Tag der Artenvielfalt: Naturnahes Gärtnern mit Gräsern

Am 22. Mai ist der Tag der Artenvielfalt. Es ist nie zu spät, den Garten neu zu denken.

Ein wilder Garten: Der Natur gekonnt nachempfunden bietet er Lebensraum für heimische Pflanzen und Tiere. Foto: elegrass.

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"Nicht zu mähen ist fast eine Notwendigkeit im naturnahen Garten." So modern sich dieser Satz liest - passt er doch perfekt in unsere wilde Zeit - so erstaunlich ist, dass er bereits vor hundertfünfzig Jahren geschrieben wurde. Er stammt aus dem Buch "The Wild Garden" des legendären Gärtners William Robinson (1838-1935). Der Ire war Journalist, Pflanzenkundler und als engagierter Gärtner von unschätzbarem Wert in seinem Einfluss auf den Viktorianischen Garten mit seinen damals strengen Rabatten und Beeten. Robinson war Zeitgenosse und Freund von Gertrude Jekyll und man wäre gern Mäuschen gewesen, wenn die beiden sich über den Garten austauschten. Er half ihr in ihrem Garten in Munstead Wood und sie gab ihm Pflanzen für seinen Garten Gravetye Manor. Beide Gärten stehen heute noch auf dem britischen Gartenkanon und werden Jahr für Jahr von vielen Gartenreisenden besucht.

Dass zwischen der Idee, den Garten naturnah zu gestalten und so weit wie möglich heimische Pflanzen zu verwenden, und heute tatsächlich anderthalb Jahrhunderte liegen, mag man wirklich kaum glauben. Damals entsprach die neue Gartenbewegung dem Zeitgeist, der nach echter Einfachheit und Ursprünglichkeit suchte. Zwischen damals und heute ist historisch, gesellschaftlich und kulturell sehr viel passiert und unsere Motive, uns wieder dem eher Natürlichen zuzuwenden, haben viel mit unserer Gegenwart zu tun. Die Natur ist bedroht, der Klimawandel stellt uns vor existenzielle Fragen: Maßlosigkeit und Verschwendung führen uns sehenden Auges in eine Verarmung der Welt.

Wir brauchen mehr als einen Tag!

Seit 2001 wird von den Vereinten Nationen der 22. Mai als Internationaler Tag der biologischen Vielfalt gefeiert. Was können wir tun, um die Artenvielfalt zu fördern? Wir könnten beispielsweise mit kritischem Blick in unseren Garten gehen: Was wächst dort? Wächst dort überhaupt etwas? Entdecke ich Tiere? Höre ich Vögel? Raschelt es im Laub? Dürfen sich Pflanzen vermehren? Wie ordentlich ist der Garten? Wie vielfältig ist er? Gedeiht das, was wächst, ohne chemischen Pflanzenschutz? Vertragen sich die Pflanzen untereinander? Bietet der Garten ganzjährig Schutz, Futter und Lebensraum für Tiere? Wie viel muss gegossen werden?

In Zeiten wie diesen sind dies alles Fragen, die mit einem artenreichen, vielfältigen Garten zu tun haben, und die Antworten müssen nicht zwangsläufig mit einem hohen Pflegeaufwand einhergehen. Fakt ist aber, je schöner ein Garten ist, um so mehr Freude macht es, sich mit ihm zu befassen. Im Garten können wir uns selber loben, wenn uns eine harmonische, natürliche Ausstrahlung gelungen ist, wenn Pflanzen gut gedeihen und zu einander passen. Mit Gräsern und Stauden lassen sich natürliche Beete gestalten, die uns zum Energietanken in den Garten einladen und dabei längst nicht nur unseren Sehsinn ansprechen, sondern erstaunlicherweise auch unsere Ohren. Gräser sind nämlich irgendwie musikalisch: Je nach Windstärke können sie wispern, säuseln oder rauschen. Auch unseren Tastsinn fordern sie, denn viele Gräser sind auch Schmeichler, die wir gerne berühren. Sie sind mal filigran, mal fedrig, mal borstig, mal zittrig und noch vieles mehr.

Vielfalt der Natur

Das Gräsersortiment im Handel ist breit und hat für die unterschiedlichsten Standorte - von eher feucht, eher schattig bis vollsonnig und knochentrocken - viel zu bieten. Heimische Pflanzen sind an das hiesige Klima besser angepasst und bieten hier lebenden Insekten und Kleinstlebewesen Nahrung und Unterschlupf. Viele heimische Stauden und Gräser haben durch gärtnerische Veredelung dekorative Brüder und Schwestern mit attraktiven Formen, Farben, Formaten, die auch in einem Naturgarten prächtig zur Geltung kommen. Richtig kombiniert bieten sie ein Farbenschauspiel über das ganze Gartenjahr und haben dennoch immer noch die positiven Charaktereigenschaften ihrer „wilden" Verwandten.

Farblich präsentieren sich Gräser im Laufe des Jahres wirklich sehr unterschiedlich und längst nicht nur grün. Ihre Strukturen lohnen einen zweiten Blick, sie sind nämlich hervorragende Diplomaten im Garten und vermitteln auch gekonnt zwischen Farben, die eigentlich nicht zusammenpassen. Sie mildern harte Kanten mit fedriger Textur, sind genügsam und bleiben es - vorausgesetzt der Standort stimmt - über Jahre. Wenn es im Schlaraffenland einen Garten gäbe, dann würden dort nicht nur die süßen Früchte zum Greifen nah sein - Vorsicht Arbeit! - sondern dann gäbe es für den chilligen Gärtner sicher auch eine artenreiche Gräserwelt mit Ähren, Rispen, Dolden, Halmen, Spelzen, Grannen und Knoten. Wir könnten uns daran nicht sattsehen und mit uns Insekten, Vögel, Kleintiere in ungeahntem Artenreichtum. Außerdem dürfte es ungeordnet aussehen, wie manchmal draußen, in der Natur, wo es auch keinen Laubsauger gibt. Schon Robinson schrieb, dass das wilde Gärtnern schön und vor allem einfach ist, dass man nur der Natur folgen müsse, die wisse schon wie es geht.

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