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Tagung: Weniger Kupfer im Pflanzenschutz
Initiatoren der vom Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL) geförderten Veranstaltung sind das Julius-Kühn-Institut (JKI) und der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW). Im Mittelpunkt der jährlichen Tagung stehen die Ergebnisse der Kupferminimierungsstrategie, auf die sich ökologische und konventionelle Anbauverbände in Absprache mit der Politik geeinigt haben. Ziel der Strategie ist es, mithilfe innovativer Ansätze aus Forschung und Praxis Alternativen zu Kupfer zu entwickeln und die eingesetzten Mengen weiter zu verringern.
Der ehemalige Vorsitzende der europäischen Kupfer Task Force, Matthias Weidenauer, betonte, dass Kupfer die normale Bewertung für die Zulassung als Pflanzenschutzmittel an Grenzen bringe. Die bisherige Zulassung von Kupfer als sogenannter Substitutionskandidat sollte Ende 2025 auslaufen. Die Beantragung für eine weitere Zulassung sei bereits angestoßen, eine Entscheidung erwartet der Experte aber nicht vor 2027. Die EU-Kommission wird die Frist der Zulassung aber bis zur Entscheidung verlängern. “Die aktuellen Zulassungen bleiben damit bestehen. Der Verzug bei der Wiedergenehmigung hat keinen Einfluss auf die Verfügbarkeit für die Landwirte”, sagte Weidenauer.
Der Hauptgrund für die verzögerte Zulassung seien neue Anforderungen bei der Bewertung durch die Kommission. Danach würde zum Beispiel ein Nachweis für Anwenderschutz bei der Ausbringung verlangt. „Hier belegen aber Studien, dass Kupfer die menschliche Haut nicht passiert, beziehungsweise dass die aufgenommenen Mengen absolut vernachlässigbar sind“, sagte Weidenauer. Das gleiche gelte für mögliche Rückstände in erzeugten Lebensmitteln. Die aktuellen Grenzwerte würden hier nicht überschritten.
Auch die Vorgaben der EU-Bodenschutzstrategie würden durch Kupfer nicht großflächig gefährdet, weil bei den zulässigen Einsatzmengen nicht von einer generellen Anreicherung in Ackerböden auszugehen ist. Die aktuellen Ergebnisse der Langzeitstudien zur Wirkung von Kupfer auf Regenwürmer zeigten, dass die Populationen in den letzten beiden feuchteren Jahren stark gestiegen ist. Weidenauer verwies zudem auf die große Bedeutung von Kupfer als Pflanzenschutzmittel. Eine aktuelle sozioökonomische Studie habe gezeigt, dass ein Verzicht auf Kupfer zu dramatischen Einbußen bei den Betrieben führen würde.
Sascha Buchleitner vom Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee (KOB) berichtete, dass die Bio-Praxisbetriebe in den Jahren 2022/23 aufgrund eines frühen Infektionsdrucks wieder einen größeren Anteil der Kupfermenge vor der Blüte ausgebracht haben, entgegen dem Trend der Jahre davor. Zudem zeigten die von den Betrieben gemeldeten Daten, dass sich die Kupferaufwandmengen bei pilzresistenten Schowi-Sorten und den Standardsorten wegen des längeren Frühjahrs immer mehr angleichen. „Allerdings ist die Wirkung der Anwendung bei Schowis immer noch wesentlich besser“, betonte Buchleitner.
Vincent Hürter vom Bioweinverband Ecovin berichtete von einem moderaten Kupfereinsatz der Mitgliedsbetriebe in den Jahren 2022/23, der mit 1,9 und 1,7 kg pro Hektar (kg/ha) im langjährigen Mittel lag. Für das sehr unbeständige Jahr 2024 zeichne sich dagegen ein deutlich höherer Kupfereinsatz ab von durchschnittlich 2,77 kg/ha (Meldung von 50 Betrieben). „Regional gab es aber sehr große Unterschiede. Auch Aufwandmengen von 3,5 bis 4 kg/ha waren keine Seltenheit“, sagte Hürter.
Ähnlich verhielt es sich auch beim Kupfereinsatz in Bio-Kartoffeln, für den Carolin Grau vom Bioland-Verband die Zahlen vorstellte. Während in 2022 bei trockener Witterung im Schnitt nur 1,62 kg Kupfer/ha ausgebracht wurden, waren im Jahr 2024 zum Teil Notfallzulassungen notwendig, weil die zulässige Höchstmenge von vier kg/ha und Jahr überschritten werden musste. Kupfer sei im Bio-Kartoffelanbau nicht annähernd ersetzbar.
