Stadtklima verbessern: TU Kaiserslautern entwickelt Betonfertigteilfassaden

Mehr Grün in Städten sorgt für besseres Mikroklima. Gute Ansatzpunkte für Begrünungskonzepte sind Betonfassaden, die viel Freifläche bieten und sich unter Sonneneinstrahlung stark aufheizen.

Die Demonstratoren zeigen eine innovative Systemlösung zur innerstädtischen Gebäudebegrünung, bestehend aus mehrschichtigen Betonfertigteilelementen. Bild: Reiner Voß.

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An Betonfassaden rankende Pflanzen beschatten nicht nur, sie liefern auch Verdunstungskälte, wandeln Kohlendioxid in Sauerstoff um und filtern Feinstaub aus der Luft. Um das Grün an die Fassade zu bringen, hat die Arbeitsgruppe von Prof. Dr.-Ing. Matthias Pahn an der Technische Universität Kaiserslautern (TUK) jetzt eine neuartige Systemlösung entwickelt: Betonfertigteile, die bereits integrierte Rankhilfen aufweisen. Damit entfällt eine aufwändige nachträgliche Montage.

„Klimaschutz und Klimafolgenanpassungen sind zentrale Herausforderungen der Zukunft. Eine bereits spürbare Folge der Erderwärmung ist der Anstieg der Lufttemperatur in Städten, die sich nicht zuletzt durch die steigende Urbanisierung weiter verschärfen wird“, erläutert Pahn, der an der TUK die Professur für Baukonstruktion und Fertigteilbau innehat. „Entscheidende Lösungsansätze stellen bauteilbezogene Begrünungskonzepte zur nachhaltigen Gestaltung eines Stadtraums dar. Besonders die Fassade bietet durch ihre vertikalen Freiflächen ein enormes Potential zur Stadtbegrünung. Hierdurch wird das Mikroklima in urbanen Räumen verbessert, gleichzeitig steigt die Lebensqualität für den Menschen.“

Doch wie kommt das Grün möglichst einfach an die Fassade? Dipl.-Ing. Fabian Penkert, wissenschaftlicher Mitarbeiter in Pahns Arbeitsgruppe, hat hierfür eine innovative Lösung parat: „Bislang erforderte die Gebäudebegrünung nachträgliche Montagearbeiten. Diese sind zum einen kostenintensiv. Zum anderen können sich bei den dafür nötigen Bohrungen feine Risse in der Fassade bilden. Unsere Systemlösung ist dagegen schon ab Werk einsatzbereit und integriert alle nötigen Elemente – angefangen bei den Rankhilfen bis hin zu Leitungen und weiterem Zubehör für die Bewässerung“, erläutert der Bauingenieur.

Die Kletterhilfen ebenso wie die Verbindungselemente zum Betonfertigteil bestehen aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK), was gleich zwei Vorteile bietet: GFK weist im Vergleich zum im Massivbau oft verwendetem Edelstahl einen geringen Wärmeleitkoeffizienten auf und verhindert so, dass Wärmebrücken entstehen und die Dämmung des Gebäudes beeinträchtigt wird. Darüber hinaus ist das Material nicht korrosionsanfällig – sprich, rostet nicht. „Mithilfe von Traglastversuchen haben wir das System so optimiert, dass es praktisch überall zum Einsatz kommen kann, wo sich Betonfertigteile verbauen lassen: Vom Einfamilienhaus über Bürogebäude bis hin zum Hochhaus“, ergänzt Penkert. An der TUK steht ein Demonstrator, der das Bauprinzip veranschaulicht.

Die Bewässerung lässt sich mithilfe einer integrierten Box steuern, die neben dem benötigten Wasseranschluss auch mit umfangreicher Sensorik zur Messung von Temperatur, Niederschlagsmenge etc. ausgestattet ist. Diese lässt sich per App oder per Internetbrowser aus der Ferne ansteuern, um Bewässerungszeiten und die Dauer der Bewässerung bedarfsgerecht zu planen. Dann braucht es nur noch rankende Pflanzen, die entweder bodengebunden oder in Pflanzkübel wachsend den entscheidenden Grüneffekt liefern.

Die Arbeiten am Gesamtsystem erfolgten im Rahmen des Forschungsvorhaben „Entwicklung einer wärmebrückenfreien Betonfertigteilfassade mit integrierter Kletterhilfe zur dauerhaften Fassadenbegrünung“, gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Der Projektpartner Vertiko hat seine Expertise in Vertikalbegrünungssystemen ins Vorhaben eingebracht. (TUK)

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