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Gartenmarkt der Zukunft: Megatrends und dann?
Dem Thema Megatrends samt Einflüssen und Herausforderungen für den Gartemmarkt widmeten sich 18 namhafte Experten aus Handel und Wirtschaft im Rahmen der Denkfabrik GARTEN, einer Initiative des GermanRetailLab (GLR). Zu den entscheidenden Ergebnissen zählt, dass sich die Trends und Einflussfaktoren in der Gartenbranche nicht nur beeinflussen, sondern auch in erheblichem Maße gegenseitig beschleunigen. Neu ist dabei unter anderem auch die besonders starke Auswirkung auf das Recruiting von Fach- und Führungskräften.
Ob es sich um Digitalisierung oder Globalisierung, den Demografischen Wandel, ökologische Aspekte oder Mobilität handelt – viele Trends und Einflussfaktoren sind bereits bekannt. Allerdings beeinflussen und vor allem beschleunigen sich diese immer mehr gegenseitig, so die übereinstimmende Meinung des Expertengremiums, welches aus aktuellen und ehemaligen Geschäftsführern und Vorständen der Gartenbranche besteht. Hinzukommt, so die Experten, dass es in vielen Bereichen kaum Erfahrungswerte gibt. Das macht verlässliche Voraussagen noch schwerer als in der Vergangenheit. Die Folge: Immer öfter ist eine agile Vorgehensweise nötig, mit der (ergebnis-)offen und flexibel auf die unterschiedlichen Einflüsse reagiert werden kann.
Gerade tradierte Unternehmen haben häufig Schwierigkeiten, sich in der nötigen Geschwindigkeit anzupassen. Sie benötigen in der Regel einen Vorlauf von mehreren Jahren, um ihre Strukturen, ihre Produkte oder Dienstleistungen umzustellen. Wer Veränderungen zunächst nur abwartet, so die Meinung der Experten, wird in vielen Fällen vor existenziell bedrohlichen Folgen stehen. Im Kern lässt sich außerdem feststellen, dass sich die Megatrends auf alle Teilnehmer der Wertschöpfungskette auswirken – von den Geschäftspartnern, über den Markt und den Service bis hin zu Mitarbeitern und Kunden. Neu ist hierbei die besonders starke Auswirkung auf das Recruiting von Fach- und Führungskräften für das eigene Unternehmen.
Anreize für frühzeitige strategische Ausrichtung
Die Denkfabrik GARTEN möchte Interessierten Anreize bieten, sich generell mit den unterschiedlichen Trends und Themen auseinanderzusetzen. Diese können nach dem Baukastenprinzip individuell für den geschäftlichen Bereich ausgewählt werden. Die empfohlenen strategischen Maßnahmen beziehen sich dabei auf einen Zeitraum, der jenseits der nächsten fünf bis zehn Jahre liegt.
Zu den untersuchten Megatrends zählen Digitalisierung, Globalisierung, Mobilität, Industrialisierung, Individualisierung, Umwelt/Ökologie/Gesundheit, Demographischer Wandel, Urbanisierung und Sicherheit. Eine Vollständigkeit möglicher Trends, ihrer Einflüsse und Wechselbeziehungen war weder beabsichtigt noch möglich. Der Schwerpunkt lag vielmehr darin, zu diskutieren und zu identifizieren was im Vergleich mit der Vergangenheit neu ist.
Megatrend Digitalisierung
Ebenso wie in allen anderen Branchen wirkt sich die Digitalisierung auch auf Kunden, Mitarbeiter und Unternehmen der „Grünen Branche“ aus. Die Digitalisierung erfordert durch den Aufbau und Einsatz von CRM-Systemen für die Kunden maßgeschneiderte After-Sales-Maßnahmen. Diese können passende Produkte im Rahmen von „Kunden-Gewohnheitszyklen“ sein, oder auch Dienstleistungen, wie z.B. die Überwinterung der im Frühjahr gekauften Kübelpflanze. Auch hier lassen sich entsprechende Angebote über Chatbots in einer sehr persönlichen Form den Kunden darbieten.
