Forschung: "Pheno-Inspect" beschleunigt Pflanzenzucht

Das Startup "Pheno-Inspect" der Universität Bonn will die Pflanzenzüchtung beschleunigen. Die Kameras einer Drohne nehmen die Pflanzenbestände auf, und eine Software wertet mit Methoden der Künstlichen Intelligenz automatisch deren Eigenschaften aus.

Philipp Lottes (links) und Prof. Dr. Cyrill Stachniss von der Universität Bonn mit einer Drohne, die Pflanzenbestände aus der Vogelperspektive aufnimmt. Bild: Barbara Frommann/Uni Bonn.

Anzeige

Wie ist es um das Wachstum bestellt? Haben Schädlinge und Krankheiten zugeschlagen? Setzen die vermehrten Dürren den Pflanzen zu? Wer neue Sorten züchtet, muss an ihnen aufwändig Daten zu diesen Fragen erheben. Das Startup „Pheno-Inspect“ der Universität Bonn will die Pflanzenzüchtung beschleunigen. Die Kameras einer Drohne nehmen die Pflanzenbestände auf, und eine Software wertet mit Methoden der Künstlichen Intelligenz automatisch deren Eigenschaften aus. Dadurch zeigt sich sehr rasch, ob die Neuzüchtung von Erfolg gekrönt ist. Das Vorhaben wird im Programm „START-UP-Hochschul-Ausgründungen“ mit rund 270.000 Euro gefördert.

Mit einem sanften Brummen fliegt die Drohne über die Parzellen des Pflanzenzüchters. Dabei macht sie laufend Bilder von den Beständen, die später automatisiert durch Künstliche Intelligenz ausgewertet werden. Anhand der Resultate kann der Züchter etwa bewerten, welche Sorten besonders im Hinblick auf das Zuchtziel geeignet sind. „Aufgrund der wachsenden Weltbevölkerung müssen in der Landwirtschaft bei gleichbleibender Fläche zukünftig noch höhere Erträge erzeugt werden“, sagt Philipp Lottes, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geodäsie und Geoinformation der Universität Bonn. „Der derzeitige Flaschenhals in der Entwicklung neuer und besserer Sorten ist die Phänotypisierung auf dem Feld.“

Das ist in der Pflanzenzucht noch immer ein sehr aufwendiges Verfahren. Experten bestimmen bei der Phänotypisierung das Erscheinungsbild – den Phänotyp – von Pflanzen: Wie groß sind etwa bei einer neuen Weizensorte die Ähren? Leidet das Getreide unter Schädlingsbefall oder Krankheiten? Wie verhält sich die Pflanze bei Trockenheit? „Erst wenn diese Daten statistisch abgesichert vorliegen, wissen die Züchter, ob ihre neue Kreuzung im Vergleich zu anderen Sorten ein Erfolg ist“, berichtet Lottes. In Zukunft könnte die Erhebung dieser Daten automatisiert mit Künstlicher Intelligenz erfolgen. Das Startup „Pheno-Inspect“, dessen Gründer Lottes ist, treibt diese Pläne voran.

Selbstlernende maschinelle Computerverfahren

Der Geodät befasste sich bereits in seiner Promotion mit maschinellen Lernverfahren für die Pflanzenerkennung. In seiner Dissertation, die ebenfalls an der Universität Bonn im Kontext des Exzellenzclusters „PhenoRob“ entstanden ist, entwickelte er Verfahren, wie sich mit Drohnen Bilder von Pflanzenbeständen aufnehmen lassen, aus denen eine Software zum Beispiel die Zahl der Kulturpflanzen, die Verteilung verschiedener Unkräuter sowie den Befall mit Schädlingen und Krankheiten bestimmt. „Es handelt sich dabei um selbstlernende, maschinelle Verfahren, die nach den Vorgaben der Nutzer sich selbst optimieren“, berichtet Lottes. In einer „Trainingsphase“ lernt die Software anhand zahlreicher Fotos, wie etwa Getreideähren, Trockenstress-Symptome oder Unkräuter aussehen. Mit statistischen Verfahren kann das Analyse-Programm anschließend Bilder automatisiert auswerten und eine flächendeckende Dokumentation in Form von Karten liefern, welche der Züchtungsparzellen etwa unter Nährstoffmangel leiden oder besonders ertragreich sind. „Besonders die vollautomatische Auswertung der Daten im großen Stil birgt ein großes Potential“, erklärt Prof. Dr. Cyrill Stachniss.

Die Drohne fliegt bei der Inspektion in Höhen zwischen zehn und 100 Metern über die Pflanzenbestände. Dabei entgeht den Kameras kein Grashalm, denn die Auflösung reicht hinab bis auf wenige Millimeter. „Die Standortbestimmung läuft über ein sehr präzises GPS, wie es Geodäten verwenden“, berichtet Lottes. „Ein Smartphone-GPS kann dabei von der Genauigkeit her nicht mithalten.“

Förderung im Programm „START-UP-Hochschul-Ausgründungen“

Zusammen mit seinem Mentor Prof. Dr. Cyrill Stachniss, Leiter der Arbeitsgruppe für Photogrammetrie und Robotik an der Universität Bonn, wird der Geodät nun im Programm „START-UP-Hochschul-Ausgründungen“ des Landes Nordrhein-Westfalen und der Europäischen Union gefördert. In den nächsten 18 Monaten wird Pheno-Inspect zur Inspektion des Phänotyps mit rund 270.000 Euro gefördert. „Wir wollen unsere Software weiterentwickeln und an die Bedürfnisse der Nutzer anpassen“, berichtet Lottes, der außerdem den Businessplan weiter vorantreibt.

Bislang testen als Entwicklungspartner das Bundessortenamt, das Institut für Zuckerrübenforschung, die Gemeinschaft zur Förderung von Pflanzeninnovationen e.V. und der Landwirtschafts-Campus Klein-Altendorf der Universität Bonn die Entwicklungen von Pheno-Inspect. Lottes: „Wer aus der Praxis Anwendungsvorschläge für unsere automatisierte Hochdurchsatz-Phänotypisierung im Feld hat oder den Automationsgrad in seinem Betrieb vorantreiben möchte, sollte sich bei uns melden.“ Auch konventionelle und ökologische Landwirte könnten von dem Verfahren profitieren, wenn es darum geht, etwa wie stark der Unkraut- oder Schädlingsbefall in einem Bestand ist oder wie der Einsatz von Düngemittel optimiert werden kann.

„Das Hochdurchsatz-Phänotypisierungsverfahren von Pheno-Inspect ist ein vielversprechender Ansatz, die Züchtung neuer Sorten deutlich zu beschleunigen“, sagt Rüdiger Wolf vom Technologietransfer der Universität Bonn, der die Gründer beraten hat. „Das Startup unterstreicht einmal mehr das hohe Gründungspotential in den Bereichen Gesundheit und Nachhaltigkeit.“ (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bon)

 

Neuen Kommentar schreiben

Kommentare (0)

Bisher sind keine Kommentare zu diesem Artikel erstellt worden.