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Kupfer als Pflanzenschutzmittel: Europäische Tagung
Kupferpräparate werden im Ökologischen Landbau weiter benötigt, um einen wirtschaftlichen Anbau auch unter schwierigen Witterungsbedingungen zu gewährleisten. Dennoch bieten vor allem die Züchtung sowie bestehende und neu entwickelte Präparate Chancen, den Kupfereinsatz noch weiter zu reduzieren. Das war das Fazit der über 100 Wissenschaftler und Berater auf der Europäischen Tagung „Kupfer als Pflanzenschutzmittel“, die Ende November 2016 im Julius Kühn-Institut (JKI) in Berlin stattfand. Im Mittelpunkt standen die Ergebnisse der Kupferminimierungsstrategie, auf die sich ökologische und konventionelle Anbauverbände in Absprache mit der Politik geeinigt haben.
Wie wichtig Kupferpräparate im Bioweinbau sind, unterstrich Beate Fader, Beraterin am Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) in Rheinhessen. „2016 war witterungsbedingt ein Desaster für viele Biowinzer“, so Fader. Allein im Mai seien die Niederschlagsmengen zehn Mal höher gewesen als im gleichen Vorjahreszeitraum. Der Schwellenwert für Peronospora-Pilzsporen im Boden wurde in der Hauptwachstums- und Blühphase von Ende Mai bis Ende Juni 2016, 27 Mal überschritten. Das habe bis zu 15 Spritzungen erfordert, zum Teil alle drei bis vier Tage. Trotz kurzfristiger Notzulassung einer erlaubten Kupfermenge von vier statt drei Kilogramm pro Hektar, sei die Flexibilität in Sachen Kupfereinsatz unter diesen Extrembedingungen an ihre Grenzen gestoßen. „Wir brauchen deshalb unbedingt ein Kupferkonto, am besten mit 20 kg Kupfer pro Hektar auf fünf Jahre“, appellierte Fader.
Das Konto-Prinzip bedeutet, dass die Betriebe in Jahren mit geringem Infektionsdruck den Kupfereinsatz entsprechend reduzieren und die eingesparten Mengen für schwierige Jahre wie 2016 aufsparen können. Ohne diese Spielräume drohe laut Fader eine Rückumstellungswelle auf konventionellen Anbau, wie eine aktuelle Umfrage unter 120 Winzern gezeigt habe.
Auch für die Kartoffelbauern sei das aktuelle Anbaujahr schwierig gewesen, bestätigte Eckhard Reiners, Ressortleiter beim Bioland-Verband. „Viele Bauern sagten mir, ein Jahr mit einem so extremen Krautfäuledruck hätten sie noch nicht erlebt.“ Deshalb seien nach vielen Jahren erstmals wieder deutlich mehr als zwei Kilogramm Kupfer pro Hektar im Kartoffelanbau ausgebracht worden. Große Hoffnung setzt Reiners auf die Resistenzzüchtung gegen Krautfäule.
Auf Züchtung setzt man auch im Apfelanbau. Jutta Kienzle von der Fördergemeinschaft Ökologischer Obstbau e.V. (FÖKO) berichtete über eine Studie mit schorfresistenten Apfelsorten. Die Kupferaufwandmengen konnten um etwa ein Drittel reduziert werden. Allerdings handle es sich um eine monogene Resistenz gegen Apfelschorf, die von den Erregern relativ leicht zu durchbrechen sei. „Umso wichtiger ist es, die Züchtungsarbeit so schnell wie möglich zu intensivieren und ein breiteres, weniger anfälliges Sortenspektrum aufzubauen, bei dem man die derzeitige enge Verwandtschaft der wichtigsten Sorten vermeidet.“ Eine völlige Neuausrichtung der Apfelzüchtung forderte auch der Pomologe Hanns-Joachim Bannier aus Bielefeld. Statt die Krankheitsanfälligkeit der heutigen, empfindlichen Sorten mühsam zu verringern, solle man besser alte vitale Sorten wie etwa Alkmene im Geschmack und bei der Lagerfähigkeit verbessern.
Eine laufende BÖLN-Studie zur möglichen Gefährdung von Regenwürmern durch Kupferpräparate auf Rebflächen zeigt, dass es auf Basis der bisherigen Ergebnisse keine Bedenken für eine Kupferanwendung mit den aktuell zulässigen Aufwandmengen gibt. Die kritischen Kupfermengen, wie sie heute vor allem in lange genutzten Rebflächen zu finden sind, seien ohnehin vor vielen Jahrzehnten entstanden, als man Bordeauxbrühe mit über 50 kg Kupfer pro Hektar im Jahr ausbrachte.
Dennoch wird weiter an alternativen Substanzen geforscht, die den Kupfereinsatz zumindest reduzieren können. Einen vielversprechenden Wirkstoff stellte Simone Kuttig von der Firma Neudorff vor. Mit einem eisenhaltigen Fettsäurefungizid habe man bei Mischung mit bestehenden Kupferhydroxidpräparaten sehr gute Ergebnisse erzielt. Eine Zulassung des Wirkstoffs stehe aber noch aus.
Friedhelm von Mering vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW) bezeichnete die derzeitige Situation in Bezug auf die Kupferminimierungsstrategie insgesamt als „frustrierend“. Viele, im ökologischen Anbau bewährte Produkte seien auf EU-Ebene noch nicht wieder zugelassen. Zudem seien die Mittel für die Forschung im Ökolandbau gekürzt worden, sodass zum Beispiel wichtige Züchtungsprojekte oder Prognosemodelle nicht weiter verfolgt werden können.
Gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels sei immer häufiger mit Wetterextremen wie in 2016 zu rechnen, die den Biobetrieben wirtschaftlich zu schaffen machen. Deshalb sei es notwendig, den Betrieben beim Kupfereinsatz mehr Spielräume und auch mehr Alternativen an die Hand zu geben. Sonst bestehe die Gefahr, dass zumindest ein Teil der Betriebe aus wirtschaftlichen Zwängen rückumstellt. (Quelle: www.aid.de)
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