Im Bereich der Mitarbeitergewinnung können Recruiting-Maßnahmen beispielsweise über Social-Media-Plattformen gestartet werden. Der komplette Bewerbungsprozess wird über Plattformen und Apps stattfinden; die klassische Bewerbungsmappe wird bei Gärtnern und Verkäufern im Gartencenter keine große Bedeutung mehr haben. Auch Employer Branding Maßnahmen werden über Social-Media-Plattformen abgewickelt, um das Gartencenter als attraktiven Arbeitgeber nach außen darzustellen.
Einheitliche Datenstandards als Grundvoraussetzung der Digitalisierung
Wichtigste Voraussetzung in diesem Bereich ist, dass in der Gartenbranche einheitliche Datenstandards geschaffen werden. Nur so können die Vorteile digitalisierter Prozesse auch genutzt werden. Dadurch wird sich sowohl die Qualität der Stammdaten erhöhen, als auch die Genauigkeit der Bestandsdaten. Auf diese Weise kann die Bestandsführung optimiert werden, was zu Qualitätsverbesserungen und/oder Kosteneinsparungen führen wird.
Megatrend Demografischer Wandel
Der Demografische Wandel wirkt sich in vielfältiger Weise auf unser Leben und damit auch auf die Zukunft des Handels aus. Ein immer größerer Bevölkerungsanteil wird immer älter, hat viel Freizeit und ein hohes verfügbares Einkommen. Die nachwachsenden Jahrgänge sind geburtenschwächer, durch viele Einflüsse (Digitalisierung, Globalisierung, Wohlstand etc.) ist der Generationenkonflikt erheblich präsenter, die Migration wird wichtiger und notwendiger. Zugleich wächst der Migrantenanteil der Bevölkerung, teils auch politisch, wegen der demografischen Entwicklung gewollt oder notwendig, um den Arbeitsmarkt zu stärken. Außerdem nehmen die umwelt- und gesellschaftspolitischen Herausforderungen einen immer größeren Anteil der Sinnsuche in Konsum und beruflicher Entwicklung ein.
Die Gestaltung des Einkaufserlebnisses wird auch in Zukunft andere Verpackungen und Präsentationen erfordern. Service und Kommunikation wird intuitiver, einfacher und digitaler. Auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der verschiedenen Generationen wird mehr eingegangen werden müssen. Beispielsweise wird zukünftig geriatrische Hilfe erforderlich sein, ohne als solche erkennbar sein zu dürfen. Auch die Sicherheitsbedürfnisse der verschiedenen Generationen verändern sich unterschiedlich – vom Auswahlprozess der Ware über die Entscheidung und die Kundenpflege nach der Entscheidung.
Herausforderung Personalmanagement
Ein weiterer Aspekt des Demographischen Wandels werden die Herausforderungen in der Mitarbeitergewinnung (War of Talents) sein. Neben einer verbesserten Mitarbeiterorientierung und einem professionellem Arbeitgebermarketing besteht auch in der Führungskultur, in den verwendeten Technologien und Arbeitstechniken Änderungsbedarf.
Aus Sicht der Mitarbeiter ist auch eine wesentlich flexiblere Gestaltung der Arbeitszeiten ein wichtiger Aspekt. Außerdem gewinnen die Ausgestaltung der Arbeitsorte und Berufskleidung mehr Bedeutung.
Auch Rentner und Migranten und Menschen ohne Schulabschluss werden zunehmend als Mitarbeiter zu integrieren sein. Die Vereinbarkeit von beruflichem und privatem Leben wird unabdingbar durch die Veränderung der kulturellen und sozialen Normen. Der Wert und die Bedeutung klassischer Statussymbole und des Senioritätsprinzips verändern sich. Die Präsenz an den Touch Points der suchenden Generationen wird ebenso existenziell wie die digitalen Erfordernisse.
