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Obstland Dürrweitzschen: Warten auf den Regen
Die anhaltende Hitze und Trockenheit lassen in diesem Jahr Gärten, Wiesen und Felder verdorren. Der Deutsche Wetterdienst berichtet von einem einmalig hohen Niederschlagsdefizit in Deutschland. Meteorologen sehen die Ursache in einem blockierenden Hochdruckgebiet, welches seit April eine stabile Wetterlage mit warmer und trockener Luft aus Südosten zur Folge hat. Neben dieser Ausnahmesituation stellen für die Ostland Dürrweitzschen AG Unwetter und vor allem Hagel große Risiken dar. Insbesondere Hagelkörner können innerhalb weniger Minuten beträchtliche Anteile der Obsternte vernichten.
Um diese Gefahr zu verringern, möglichen wirtschaftlichen Schaden zu vermeiden und die Arbeitsplätze der mehr als 380 Mitarbeitenden aus der Region langfristig zu sichern, hat sich die Obstland Dürrweitzschen AG vor mehr als 10 Jahren für die Anschaffung von sechs Hagelschutzkanonen entschieden. „Bei den letzten gravierenden Hagelschäden konnten wir bis zu 60% der Ernte aus den betroffenen Plantagen nicht mehr als Handelsware vermarkten“, erklärt Tina Hellmann, Pressesprecherin der Obstland Dürrweitzschen AG. Die Erfindung der Hagelschutzkanone stammt aus dem 19. Jahrhundert. Sie wird heute vorwiegend bei Winzern und Obstbauern in Süddeutschland, Österreich, Frankreich, Südtirol, Spanien, Holland und Belgien eingesetzt.
Hagel entsteht, wenn verdunstetes Wasser mit warmer Luft in die Höhe steigt. Dabei kühlt sich der Wasserdampf zu Tröpfchen ab und Wolken entstehen. Das Wasser lagert sich an Partikeln an, die in der Luft liegen. Gemeinsam steigen sie in große Höhen, in denen sich Eiskristalle bilden. Durch die Schwerkraft sinken sie wieder nach unten und sammeln weitere Wassertröpfchen ein. Das Wechselspiel zwischen Aufwinden und Schwerkraft führt zu einer Zirkulation der Eiskristalle, bei der sie sich stetig vergrößern.
Die Hagelschutzkanone unterbricht diesen Kreislauf durch senkrechte Druckwellen im Abstand von 15 Sekunden in den Himmel. Diese Druckwellen werden durch die Explosion eines Acetylen-Sauerstoff-Gemisches erzeugt. Chemische „Wolken-Impfstoffe“ werden bei dieser Methode nicht eingesetzt. In der Folge wird das Anwachsen der Wassertropfen zu Eis- und Hagelkörner verhindert, sodass sie als Regen oder Nassschnee auf die Erde fallen. Damit dieses Prinzip funktioniert, müssen die Hagelschutzkanonen rechtzeitig aktiviert werden. Deshalb werden über einen Wetterdienst die Obstbauern vor nahendem Unwetter gewarnt. Anhand des Radarbildes und durch die langjährige Erfahrung erkennen die Verantwortlichen, ob es sich um eine mit Hagel drohende Gewitterfront oder um eine reine Regenzelle handelt und in welche Richtung die Zellen vermutlich ziehen werden. Nur wenn eine ernsthafte Gefahr für die Früchte an den Bäumen besteht, werden die Hagelschutzkanonen in Betrieb genommen.
„Wir sind ein landwirtschaftliches Unternehmen. Jeder Euro, den wir ausgeben, muss draußen in der Plantage erwirtschaftet werden. Deshalb überlegen wir sehr genau, welche Maßnahmen sinnvoll sind“, erklärt die Pressesprecherin. Sobald die Gefahr vorüber ist, wird der Einsatz beendet. Einen Nachweis für die Wirkung der Hagelschutzkanonen kann man in den Radarbildern erkennen. Die Wirkung der Hagelschutzkanonen erstreckt sich dabei nicht nur auf die Plantagen der Obstland Dürrweitzschen AG. Auch andere Landwirte in der Region sowie die Gewächshäuser, Dächer und Autos der anliegenden Bewohner profitieren von dieser Schutzmaßnahme.
Den Vorwurf, dass durch den Einsatz der Hagelschutzkanonen ein Abregnen der Wolken verhindert wird, entkräftet Dr. Armin Raabe vom Institut für Meteorologie der Universität Leipzig. Er äußert sich aus seiner wissenschaftlichen Perspektive: „Aus dieser Sicht würde das erzeugte Schallfeld eher die Regenwasserbildung unterstützen, völlig unabhängig davon, ob es auch bezüglich der Hagelunterdrückung einen Effekt gäbe.“ Die Pressesprecherin betont, dass für das landwirtschaftliche Unternehmen Regen von immenser Bedeutung ist: „Wir bewirtschaften mehr als 1.300 Hektar Obstanbaufläche zwischen Grimma, Döbeln und Oschatz. Eine Bewässerung findet bei uns lediglich bei Erdbeeren und einem Teil der Birnen statt. Das sind weniger als 10 Prozent der Flächen. Alle anderen Kulturen, wie Äpfel, Johannisbeeren oder Pflaumen sind auf natürlich auftretenden Niederschlag und auf, durch die Wurzeln erreichbare, Wasservorräte im Boden angewiesen.“

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