Klimawandel: Tanne sticht Fichte und Buche aus

Fichten und Buchen können mit dem sich rasch verändernden Klima kaum Schritt halten.

Verteilung der untersuchten 92 Fichten- (Picea abies), 90 Tannen- (Abies alba) und 77 Buchenpopulationen (Fagus sylvatica) in der Schweiz. Der Stern weist auf den Pflanzgarten bei Matzendorf (Kt. Solothurn) hin. Die sechs biogeografischen Regionen sind mit unterschiedlichen Farben markiert. (Gonseth et al., 2001). Grafik: WSL

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Für die auf Fichtenholz ausgerichtete Waldwirtschaft birgt die Klimaveränderung Risiken. Diese ließen sich verringern, wenn man vermehrt auf Weißtannen setzen und Fichten von wärmeren Wuchsorten verwenden würde, wie eine Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL zeigt.

Durch den Klimawandel wird es im Schweizer Wald wärmer und trockener. Um an ihrem jetzigen Wuchsort weiterhin zu gedeihen, müssten die Bäume ihr Erbgut an das sich schnell verändernde Klima anpassen. Dazu sind sie aber in so kurzer Zeit kaum imstande – eine einzige Baumgeneration dauert ja schon rund 100 Jahre oder länger. Für die Wälder wird deshalb entscheidend sein, wie gut die Bäume bereits heute an das zukünftige Klima angepasst sind.

Einzigartiger Vergleich von Fichte, Tanne und Buche

Ein Forschungsteam der WSL unter der Leitung von Caroline Heiri untersuchte erstmals für Schweizer Fichten, Tannen und Buchen, welchem Risiko diese drei für die Schweizer Wald- und Holzwirtschaft wichtigsten Baumarten durch den Klimawandel ausgesetzt sind. Die Forschenden führten ihre Untersuchung im Rahmen des Forschungsprogramms "Wald und Klimawandel" vom Bundesamt für Umwelt BAFU und der WSL durch. Sie gingen zuerst der Frage nach, wie stark sich die Bäume über viele Baumgenerationen hinweg an das Klima ihres jeweiligen Wuchsortes angepasst haben. Starke genetische Anpassung bedeutet, dass eine Baumpopulation auf bestimmte Umweltbedingungen fixiert ist, geringe Anpassung, dass sie sich bei unterschiedlichen Bedingungen behaupten kann. Mithilfe von Klimaszenarien schätzte das Forschungsteam dann das Risiko ab, dass die Populationen gegen Ende des 21. Jahrhunderts schlecht angepasst sind.

Die Ergebnisse lassen aufhorchen. Bisherige Studien ergaben, dass die Fichte insbesondere im Schweizer Mittelland durch zunehmende Wärme und Trockenheit unter Druck geraten wird. Die neue Untersuchung zeigt nun, dass diese Baumart sogar landesweit einem hohen klimatisch bedingten Risiko ausgesetzt ist. Schweizer Fichten haben sich offenbar in den vergangenen Jahrtausenden stark an das Lokalklima ihres Wuchsortes angepasst. Sie und ihre Nachkommen dürften zunehmend schlecht angepasst sein an die steigenden Temperaturen in den nächsten Jahrzehnten, insbesondere in heute schon warmen Regionen.

Auch die Laubbaumart Buche ist klimatischen Risiken ausgesetzt, allerdings weniger stark als die Fichte. Ganz im Gegensatz zur Tanne. Diese hat ihre Wachstumseigenschaften in praktisch allen untersuchten Populationen kaum an das lokale Klima angepasst. Sie dürfte mit einem weiteren Wandel des Klimas durchaus klarkommen. "Dass die Fichte so stark und die Tanne fast gar nicht an die lokalen klimatischen Bedingungen angepasst ist, hat uns sehr überrascht", sagt Aline Frank von der WSL, Erstautorin dieser Studie.

Handlungsbedarf und Hoffnung für die Waldwirtschaft

Die neuen Ergebnisse, die soeben in der Fachzeitschrift Global Change Biology veröffentlicht wurden, sind wichtig für die Forstpraxis. Sie zeigen, dass die an das jeweilige lokale Klima angepasste Fichte, der "Brotbaum" der Schweizer Waldwirtschaft, mit voranschreitendem Klimawandel bis Ende des 21. Jahrhunderts schweizweit gefährdet ist.

Es besteht also Handlungsbedarf, will man fichtenreiche Wälder rechtzeitig auf den Klimawandel vorbereiten. Die Fichte sollte an allen Wuchsorten künftig zurückhaltend verwendet und nur auf gut wasserversorgten Wuchsorten gefördert werden. Um dem Klimawandel etwas vorzugreifen, können junge Fichten, deren Samen von wärmeren Wuchsorten stammen, an heute noch kühleren Orten gepflanzt werden. Vorausgesetzt, diese so genannten Herkünfte sind genügend frostresistent, um mit den gegebenenfalls noch harscheren Klimabedingungen am neuen Standort zurecht zu kommen. Dabei können sowohl einheimische Herkünfte verwendet werden, z.B. Fichten vom Talboden für einen höher gelegenen Wald, wie auch ausländische Herkünfte aus besonders warmen Regionen.

Ein ähnliches Vorgehen ist für die Buche denkbar; hier bieten sich Herkünfte von heute bereits trockenen Wuchsorten an. "Wenn wir Saatgut von Bäumen aus wärmeren und trockeneren Regionen verwenden, haben wir mindestens für eine weitere Waldgeneration die Chance, dass die Baumart weiter gedeiht. Die Wälder bleiben damit stabil und schützen vor Naturgefahren," folgert Ko-Autorin Caroline Heiri (WSL) aus den Forschungsergebnissen. "Eine Wunderherkunft gibt es allerdings weder für Fichten noch für Buchen," sagt Aline Frank. "Daher ist auch ein Wechsel der Baumart in Betracht zu ziehen." Hier könnte die Tanne, die sich in der Studie aufgrund ihrer großen klimatischen Flexibilität als "Allrounderin" herausgestellt hat, für die Forstpraxis zur Hoffnungsträgerin werden. Die Förderung dieser Baumart bietet also für die Waldwirtschaft große Chancen. (WSL)

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