, verschiedene Qualitäten auf einer Fläche zu identifizieren und diese getrennt voneinander zu ernten.
Die Übertragung auf Raumkulturen im Obst- oder Weinbau stellt jedoch eine Herausforderung dar. Vegetation unterschiedlichen Alters, verteilt auf unterschiedliche Höhen, verkomplizieren die Messungen und erhöhen die Anforderungen an die Datenanalyse.
Die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau (LVWO) Weinsberg zielt im Obstbau mit dem Einsatz von Multikoptern und optischen Sensoren auf die Erkennung der Stickstoffversorgung und von Schadsymptomen aus der Luft ab.
Prinzip der Blattreflexionsmessung
Die Laubfläche von Pflanzen reflektiert einen Teil des einstrahlenden Sonnenlichts. Optische Sensoren dienen im Pflanzenbau zur Messung der Reflexion von Laubfläche oder einzelnen Blättern im sichtbaren und NIR-Bereich.
Die Reflexion der Laubfläche enthält charakteristische Merkmale. So enthält reflektiertes Licht im sichtbaren Bereich einen hohen Grün-Anteil, der die geringen Rot-und Blau Anteile im sichtbaren Spektrum überlagert. Grund hierfür ist, dass diese Lichtbereiche vom Chlorophyll für die Photosynthese absorbiert und nur in geringem Maße reflektiert werden. Die Blattreflexion im nahen Infrarot-Bereich wird durch weitere Faktoren, z.B. die Wasserversorgung der Pflanze oder einen Krankheitsbefall, beeinflusst.
Eine gesunde Pflanze hat eine hohe Reflexion im NIR-Bereich und eine geringe Reflexion im roten und blauen Bereich. Eine kranke Pflanze reduziert aufgrund eines Stressfaktors die Photosynthese-Leistung, wodurch sich der reflektierte Anteil an rotem und blauem Licht erhöht. Gleichzeitig wird die Reflexion von NIR-Strahlung reduziert, da dieser Bereich bei kranken Pflanzen tiefer ins Gewebe eindringen kann.
Optische Sensoren bestehen in der Regel entweder aus Kamerasystemen mit speziellen Farbfiltern zur Erfassung der unterschiedlichen Bereiche (Rot, Grün, Blau, NIR) oder verfügen über Systeme, die eine Messung der Blattreflexion in einzelne Wellenlängen ermöglichen. Im Bereich der Fernerkundungsmethoden über die Luft werden hier ausschließlich passive Sensoren verwendet, die im Gegensatz zu aktiven Sensoren über keine eigene Lichtquelle verfügen, sondern die Reflexion des einstrahlenden Sonnenlichts messen.
Ziele und Einsatzgebiete optischer Sensoren
Die Einsatzgebiete für optische Sensoren sind vielseitig. Einfache Kameras können beispielsweise zur Kontrolle des Bestandes oder zur Dokumentation von Wildschäden eingesetzt werden. Diese Kameras können in Kombination mit spezieller Auswertesoftware auch zur Messung der Biomasse im Bestand verwendet werden. Dadurch können Parameter wie Pflanzenvolumen oder Kronendurchmesser durch Fotoaufnahmen beim Überfliegen der Fläche gemessen werden.
Kamerasysteme, die einzelne Farbbereiche und NIR-Strahlung detektieren, finden in der Messung von allgemeinem Pflanzenstress Anwendung. Durch die Verrechnung des reflektierten blauen bzw. roten Bereichs mit der NIR-Strahlung wird ein Vegetationsindex berechnet, der eine allgemeine Aussage über die Vitalität bzw. photosynthetische Aktivität einer Pflanze oder eines Pflanzenbestands in Abhängigkeit der Pflanzenart ermöglicht.
Die Identifizierung und besonders die Quantifizierung von spezifischen Stressfaktoren von Pflanzen sind hingegen wesentlich aufwendiger und teurer. Hier kommen entweder Filter zum Einsatz, die statt Farbbereiche nur einzelne Wellenlängen passieren lassen, oder Hyperspektralkameras zur Messung der Blattreflexion in einzelne Wellenlängen. So lassen sich Trockenstress, Nährstoffmangel (besonders mit Schwerpunkt auf Stickstoff) und Pilzinfektionen erkennen und voneinander unterschieden. Durch Voruntersuchungen der jeweiligen Stressfaktoren unter kontrollierten Bedingungen lässt sich die Intensität des einzelnen Stressfaktors bzw. Mangels erfassen.