Als wichtigen Schritt zur Minimierung der Einsatzmengen nannte sie die Resistenzzüchtung. Schon seit 2022 gelte eine Vorgabe des Verbandes, nach der die Betriebe mindestens 10% Sorten mit Phytophthora-Resistenz anbauen müssen. Alle großen Züchter arbeiteten intensiv an resistenten Sorten. „Zurzeit besteht allerdings noch ein großes Risiko, dass die Resistenz durchbrochen wird. Deshalb müssten auch resistente Sorten mit kleinen Mengen behandelt werden, wenn anfällige Sorten Befall zeigen“, sagte Grau. Bis multigenresistente Sorten mit stabilerer Resistenz für die Praxis verfügbar sind, wird es laut Grau noch „einige Zeit dauern“.
Dr. Yvette Wohlfahrt von der Hochschule Geisenheim präsentierte die Ergebnisse der Strategieversuche des BÖL-Projekts VITIVIT zur Kupferreduzierung im Bio-Weinbau, das seit fünf Jahren bundesweit umgesetzt wird. Die beste Wirksamkeit gegen Falschen Mehltau an Blättern und Trauben zeigten laut Wohlfahrt Kombinationen aus reduzierter Kupfermengen mit Kaliumphosphonaten und die Anwendung von Kupfer in Kapselform (CuCaps). Allerdings sind Kaliumphosphonate im Ökolandbau derzeit nicht erlaubt. Deutschland hat jedoch im Herbst 2024 die Wiederanwendung für den Ökolandbau bei der EU-Kommission beantragt.
Am Standort Geisenheim konnte mit diesem Ansatz im relativ trockenen Jahr 2023 etwa 0,6 kg Kupfer/ha eingespart werden. Im sehr feuchten Jahr 2024 waren es bei sehr hohem Infektionsdruck zwei kg Kupfer/ha. Voraussetzung dafür war laut Wohlfahrt auch die Nutzung eines Wetterprognosemodells, mit dem jeweils der optimale Zeitpunkt für eine Applikation ermittelt wurde.
Doryttya Simon vom Dienstleistungszentrum ländlicher Raum Neustadt (DLR) hob in ihrem Beitrag das Potenzial von pilzwiderstandsfähigen Sorten (Piwis) im Bio-Weinbau hervor. In Versuchen im Rahmen des VITIFIT-Projekts ergaben sich für einzelne Piwi-Sorten Einsparpotenziale beim Pflanzenschutz von bis zu 85 Prozent. Simon betonte aber, dass die unterschiedlich stark ausgeprägten Resistenzeigenschaften der neuen Sorten beim Pflanzenschutz beachtet werden müssen. „Auch Piwis brauchen einen minimalen Pflanzenschutz. Bei hohem Infektionsdruck sind mindestens zwei Behandlungen erforderlich. Ein kompletter Verzicht führt zum schnellen Verlust der Resistenz“, sagte die Expertin.
Ähnliches gilt auch für resistente Schowi-Sorten im Obstbau, wie Sascha Buchleitner vom KOB herausstellte. Er präsentierte die ersten Ergebnisse des BÖL-Projekts OekoapfelForward, in dem Strategien zur Kupferminimierung im Obstbau erarbeitet werden. Buchleitner sagte, dass es zum Beispiel mit Natyra, Deljonca und Freya einige Sorten mit hoher Widerstandsfähigkeit gibt, die eine Reduktion der Kupferbehandlung gegen Schorf erlauben.
Allerdings hätten die Resistenzen eine Art Halbwertszeit, das heißt die Widerstandsfähigkeit schwäche sich bei den meisten Sorten im Laufe der Zeit ab. „Ein Resistenzmanagement mit weniger Anwendungen ist deshalb unerlässlich“, sagte Buchleitner. „Dennoch plädiere ich sehr für den verstärkten Anbau von Schowi-Sorten, da sie größere Einsparungen bei Pflanzenschutzmitteln ermöglichen.“ Um sie auch im Handel zu etablieren, sprach er sich für das Konzept einer Dachmarke aus, die alle Schowi-Sorten einschließt. So müsse nicht jede neue Sorte einzeln aufwändig im Markt eingeführt werden.
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