Forschung: Pflanzenwachstum leidet durch Klimaextreme

Pflanzen nehmen Kohlenstoffdioxid aus der Luft auf und binden dieses. Klimaextreme wie Dürren und Hitzewellen führen zu geringerem Pflanzenwachstum (Primärproduktion). Somit wird weniger CO2 aus der Atmosphäre gebunden.

Veränderungen der Auswirkung von Dürreereignissen auf die Pflanzenproduktion im Zeitraum 2000-2016 im Vergleich zur Periode 1982 – 1998. Bild: Universität Augsburg.

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Eine Studie unter der Leitung von Forschern der Universität Augsburg, die in „Nature Climate Change“ veröffentlicht wurde, zeigt, dass insbesondere in den nördlichen Breitengraden im Vergleich von 1982-1998 zu 2000-2016 negative Extreme des Pflanzenwachstums um 10,6% zugenommen haben. Die Ergebnisse verdeutlichen negative Auswirkungen auf die Aufnahme von CO2 durch Pflanzen sowie auf die Landwirtschaft die Folgen sind.

Gegenwärtig werden etwa 50% der von Menschen verursachten jährlichen CO2-Emissionen zu etwa gleichen Anteilen von Land und Ozeanen aufgenommen. Synchron mit den steigenden CO2-Emissionen in den letzten Jahrzehnten, sind diese sogenannten Land- und Ozean-Kohlenstoffsenken auch stetig angewachsen, und haben somit eine Beschleunigung des Klimawandels verhindert. Neuere Studien gehen aber von einer Abschwächung dieser wichtigen Kohlenstoffsenken in den kommenden Jahrzehnten aus, wobei es aber noch keinen Konsens über die zugrunde liegenden Mechanismen gibt. Beispiel Hitzewelle im Jahr 2003

Pflanzen spielen in der landbasierten Kohlenstoffsenke eine entscheidende Rolle, da sie durch Photosynthese CO2 aus der Atmosphäre entfernen und es in der Biomasse binden. Diese wichtige Funktion der Pflanzen ist jedoch durch Extremwetterereignisse wie Hitzewellen, Dürren oder Starkregen gefährdet. Ein bekanntes Beispiel ist die Dürre- und Hitzewelle, die Europa im Jahr 2003 erlebte, bei der sich das Pflanzenwachstum um 30% verringerte und somit die Kohlenstoffsenke von vier Jahren in dieser Region zunichtemachte.

Klimaextreme und Pflanzenwachstum

Die sich verdichtenden Belege für häufigere und intensivere Klimaextreme und die entsprechenden negativen Auswirkungen auf die Ökosysteme in der jüngsten Vergangenheit werfen die Frage auf, ob solche Verschiebungen der Klimaextreme bereits zu einer systematischen Verringerung des Pflanzenwachstums auf regionaler und globaler Ebene geführt haben.

Wie sich das Pflanzenwachstum im Zusammenhang mit Klimaextremen im Zeitverlauf von 1982 bis 2016 entwickelt hat, untersucht eine in der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“ veröffentliche Studie eines internationalen Forscherteams unter der Leitung von Dr. David Gampe vom Institut für Geographie der Universität Augsburg. Die Forscher analysieren dabei drei verschiedene Datensätze der Bruttoprimärproduktion (BPP), welche mit unterschiedlichen Ansätzen erstellt wurden. Die BPP beschreibt den Eintrag von Kohlenstoff in ein Ökosystem durch Photosynthese, sprich wie stark Pflanzen wachsen, indem sie CO2 aufnehmen.

„Um systematische Verschiebungen der Bruttoprimärproduktion als Reaktion auf beobachtete Trends bei Klimaextremen in den letzten Jahrzehnten zu bewerten, wurden die 1.000 größten negativen BPP-Extremereignisse im Zeitraum von 1982 bis 2016 identifiziert und Klimaextremereignissen zugeordnet“, erklärt der Augsburger Geograph Dr. David Gampe, der aktuell die Professur für Physische Geographie und Bodenkunde der Ludwig-Maximilians-Universität München vertritt.

