Gemüsebau: Profi-Tag beleuchtet Herausforderungen und Möglichkeiten

Fachleute der Landwirtschaftskammer Niedersachsen informierten beim Profi-Tag die 145 Teilnehmenden rund um die Themen Betriebsführung und Pflanzenschutz.

Gemüsebau im Fokus: Der Profi-Tag befasste sich mit der aktuellen Marktlage, der Betriebsführung, dem Pflanzenschutz und der Düngung. Bild: Ziegeler/LWK Niedersachsen.

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Großen Anklang hat der diesjährige Profi-Tag Gemüsebau gefunden, zu dem die Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) gemeinsam mit dem Gartenbaukompetenzzentrum der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern (LFA) eingeladen hatte. Fachleute informierten die 145 Teilnehmenden bei der Online-Veranstaltung über die derzeitige Marktsituation, Möglichkeiten des digitalen Managements in Betrieben bis hin zur Kulturführung, zum Stand des Pflanzenschutzes und zu praxisnahen Strategien im Umgang mit Stickstoffüberschüssen im Rahmen der Düngeverordnung.

Corona und Witterungsextreme

Zunächst stellte Michael Koch von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH (AMI) vor, was die Gemüsemärkte 2021 geprägt hat. „Die Gemüsekäufe der privaten Haushalte in Deutschland haben aufgrund der coronabedingten Einschränkungen 2020 einen spürbaren Aufschwung erlebt. An die hohen Einkaufsmengen des Vorjahres konnte ab April nicht mehr angeknüpft werden“, so der stellvertretende AMI-Bereichsleiter Gartenbau. Stärker als der Einfluss der Corona-Pandemie auf die Gemüsemärkte seien 2021 aber die zum Teil extremen Witterungsbedingungen gewesen. „Die Bilder von den Zerstörungen nach dem Starkregen in Teilen Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalens gingen um die Welt“, so Koch, doch die direkten Auswirkungen auf den Gemüsemarkt seien überschaubar gewesen. Dennoch habe die Witterung den Markt erheblich beeinflusst: Die Saison mit Frühgemüse startete spät aufgrund niedriger Temperaturen und fehlender Einstrahlung im Frühjahr. Anhaltende oder starke Regenfälle behinderten im Sommer die Arbeiten auf dem Feld und führten so insbesondere bei Salaten zu einer spürbaren Angebotsverknappung. Auch bei Unterglasgemüse führte fehlende Einstrahlung zu niedrigeren Erträgen im Sommer. Gemüse trug laut Koch zwar zwischenzeitlich zur Verteuerung frischer Lebensmittel auf Verbraucherebene bei, doch „steigende Kosten für Arbeit, Energie und Betriebsmittel spiegeln sich noch nicht durchgängig in der Preisentwicklung auf Erzeuger- und Verbraucherebene wider.“

Betriebsführung

Dr. Henning Krause, bei der LWK Leiter des Sachgebiets Prozessqualität im Gartenbau, referierte über digitale Managementsysteme wie Ackerschlagkarteiprogramme und Software zur mobilen Arbeitszeiterfassung und Aufgabenverteilung. „Diese sind einfach zu beschaffen, Kosten- und Materialaufwand sind gering und die Benutzung ist leicht zu erlernen“, so Krause. Richtig umgesetzt, könnten die Programme lästige Bürozeiten einsparen – vor allem auch bei den Betriebsleitenden selbst. Allerdings könne sich der Mehrwert im Betrieb nur dann einstellen, wenn die Umsetzung vollständig erfolge und auch alle im Betrieb mitarbeitenden Personen mitmachen. „Sonst kommt es zu zeit- und arbeitsaufwendigen Doppelstrukturen“, mahnte Krause. Daher müssten alle Menschen im Betrieb möglichst frühzeitig eingebunden, Betroffene zu Beteiligten gemacht und die Einführung neuer Software strukturiert begleitet werden.

Dr. Hendrik Führs, Fachbereichsleiter Beratung und Qualitätsmanagement im Gartenbau der LWK, stellte den „Online-Betriebsvergleich 4.0“ vor, ein Angebot des Zentrums für Betriebswirtschaft im Gartenbau e.V. „Er wurde entwickelt, um Betriebsleiterinnen und Betriebsleitern die Möglichkeit zu bieten, den eigenen Betrieb direkt mit ähnlich gelagerten Betrieben zu vergleichen – und dies auf Basis aktueller Zahlen, da zum Beispiel auch ein unterjähriger Vergleich möglich ist“, so Führs. Ein Vergleich finde auf Basis von Kennzahlen zu Liquidität, Rentabilität und Stabilität statt, die auf der Buchführung des Betriebes beruhen. Das Ergebnis der Auswertung werde in einem „Cockpit“ übersichtlich und in farblicher Skalierung dargestellt. „So ist auf den ersten Blick ersichtlich, wo es gut und wo es nicht so gut läuft“, erläuterte Führs. Mit Hilfe der „Ursachenanalyse“ würden Betriebsleitende direkt an die Hand genommen und Stück für Stück zu den Ursachen etwaiger Probleme geführt. Dafür würden Ertrag, Aufwand, Flächen- und Arbeitsproduktivität sowie die Lohnstruktur genauer analysiert. Dabei arbeitet das Zentrum für Betriebswirtschaft eng mit der LWK und weiteren Beratungsinstitutionen zusammen, welche die Betriebe bei der Interpretation der Ergebnisse unterstützen.

