- Startseite
- Im Interview: Theresa Schleicher
Im Interview: Theresa Schleicher
Auf der spoga+gafa in Köln ist Theresa Scheicher eine der Rednerinnen auf dem Forum Garden Café in Halle 6. Wir haben mit ihr im Vorfeld der Messe gesprochen.
Frau Schleicher, der Trend zum Garten ist ungebrochen - doch alles ist im Fluss. Welche Bewegungen formen die Zukunft und wie kann sich der Handel darauf einstellen?
Die Zukunft der nächsten Jahre wirkt vermeintlich instabil und fragil. Egal, wo wir hin fahren sind Klimaanforderung, Konflikte, die sich in Kriege verwandeln können, Ressourcen, die immer teurer werden. Gleichzeitig merken wir aber auch heute schon, dass sich bei besonders akuten Zeiten, wie Überschwemmungen ein positiver Widerstand bzw. ein Miteinander meldet. Dann wandelt sich die Gesellschaft, und der Handel als Teil davon, in Dynamik. Im Handel sind das Lösungen, die nicht nur bewussten Konsum, sondern auch positiven, regenerativen Konsum fördern - sei es durch effizienten Ressourceneinsatz oder eine Ernsthaftigkeit in Bereichen der Kreislaufwirtschaft. Was teilweise vorher Jahre gebraucht hat, entwickelt sich nun 2024/2025 sehr schnell. Einige Anbieter werden wir auf der spoga+gafa sehen. Da freue ich mich drauf.
Wie verändern sich aktuell die Anforderungen von Kunden im (Garten-)Handel?
Die Themen rund um Nachhaltigkeit hatte ich schon skizziert, daraus entstehen sowohl neue Service-Anforderung, sei es im Second Hand für Outdoor Mobiliar, aber auch Produkte, wie biologische und ökologisch regenerative Düngemittel, die gleichzeitig sehr wasserschonend gestaltet sind oder Blumenbehälter, Accessoires und Behälter die aus recycelbaren und recyclefähigen Materialien bestehen spielt eine Rolle. Genauso geht es natürlich auch um größere Projekte: Grünanlagen energieeffizient und nachhaltig zu gestalten u.a. mit Smart Gardening Innovationen spielen eine große Rolle in den nächsten Jahren. Das werden wir auf der spoga+gafa sehen. Auf der anderen Seite ist die Sehnsucht nach Glanzpunkten wichtig. Die Flucht in die Natur, romantische Optik, aber auch exotische und ausgefallene Trends erweist sich derzeit als relevanter Trends, als gezielter Gegentrend zum Postulat der Vernunft. Letztendlich gilt es, die Faszination für Luxus, für Schönheit, für Ästhetik und für Leichtigkeit in Einklang mit Verantwortung zu bringen.
Sie sagen, die Zeit des Übermaßes ist vorbei - die neue Entwicklung ist 20% weniger. Wie wirkt sich das auf den Handel aus?
An sich ist es eine positive Entwicklung, denn es fordert den Handel dazu auf, wirklich mit starken Fokus auf den Kunden zu blicken und zu überlegen. Warum bin ich heutzutage relevant, was muss ich anbieten? Was schafft einen zusätzlichen Mehrwert, was nicht. eine Bereicherung für unseren Kunden. Der Handel kommt in eine Sinnkrise, die sich als Sinnhaftigkeit und Bewusstheit in den nächsten Jahren widerspiegeln wird. Auch wenn das derzeit mit dem Trend rund um Temu und weiterhin vielen Rabatten und Aktionen noch nicht zu hunderprozent umgesetzt haben. Allerdings sehen wir das in der Aufwertung von Standorten und der Neuinszenierung von Erlebnissen am POS, statt viele neue Standorte in Deutschland aufzumachen. Das sehen wir aber auch an der Kuration unseres Sortiments, an der Schulung von Mitarbeitenden und der stetigen Weiterentwicklung im von Technologie, um unsere Mitarbeitenden zu unterstützen.