Megatrend Globalisierung
Die Welt kommt über den Bildschirm in das eigene Wohnzimmer. Jeder kann innerhalb von Sekunden vom Sofa aus in Asien oder USA einkaufen. Jeder in Asien oder in den USA kann aber auch direkt in der Nachbarschaft in den Wettbewerb gehen. Genauso sind durch einen Mausklick nahezu alle gewünschten Informationen zugänglich. Produkt-, Preis- und sogar Qualitätsvergleiche sind schnell, bequem und in unglaublichem Umfang möglich.
Menschen, die die Technik nicht beherrschen, nicht zur Verfügung haben oder schlicht nicht nutzen wollen, werden von einem riesigen Markt an Daten, Dienstleistungen, Informationen und Produkten ausgeschlossen. Diese Menschen bilden allerdings mit ihrer Kaufkraft für sich schon wieder eigene Potentiale für den Handel.
Heimatbezug nimmt zu
Im Gegenzug wird es auch eine Gegenbewegung zu mehr Heimat, Regionalität und Identität geben. Ein Trend, der schon heute in der Volksmusik deutlich erkennbar ist. Der Heimatbezug, wie auch immer Heimat im Einzelnen definiert wird, nimmt zu.
In diesem Zusammenhang wird die Globalisierung auch Gegner ihrer selbst hervorbringen. Das bietet Chancen. Denn hier könnten neue Bedarfe beispielsweise als „Orte der Ruhe“ entstehen. Der eigene Garten würde so zu einem Gegenentwurf werden, zu einer eigenen, unpolitischen Welt, lokal statt global. Damit erhielte der Garten einen anderen Wert, jenseits der schon bekannten Bedeutungen von Eigenversorgung, Erholungsort oder erweiterter Wohnraum.
Stichwort Europasourcing: Das Europasourcing wird aufgrund der Globalisierung aber auch aus umweltpolitischen Gründen zunehmen, denn die Suche nach Individualität wird ansteigen. Durch das Sourcing auf denselben Messen und Märkten entsteht eine Sättigung des Marktes aus den immer gleichen Sortimenten.
Megatrend Individualisierung und individuelle Kundenansprache
Zunehmende Individualität ist insgesamt in unserer Gesellschaft zu beobachten. Die Menschen streben danach, einerseits zu einer Gruppe gehören zu wollen, andererseits stehen individuelle Bedürfnisse klar über den kollektiven Bedürfnissen. Die Menschen (Kunden und Mitarbeiter von Gartencentern) wollen sich von den anderen Individuen abgrenzen. Massenware wird von kleineren Serien/exquisiten Themen abgelöst.
Ein weiterer Trend ist zu erkennen: Kunden wollen ihre Produkte selbst mitgestalten. Die individuelle Ansprache der Kunden wird somit immer wichtiger – ein Aspekt, der vielen stationären Händlern, nicht zuletzt auch aufgrund der anderen Megatrends, immer weniger gelingt.
Megatrend Umwelt/Ökologie/Gesundheit
Verschiedenste Trends im Bereich von Ökologie, Gesundheit und Natur prägen die gesellschaftliche Entwicklung immer mehr und damit auch die Arbeit der Gartencenter. So müssen Müllvermeidungs- und Zero-Waste-Konzepte erarbeitet, konsequent umgesetzt und kommuniziert werden, um den Kundenwünschen zu entsprechen.
Eine weitere Herausforderung sind Green Washing, Falschdarstellungen, Lügen oder das Weglassen von relevanten Informationen, deren Verbreitung durch das Internet erleichtert werden. Hier gilt es sehr genau mit Hilfe von verschiedensten Quellen und Techniken die Aussagen zu prüfen und zu bewerten, um daraus entsprechende Schlussfolgerungen für den Handel zu ziehen.
Einfluss auf Gesetzgebung
Derartige Konzepte fließen auch in die nationale und europäische Gesetzgebung ein und bilden somit einen möglichen Handlungsrahmen für Gartencenter. Unternehmen und Unternehmer müssen sich immer mehr gesellschaftlich einbringen. Auch die Beschaffungskette (Lieferkette) wird zunehmend kritisch hinterfragt und sollte möglichst transparent kommuniziert werden können.