Pflanzenschutz

Ulrike Weier vom Pflanzenschutzamt der LWK gab einen kurzen Rückblick auf die Saison 2021, in dem sie kurz auf die Klimabedingungen, Besonderheiten von Krankheiten und das Auftreten von Schädlingen einging. Wichtig für die Betriebe seien immer die Veränderungen bei den zur Verfügung stehenden Pflanzenschutzmitteln: Welche Mittel wurden widerrufen und müssen entsorgt werden? Welche Mittel laufen von der Zulassung her aus und wie lange können sie noch aufgebraucht werden? Welche Mittel wurden im Gemüsebau neu zugelassen? „Ein komplexes Thema, bei dem es wichtig ist, den Überblick zu behalten“, so die Pflanzenschutz-Expertin.

Mit der neuen Pflanzenschutzanwendungsverordnung und den Konsequenzen für den Gemüsebau befasste sich Dr. Alexandra Wichura, bei der LWK Leiterin des Pflanzenschutzamt-Sachgebiets Gemüse- und Obstbau. Denn durch die aktuellen Änderungen in der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung wird in Naturschutz- und Wasserschutzgebieten der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln noch stärker eingeschränkt. Wichura gab einen Überblick über die Änderungen sowie einen Sachstand zur Umsetzung. „Die Betriebe müssen diese Flächen aktiv gestalten und weiterentwickeln“, so Wichura.

Herausforderung Düngung

Christine Lessmann von der LWK Nordrhein-Westfalen (NRW) stellte in ihrem Vortrag heraus, dass die Herausforderungen, die die Umsetzung der Düngeverordnung für Betriebe bedeuten, zukünftig nicht kleiner würden. Insbesondere dort, wo Kulturen in ausgewiesenen Bereichen unter Bedarf gedüngt werden müssen, seien Maßnahmen erforderlich, um Kultursicherheit und Qualität zu gewährleisten. Die Beratung der LWK NRW habe in zahlreichen Praxisversuchen Maßnahmen überprüft, um die geforderten Ziele zu erreichen. Steigerung der Stickstoff-Effizienz, Einsatz von Düngetechnik und bestmögliche Ausnutzung des Mineralisierungspotentials helfen, den Kulturerfolg abzusichern.

Andrea Spirkaneder von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau stellte das überregionale Modell- und Demonstrationsvorhaben „Optimierung der Stickstoffdüngung im Freilandgemüsebau“ vor. Dieses hatte zum Ziel, regionale Beratungsangebote zur Düngeverordnung zu erweitern und auch aus fachlicher Sicht praxistaugliche Optimierungswege zu finden. Im Rahmen eines Teilprojektes im Knoblauchsland (eines der größten zusammenhängenden Gemüseanbaugebiete Bayerns im Städtedreieck Nürnberg – Fürth – Erlangen) führten die Beteiligten Düngeversuche mit verschiedenen Stickstoffabstufungen durch und untersuchten eine ganzheitliche Nährstoffversorgung im Hinblick auf die Stickstoff-Effizienz.

„Da auch die Bewässerung in engem Zusammenhang mit einer optimalen Nährstoffverfügbarkeit steht, wurde im Projekt an der Wasserverteilgenauigkeit gearbeitet, um sowohl Wasser als auch Stickstoff einzusparen“, erklärte Spirkaneder, „so konnten insgesamt Herausforderungen und Grenzen einer Optimierung identifiziert werden sowie aber auch Chancen der Stickstoff-Einsparung aufgedeckt werden.“

Christian Frerichs von der Hochschule Osnabrück befasste sich in seinem Vortrag mit der Minderung der Nitrat-Auswaschung nach gemüsebaulichen Fruchtfolgen am Beispiel von Spinat. Das Problem: Im satzweisen Anbau von Freilandgemüse wie etwa Spinat verbleiben zum Ende der Vegetationsperiode oft hohe Mengen mineralischen Stickstoffs auf dem Feld zurück. Durch den Anbau von Winterzwischenfrüchten kann dieser Stickstoff nur teilweise vor dem Einsetzen der Winterniederschläge aufgenommen werden. Vor diesem Hintergrund wurden in einer Reihe von Feldversuchen unterschiedliche Bodenbearbeitungstiefen und Bodenbearbeitungszeitpunkte nach der Ernte von Herbstspinat verglichen. Geprüft wurde auch, inwiefern der Einsatz eines bestimmten Nitrifikationshemmstoffs die Nitratverlagerung über den Winter verzögern kann. Durch das Verschieben der Bodenbearbeitung in den Winter oder ins Frühjahr konnten die Stickstoff-Verluste teilweise deutlich reduziert werden. Dies beruhte im Wesentlichen auf der Stickstoff-Aufnahme der wiederaustreibenden Spinatpflanzen. Die Bodenbearbeitungstiefe sowie der Einsatz des Nitrifikationshemmstoffs hatten jedoch keinen nennenswerten Einfluss auf die Nitratbildung und Stickstoff-Verluste.

Der Vortrag von Felix Besand von der LFA befasste sich mit dem Thema: „Winterzwischenfrüchte im Gemüsebau – Vorfruchtwirkung in Abhängigkeit von Artenwahl und Umbruchtermin“: „Bei spätem Umbruch im Mai oder Juni ist auch bei uns im Norden ein beträchtlicher Stickstoffgewinn durch legume Winterzwischenfrüchte möglich“, so Besand. Bei der Auswahl der Winterzwischenfrucht spiele der durch konkurrierende Gemüsekulturen eingeschränkte Aussaat- und Umbruchzeitpunkt eine entscheidende Rolle. (LWK Nds)

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