Gleichzeitig stellt sich die Frage: Gibt es ein Sofortrezept für den Fachhandel, mit der aktuellen Krise (Nachfragerückgang, Inflation) umzugehen?
Ich bin kein großer Freund von dem Wort Sofortrezept, das kann schnell als unüberlegte Handlung wahrgenommen werden. Und davon müssen wir wegkommen. An sich ist jetzt die Frage was können wir kurzfristig erreichen, was ist aber auch unser langfristiges Ziel? Die Fragestellung hat sich im Großen und Ganzen nicht verändert, sie wird aber wichtiger. Dementsprechend zu überlegen, setzt ich jetzt wirklich stark auf Rabatte und Billigaktionen, um meine Lager leer zu bekommen und habe dann in 2-3 Jahren das Problem, ein niedriges Preis-Bewusstsein bei meinem Kunden gestaltet zu haben. Oder setze dich jetzt da drauf, im Sortiment stärker zu fokussieren und zu schauen, welche Sortimente brauche ich jetzt und zukünftig und wie kann ich durch starke Kommunikation und Services stärker überzeugen. Schon klar, ganz ohne Aktionen geht es auch nicht. Aber die neue Generation hat einen Vorteil, sie sind sehr dienstleistungsorientiert und der Do it for me-Markt in Deutschland bei weitem noch nicht ausgeschöpft.
Sie raten zu einem 'entspanntem Umgang mit der Digitalisierung'? Was genau meinen Sie damit?
Wir tun uns in Deutschland mit „Digitalisierung“ sehr schwer. Das sehen wir schon daran, dass wir es Digitalisierung nennen und nicht Technologie, IT, Analytik oder Vernetzung - je nachdem, was wir meinen. Dementsprechend entstehen viele Vorstellungen, was wir digitalisieren müssen oder können. Entspannt heißt „logisch" zu agieren und zu schauen, welche (Kunden-) Herausforderungen ich eigentlich habe. Es kann sein, dass man einen zusätzlichen digitalen Absatzkanal möchte, weil seine eigenen Kunden dort. Dann geht es darum herauszufinden, was der möglichst attraktivste Weg für Kund:innen ist, um meine Produkte und meine Services dort zu platzieren. In der Daten Analytik geht erst mal darum, was ich eigentlich über meinen Kunden herausfinden will oder welche Ziele ich im Bereich einer transparenten und nachhaltigen Supply Chain verfolge. Es gibt riesige Möglichkeiten, was wir anhand von analytischer KI und Daten erreichen können, auch die Zukunft der generativen ist spannend. Derzeit begegnen einem noch sehr viele Spielereien und Worthülsen mit wenig unternehmerischen Tiefgang. Das schafft mentale Hürden, die es gar nicht braucht. Ein anderer Aspekt ist, dass digitale Projekte in Handelsorganisationen meist neben Vertrieb, Einkauf, Marketing etc existieren. Dadurch entstehen oft Digital-Silos, die nebeneinander arbeiten. Unternehmertum und digitale Kompetenz geht dadurch schwerer zusammen, zudem ist es ineffizient (was derzeit keiner braucht). Das sieht man vielen Online-Shops und Applikationen in der grünen Branche an.
Vielen Dank!
Die spoga+gafa ist die größte Garten- und BBQ-Messe der Welt. Als internationale Mehrwert- und Themenplattform am Standort Köln setzt sie Impulse für die ganze Welt des Gartens. Auf der führenden Leitmesse bespricht die Grüne Branche die Sortimente und Trends der kommenden Saison und präsentiert Lösungen für aktuelle und zukünftige Herausforderungen. Der Fokus der spoga+gafa liegt auf Trends und Innovationen aus den Bereichen garden bbq, garden creation & care, garden living und garden unique. Die einmalige Angebotsbreite macht die Messe zum place to be für die Sortimentsentscheider aller Handelsformen.
Die nächste spoga+gafa findet vom 16. bis 18. Juni 2024 unter dem Leitthema „Responsible Gardens – Verantwortungsvolle Gärten“ statt.

Kommentare (0)
Bisher sind keine Kommentare zu diesem Artikel erstellt worden.