Anstieg um 10,6%

Insgesamt weisen vor allem die nördlichen mittleren Breiten – dies betrifft u.a. auch Europa – eine signifikante Zunahme (10.6%) der BPP-Extreme zwischen den untersuchten Zeiträumen auf. Regionale Hotspots sind Ostasien und Zentral-Nordamerika. Zudem haben sich die Monate mit außergewöhnlich verringertem Pflanzenwachstum durch BPP-Extreme von Juni/Juli hin zu Juli/August verschoben. In den tropischen Regionen ist es vor allem das Amazonasgebiet, das einen starken Anstieg der negativen BPP-Extreme aufzeigt.

Der Großteil der identifizierten Extremereignisse von reduziertem Pflanzenwachstum (global ca. 70%) kann hierbei Klimaextremen zugeordnet werden, die sich direkt aus einer Kombination von abweichendem Niederschlag und Temperaturwerten ergeben. Der verbleibende Anteil könnte durch Faktoren wie Feuer, Schädlingsbefall oder Wind verursacht worden sein, die aber nicht Teil der Studie waren. Die Resultate zeigen, dass insbesondere warme Dürren (gekennzeichnet durch Wassermangel mit einhergehenden hohen Temperaturen) stark zugenommen haben und maßgeblich für reduziertes Pflanzenwachstum in weiten Teilen der nördlichen Hemisphäre verantwortlich sind.

Gras- und Ackerflächen besonders betroffen

Außergewöhnliche Zunahmen von negativen Extremen der Bruttoprimärproduktion durch warme Dürreereignisse konnten im Vergleichszeitraum vor allem für Grasflächen (Zunahme um 95%) und Ackerland (+84%) identifiziert werden. Sie sind anfälliger für Dürreperioden als bewaldete Regionen, da diese Ökosysteme im Allgemeinen nicht ausreichend tiefe Wurzeln besitzen, um Wasser in den tieferen Bodenschichten zu erreichen. Die Studie zeigt auch, dass der negative Einfluss von Klimaextremen auf landwirtschaftliche Flächen nur eingeschränkt durch Maßnahmen der Betriebe abgefedert werden kann.

Die in der Studie identifizierten negativen Extreme des Pflanzenwachstums wirken dem allgemeinen positiven Trend der globalen Pflanzenproduktivität (als wichtige Komponente der ansteigenden landbasierten Kohlenstoffsenke) entgegen. So zeigen die Resultate der Studie, dass sich dieser eigentlich positive BPP-Trend, regional unterschiedlich, durch die Zunahme von negativen BPP-Extremen bisweilen stark abgeschwächt hat. Sprich: Extreme Wetterereignisse wie Dürren führen zu einer geringeren CO2-Aufnahme, teilweise in dem Maße, dass der eigentlich steigende Trend abgeschwächt oder aufgehalten wird.

Gefahren für die Landwirtschaft und Nahrungsmittelsicherheit

„Frühere Studien projizierten eine starke Zunahme negativer BPP-Extreme bis zum Ende des 21. Jahrhunderts. Die aktuelle Untersuchung deutet darauf hin, dass diese Auswirkungen von Klimaextremen und insbesondere Dürreereignissen bereits im Gange sind“, meint der Geograph Prof. Dr. Wolfgang Buermann, an dessen Lehrstuhl die Studie durchgeführt wurde. Weniger Pflanzenproduktivität bedeutet aber auch weniger Photosynthese und somit eine Abschwächung der land-basierten Kohlenstoffsenke was den Klimawandel weiter beschleunigt. Dass gerade Gras- und Ackerland durch geringere Bruttoprimärproduktion betroffen ist, unterstreicht gerade bei einem aktuellen Anstieg von landwirtschaftlichen Flächen den Handlungsdruck, dass diese widerstandsfähiger gegenüber Klimaextremen wie Dürre werden. Weniger Monokulturen, eine bessere Nutzung vorhandener Ressourcen, andere Pflanzentypen sowie gesellschaftliches Umdenken wären hier Strategien, damit die Landwirtschaft mit den Folgen des Klimawandels besser umgehen kann. (Uni Augsburg)

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