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Stadtgrün: Hilft Menschen, die Corona-Pandemie zu überwinden
Mit der Lockerung der strengen Maßnahmen zum Schutz vor der Ausweitung der Corona-Pandemie zieht es die Menschen sofort wieder verstärkt ins Freie. Die Beschränkungen, die Corona mit sich gebracht hat, haben drastisch verdeutlicht: Stadtgrün in unmittelbarer Wohnungsnähe ist enorm wichtig für das Wohlbefinden der Menschen – besonders in Krisenzeiten, aber auch jenseits von Ausgangsbeschränkungen. Mit seiner Forschung zeigt das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) die fundamentale Bedeutung von Grün in der Stadt.
In der aktuellen Corona-Pandemie müssen viele Menschen große Teile ihres Tages in den eigenen vier Wänden verbringen. Reisen in die Ferne sind nicht mehr möglich, und selbst der Ausflug in die weitere Umgebung ist nur bedingt zugelassen. Die Weltgesundheitsorganisation warnt daher in diesen Tagen, dass die Pandemie auch negative Folgen für die psychische Gesundheit der Bevölkerung hat. Die strengen Maßnahmen befördern Stress und Ängste, das Gefühl der Einsamkeit und Depressionen. Leistungen der Natur, so genannte Ökosystemleistungen, werden in dieser Situation für Städte und ihre Bewohner lebenswichtig.
Leistungen von Stadtnatur: Erholung steht an erster Stelle
Umso entscheidender ist es, dass Menschen in ihrem unmittelbaren Wohnumfeld Stadtgrün vorfinden und aufsuchen können. Kleine und größere Grünflächen zwischen Wohnblocks, Parks, Flussauen und Stadtwälder tragen zur Lebensqualität und zur Erholung bei. Das zeigt auch eine Befragung der Dresdner Stadtbevölkerung. Im Projekt BIDELIN hat das IÖR-Projektteam 286 Bürgerinnen und Bürger gefragt, welche Leistungen der Stadtnatur (Ökosystemleistung) für sie besonders wichtig sind. 94% der Befragten gaben an, dass sie die Erholung in öffentlichem Grün besonders schätzen. 89% nannten die Verbesserung der Luftqualität durch Stadtgrün als besonders wichtig. Die Ergebnisse der Befragung machen auch den positiven Einfluss von Stadtnatur auf das Wohlbefinden deutlich. Vier Fünftel der Befragten fühlen sich in der Natur erholter und entspannter. Zufriedener und glücklicher fühlen sich 70%, körperlich wohler 68% und energievoller immerhin noch die Hälfte der Befragten.
Erreichbarkeit von Stadtgrün
Damit Stadtnatur ihre vielfältigen positiven Wirkungen entfalten kann, muss gewährleistet sein, dass die Bevölkerung Grünflächen schnell und gut erreichen kann. Gerade in Krisenzeiten wie der aktuellen ist es entscheidend, dass Stadtgrün dabei auch im unmittelbaren Wohnumfeld, also in fußläufiger Entfernung, zugänglich ist. Der Monitor der Siedlungs- und Freiraumentwicklung des IÖR Dresden, www.ioer.de (IÖR-Monitor) bietet für dieses Thema den Indikator „Erreichbarkeit städtischer Grünflächen“. Dieser Indikator gibt den Anteil der Bevölkerung an, der wohnungs- und quartiersnah öffentliche Grünflächen fußläufig gut erreichen kann. Als wohnungsnah wird dabei jede Grünfläche ab einem Hektar Größe gezählt, die im Umkreis von 300 Metern Luftlinie zu finden ist. Quartiersnah sind Grünflächen ab zehn Hektar Fläche im Umkreis von 700 Metern. Untersuchungen für die 182 deutschen Groß- und Mittelstädten mit mindestens 50.000 Einwohnern liefern recht positive Ergebnisse: Rund 80% der Bevölkerung (25,6 Mio. Menschen) in großen Mittel- und Großstädten haben Zugang zu Grünflächen im unmittelbaren Wohnumfeld, rund 88% (28 Mio. Menschen) können auch größere Grünflächen gut und schnell erreichen.
Die Zahlen klingen positiv, doch sie machen auch deutlich, dass längst nicht alle Menschen in Deutschland in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnung Zugang zu Stadtgrün haben. Vor allem – aber nicht nur – in Zeiten von Ausgangsbeschränkungen können sich damit Nachteile für ihre psychische Gesundheit ergeben.
meinGrün-WebApp – Grünflächen besser finden und erreichen
Wie jede*r schnell die wohltuenden Leistungen von Stadtgrün genießen kann, das zeigt eine Webanwendung, die das IÖR aktuell mit Partnern entwickelt. Sie greift das Problem auf, dass Stadtmenschen längst nicht alle Grünflächen kennen, die es in ihrer unmittelbaren Umgebung gibt. Die meinGrün-WebApp befindet sich aktuell in der Test-Phase (Beta-Version). Sie soll Anwender*innen – zunächst in den Pilotstädten Dresden und Heidelberg – dabei unterstützen, diejenige Grünfläche in der Nähe zu finden, die am besten zu den eigenen Bedürfnissen passt. Die App stellt nicht nur Informationen zur Lage von Grünflächen bereit, sondern informiert auch über ihre Ausstattung, etwa ob es einen Spielplatz, ruhige Sitzbänke oder eine Liegewiese gibt. Darüber hinaus lässt sich mit der WebApp ermitteln, wie Park, Wiese oder See am besten zu Fuß oder mit dem Rad, also möglichst umweltschonend zu erreichen sind. Dabei werden neuartige Routingfunktionen angeboten, die es erlauben, nicht nur den kürzesten, sondern auch den grünsten, leisesten oder am besten verschatteten Weg zu wählen.
Von den Beschränkungen durch die Corona-Pandemie ist das Projektteam aktuell selbst betroffen: Öffentliche Veranstaltungen zur Präsentation der App in den Pilotstädten sind abgesagt. Interessierte können die Beta-Version aber bereits testen (Registrierung unter: meingruen.ioer.info/). Im Juni geht die App in Dresden und Heidelberg dann offiziell an den Start.
Kompakte oder grüne Stadt? – Konzepte sinnvoll kombinieren
Die Corona-Krise hat deutlich gemacht, dass Städte gut daran tun, für eine gute Durchgrünung ihrer Siedlungskörper zu sorgen. Doch stehen viele Kommunen aktuell unter dem Druck, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Dieser soll möglichst in den Innenbereichen der Städte entstehen, um einerseits Natur und Landschaft am Stadtrand zu schonen und um andererseits den Stadtraum möglichst effizient zu nutzen. Die Gefahr dieses Konzeptes der „kompakten Stadt“ liegt auf der Hand: Städtische Grünflächen müssen für Bebauung weichen. Wie sich beide Konzepte – die „kompakte Stadt“ und die „grüne Stadt“ – miteinander in Einklang bringen lassen, haben Forschende des IÖR untersucht. In der Zeitschrift „Ecological Indicators“ haben sie ihr Konzept einer „intelligenten kompaktgrünen Stadt“ vorgestellt und zeigen auf, dass es wichtig und möglich ist, auch in kompakten Städten viel Stadtgrün zu erhalten. (IÖR)
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