Gesundheitsangebote im Gartencenter
Gesundheit wird als gesellschaftliches Thema immer wichtiger. Die Ausgaben im Freizeitbereich steigen. Urlaube stehen unter dem Motto Gesundheit. Versicherungen bieten neue Tarife mit APP-gestützter Gesundheitskontrolle an. Die Kunden von Gartencentern sind offen für Lösungen aus dem Gartencenter: Kochkurse, einzelne Nahrungsmittel, Events wie Flechtkurse, Anlage von Naturgärten und Naturpools, Obstschnitt, Frauenpowerabende, Youth-Power-Abende.
Megatrend Mobilität
Die Mobilität für Menschen, Waren, Dienstleistungen und Produkte wird sich sehr schnell sehr stark verändern. Ursächlich hierfür ist heute schon der Klimaschutz der neue umweltgerechte Mobilitätskonzepte fordert. Diese werden unter anderem durch mangelnde Ressourcen, Technologiefortschritt und generationenbedingt veränderte Kundenerwartungen beflügelt. Politik und Umweltschutz fordern und steuern. Die Technologie liefert Robotertechnik, Drohnen, Elektrotechnologie und verbindet alte und neue Technologien effizient und immer schneller miteinander.
Auf der anderen Seite wird die Digitalisierung auch dazu beitragen, Mobilität in vielen Bereichen überflüssig werden zu lassen und die Urbanität zu fördern. Virtuelle Rundgänge und Besichtigungen, Hologramm-Technologie lassen uns an Events teilhaben, an Orten arbeiten, wirken, kommunizieren und konsumieren ohne persönlich vor Ort sein zu müssen.
Fazit: Agieren statt reagieren, um Zukunftsfähigkeit zu erhalten
Im Ergebnis bedeutet das für jeden Unternehmer, sich organisiert und zeitnah mit den möglichen Auswirkungen unterschiedlicher Megatrends auf das eigene Unternehmen strategisch zu beschäftigen. Da das benötigte Wissen vielfach nicht im Unternehmen verfügbar ist, muss es über neue Verantwortlichkeiten und Positionen zunächst erst geschaffen werden, bzw. über Dienstleister temporär genutzt werden.
Zusätzlich werden Prozesse im Unternehmen notwendig, die sich mit der Zukunft beschäftigen und mit Hilfe sehr agiler Methoden auch Maßnahmen entwickeln mit denen das Unternehmen in Richtung Markt, Kunden und Mitarbeiter agieren kann und nicht mehr nur reagiert.
Mitglieder der Denkfabrik GARTEN
Folgende Persönlichkeiten nahmen an der ersten Runde der Denkfabrik GARTEN - unter der Leitung des Initiators, Hans-Jürgen Kendziora, ehemaliger Geschäftsführer der Gartencenter-Gruppe Dehner, teil und haben das Positionspapier erarbeitet:
- Christian Appel (Hagebaumarkt und Floraland)
- Peter Baumann (Scheurich)
- Karl-Heinz Dautz (MeinZielCoach.de)
- Dr. Alexander Frech (Österreichische Post AG)
- Jörg Greimel (Pflanzen-Kölle Gartencenter GmbH & Co. KG)
- Christian Hajek
- Hans-Jürgen Herr (Weber-Stephen Products)
- Franz-Josef Isensee
- Markus Kappelhoff (hagebau Einzelhandel)
- Dr. Peter Würst (BHB – Handelsverband Heimwerken, Bauen und Garten)
- Rolf Karges (Rolf Karges Consulting)
- Hans-Jürgen Kendziora (ehem. Dehner GmbH & Co. KG)
- Martin Klebsch (MARKANT Deutschland)
- Alexander Kremer (Gartencenter Kremer)
- Martina Mensing-Meckelburg (Verband deutscher Gartencenter (VDG)
- Tina Risse-Stock (Blumen Risse)
- Prof. Dr. Thomas Vogler (Mercator- Consulting GmbH/ TH Ingolstadt)
- Johannes Welsch (DHG Vertriebs- & Consultinggesellschaft
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