Tagebau Hambach: Künftiger See soll Solar-Kraftwerk sein

RWE plant die Schaffung eines riesigen Sees im Tagebau Hambach. Dieser See soll sowohl ein Naherholungsgebiet als auch ein Stromlieferant sein. Das Projekt stößt jedoch auf massive Kritik.

Der Tagebau Hambach soll zu einem Naherholungsgebiet werden. Bild: GABOT.

Anzeige

Das Gebiet des Tagebaus Hambach, aktuell noch eine Wüste, erstreckt sich kilometerweit als graubraune Kraterlandschaft. Dörfer und Kirchtürme waren einst hier beheimatet. Es ist schwer vorstellbar, dass an diesem Ort eines Tages eine grüne Naturlandschaft entstehen wird, die den zweitgrößten See Deutschlands beherbergt. Doch genau das ist der Plan: RWE möchte das Gebiet, in dem über Jahrzehnte hinweg Braunkohle abgebaut wurde, zu einem grünen Energieerzeuger transformieren.

Schwimmende Solarmodule als Energielieferanten

Die Idee: Auf der riesigen Oberfläche des Sees sollen Solarmodule schwimmen. Der geplante Hambacher See wird eine Fläche von 4.200 Hektar haben, was etwa der Größe von 6.000 Fußballfeldern entspricht. Das ist fast doppelt so groß wie der Kölner Stadtteil Ehrenfeld mit seinen Einkaufsstraßen und Ausgehvierteln.

Die Solarmodule sollen auf Schwimmkörpern installiert werden. RWE verspricht sich davon mehrere Vorteile. Die Nähe zum Wasser soll die Solarzellen kühlen, sodass sie auch bei hohen Außentemperaturen effizient arbeiten können. Außerdem konkurrieren schwimmende Solarparks im Gegensatz zu Anlagen an Land nicht mit landwirtschaftlich genutzten Flächen.

In welchem Maße die zusätzliche Energie, die über die schwimmenden Solarmodule gewonnen wird, einen Einfluss auf die Strompreise haben wird, bleibt abzuwarten. Dies ist jedoch zu vernachlässigen, wenn man bedenkt, dass es bereits heute die Möglichkeit gibt, Stromtarife über das Internet zu vergleichen und sich so die besten Konditionen zu sichern. Durch die Liberalisierung des Strommarktes ist es den Energieversorgern möglich, eine Vielzahl von Tarifen mit unterschiedlichen Konditionen anzubieten.

Vorbilder sind nicht nur in den Niederlanden anzutreffen

Vorbilder für das Konzept von schwimmenden Solarmodulen sind unter anderem in den Niederlanden anzutreffen. Dort gibt es bereits mehrere schwimmende Photovoltaikanlagen. Ein Beispiel ist Sekdorn in der Nähe der Stadt Zwolle. Dort gibt es eine Anlage mit einer Gesamtleistung von 14,5 Megawattpeak (MWp), die 4.000 Haushalte mit Strom versorgen kann. Auch im niederländischen Geertruidenberg wurde von RWE bereits ein schwimmender Photovoltaikpark errichtet. Dort schwimmen mehr als 13.400 Solarmodule auf einem See in der Nähe des RWE-Kohlekraftwerks Amer. Der produzierte Strom wird über eine 25 Kilometer lange Leitung an Land transportiert und direkt ins Kraftwerksnetz eingespeist.

Nachdem die letzten Befestigungspfähle, so genannte Dalben, in den Untergrund des Ostsees bei Cottbus gerammt wurden, haben der Energieversorger Leag und der Projektentwickler EPNE im Mai 2023 mit der Installation der größten schwimmenden Photovoltaikanlage Deutschlands begonnen. Auf dem Gelände des ehemaligen Braunkohletagebaus Cottbus Nord entsteht der Ostsee. Die schwimmende Photovoltaikanlage erstreckt sich über eine Fläche von 16 Hektar. Das ist weniger als ein Prozent der Gesamtfläche des Sees. Die Inbetriebnahme ist für die zweite Hälfte des kommenden Jahres geplant. Es wird damit gerechnet, dass die Anlage pro Jahr rund 29 Gigawattstunden Strom liefern wird.