Verfügbare Systeme an der LVWO Weinsberg
Grundsätzlich gibt es verschiedene Arten von Flugplattformen, Multikopter und Starrflügler. Multikopter verfügen über mehrere Rotoren und können sehr präzise auch mit hoher Zuladung über Flächen gesteuert werden, während Starrflügler mittels Tragfläche und Propeller zur Unterstützung eine höhere Flächenleistung aufweisen, jedoch große Flächen für Wendemanöver einplanen müssen. Beide Plattformen sind in der Regel mit Software für den autonomen Flug ausgestattet.
Multikopter (Flugplattformen)
An der LVWO Weinsberg stehen unterschiedliche Kombinationen aus Multikopter und optischen Sensoren zur Verfügung, um den einzelnen Fragestellungen nachzugehen. Im Obst- und Weinbau werden an der LVWO Weinsberg ausschließlich Multikopter eingesetzt. Zum einen ermöglichen sie den Anbau von schweren Kamerasystemen und vermeiden durch die präzise Steuerung das Überfliegen angrenzender Flächen von anderen Eigentümern, wodurch deren Erlaubnis nicht eingeholt werden muss.
Multispektralkameras
Kamerasysteme, die nur einen bestimmten Farbbereich bzw. NIR-Strahlung der Blattreflexion detektieren, bezeichnet man als Multispektralkamera. Diese bestehen entweder aus einem Filter, der nur für einen bestimmten Farb- bzw. Wellenlängenbereich durchlässig ist, oder aus einem dualen Filter, der für blaues oder rotes Licht und gleichzeitig NIR-Strahlung durchlässig ist.
Bereits vorhandene Kamerasysteme am Multikopter, können durch einen Umbau mit dualen Filtern ergänzt werden und bilden dann die Gruppe der sogenannten konvertierten Kameras. Die Kamera des DJI Phantom 3 kann von speziellen Firmen wie droneparts.de zur Messung der Pflanzenvitalität umgerüstet werden. Das „Smart Farming Package“ von DJI verfügt bereits über eine konvertierte X3- Kamera mit Rot-NIR-Filter. Die Informationen der Blattreflexion werden bei diesen Systemen in das eigentliche RGB-Bild eingefügt.
Die Multispektralkamera Parrot Sequoia verfügt über fünf Kameras, davon vier Kameras mit jeweils einem Filter für die Bereiche Rot, Grün, NIR und Red Edge sowie eine normale Farbkamera (RGB). Diese Kamera hat einen Sensor zur Messung der Sonneneinstrahlung, der zur Kalibrierung und Vergleichbarkeit mehrerer Messtermine dienen soll. Bei jedem Überflug werden so fünf Bilder parallel aufgenommen und dann mittels spezieller Software (z.B. Pix4DMapper) verrechnet.
Hyperspektralkamera
Die LVWO Weinsberg verfügt zudem über die Hyperspektralkamera Cubert UHD 185 (Firefly). Mit dieser Art von Kamera kann die Blattreflexion als Bild aufgenommen werden. Jeder Bildpunkt enthält dann die Informationen über das gesamte Spektrum von 450 nm – 950 nm. Diese Kamera wird vorranging im Forschungs- und Versuchswesen einsetzt und dient zur Aufdeckung von Korrelationen zwischen Blattreflexion und dem Versorgungszustand von Obstkulturen.
Auswertesoftware
Es gibt verschiedene Ausführungen von Auswertesoftware. Desktop-basierte Programme (z.B. Pix4Dmapper von Pix4D) benötigen eine Installation und leistungsfähige Hardware zum Verrechnen der Bilddaten. Bei Cloud-basierter Auswertesoftware (z.B. DataMapper von PrecisionHawk) werden die Bilder auf einen Server hochgeladen und dort verrechnet. Die Ergebnisse sind innerhalb kurzer Zeit verfügbar und können dann heruntergeladen werden bzw. in einem Internet-Browser angeschaut werden. Beide Typen haben verschiedene Vor- und Nachteile, die Entscheidung welche Art gewählt wird, sollte je nach Nutzungsintensität und Vorwissen stattfinden.
Ausblick
Ziel der nächsten Jahre wird es sein, sortentypische Referenzdaten in verschiedenen Kulturen zu ermitteln. Erste Testkultur wird dabei die Erdbeere darstellen. Es ist geplant, verschiedene Nährstoffmangelsymptome in unterschiedlicher Abstufung zu induzieren und deren Auswirkung auf die einzelnen Indizes zu untersuchen und somit einen anzustrebenden Referenzwert für den optimalen Versorgungszustand der Erdbeerpflanze zu erhalten. In Zukunft könnte es aufgrund von gesetzlichen Rahmenbedingungen erforderlich sein, spezifische Bedarfswerte vor der Düngung nachzuweisen. Mit Hilfe einer optischen Erkennung kann dies schnell und zeitnah erfolgen.

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