Eine Premiere ist nach Angaben von Leag die Befestigung der Module an den Dalben. Die aus Stahl gefertigten Rohre haben eine Länge von 15 Metern. Sie haben sich bei der Verankerung von Seebrücken längst bewährt, werden aber erstmals bei schwimmenden Photovoltaikanlagen eingesetzt. Das hat den Vorteil, dass der Bauherr deutlich weniger Verankerungen braucht und somit die Wartungskosten sinken. Außerdem kann auf eine Vielzahl von Ankerketten verzichtet werden, die bei steigendem und fallendem Wasserspiegel nachjustiert werden müssten. Rund 51.000 Solarmodule auf knapp 1.900 Schwimmkörpern werden an den 34 Dalben befestigt. Die Anlage wird auf trockenem Seeboden errichtet.

Tagebau Hambach - das sind die weiteren Planungen

Wie viele Solarmodule genau im See des Tagebau Hambach zu Wasser gelassen werden, steht noch nicht fest, aber RWE plant, den See in etwa zehn Jahren zur Energiegewinnung zu nutzen. Die Planungen für die zukünftige Nutzung des Sees und seiner Umgebung haben bereits begonnen. An Land sind 250 Hektar Ackerland vorgesehen, westlich des Sees sollen eine neue Straße und Wanderparkplätze entstehen. Waldstreifen, Hecken, Streuobstwiesen und andere ökologische Maßnahmen sollen die Waldgebiete südlich des Tagebaus besser vernetzen. Der Wald auf der nahe gelegenen Sophienhöhe soll als Wander- und Rückzugsgebiet für Tiere erhalten bleiben. Der Hambacher See soll eines Tages ein Naherholungsgebiet mit Badestrand und Bootsverkehr werden.

Diese Kritikpunkte werden angebracht

Die Landschaft soll sowohl der Erholung als auch der Energiegewinnung dienen. Das Projekt stößt jedoch auf erhebliche Kritik. Der enorme Wasserbedarf des Sees, der einmal 3,6 Milliarden Kubikmeter fassen soll, soll dem Rhein bei Dormagen entnommen und in den Tagebau geleitet werden.

Die Umweltschützer vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) NRW halten die Prognosen von RWE für zu optimistisch. Durch den Klimawandel werde der Rhein vor allem im Sommer weniger Wasser führen. Einige Experten gehen sogar davon aus, dass der Fluss in den Sommermonaten zeitweise austrocknen wird, was eine Umleitung des Wassers unmöglich machen würde. Der BUND NRW fordert zudem, das Rheinwasser zu reinigen, da es zu stark belastet sei, um es für die Renaturierung des Tagebaus zu verwenden. Auch die Anwohner in Dormagen fürchten den Lärm und den massiven Eingriff in die Natur, den der Tagebausee mit sich bringen würde.

Kritisch zu dem Projekt äußert sich auch der Bürgermeister der Stadt Dormagen, Erik Lierenfeld, der das bisherige Verfahren in Frage stellt. Es gäbe noch eine Vielzahl von offenen Fragen, die im Rahmen des laufenden Verfahrens noch geklärt werden müssten.

Ökostrom – mehr als nur ein Trend

Im Gegensatz zur Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle, Öl und Gas ist die Erzeugung von Ökostrom kohlendioxidfrei beziehungsweise CO2-neutral. Zur Erreichung der klimapolitischen Ziele leistet die Erzeugung von Ökostrom daher einen wichtigen Beitrag. Um rund 80 Prozent reduzieren Verbraucher, die auf Ökostrom umsteigen, ihren „persönlichen“ Kohlendioxid-Ausstoß.

Der Anteil von Ökostrom an der Energieversorgung ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass der Klimawandel als Thema in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Für viele Menschen ist es eine zentrale Frage, ob wir es schaffen, unseren CO2-Ausstoß massiv zu reduzieren und damit die gefährliche Erwärmung unseres Planeten zu begrenzen. Der Einsatz erneuerbarer Energien zur Deckung des Energiebedarfs spielt dabei eine zentrale Rolle.

Aber auch wer an der Existenz des vom Menschen verursachten Klimawandels zweifelt, wird zugeben müssen, dass die Ressourcen an fossilen Energieträgern endlich sind. Erdöl oder Erdgas sind nicht nur Energieträger, sondern auch wertvolle Grundstoffe, die in der chemischen Industrie eingesetzt werden. Es ist auf Dauer keine gute Idee, sie unwiederbringlich zu verbrennen, statt daraus wichtige Werkstoffe und nützliche Technologien herzustellen.

Neuen Kommentar schreiben

Kommentare (0)

Bisher sind keine Kommentare zu diesem Artikel erstellt worden.