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Blühende Vorgärten oder trostlose Schotterbeete?
Pflanzengräber. Das beschreibt sie wohl am Treffendsten, diese Ansammlungen einsamer Gräser oder samt Kübel in den Boden eingelassener Oleander inmitten von Wüsten aus aufgeschüttetem Kies. Kies, zwischen dem auch bei Verwendung eines Unkrautvlieses spätestens nach einem halben Jahr die ersten Unkräuter keimen. Kies, in dem sich im zweiten Jahr Löwenzahn, Disteln und Wegerich häuslich eingerichtet haben und der im dritten Jahr dann mangels Pflege einfach nur noch verwahrlost aussieht.
Die Mär vom pflegeleichten Kiesgarten, sie ist wohl das merkwürdigste und verheerendste Missverständnis der jüngeren Gartengeschichte. Denn eigentlich liegt ihr ein wunderschöner, abwechslungsreicher und üppig blühender Garten zugrunde: der Kiesgarten von Beth Chatto. Ausgerechnet in einer der trockensten Gegenden Englands, auf von Kies und Geröll durchsetztem Sandboden hatte die berühmte englische Gartengestalterin ein blühendes Paradies geschaffen. In den 1970er Jahren scheinbar ein Wunder. Tatsächlich wendete sie aber schlicht einen Grundsatz an, der heute zum Handwerkszeug jedes ausgebildeten Gärtners gehört: Pflegeleicht sind Gärten dann, wenn die dort gepflanzten Arten bestmöglich auf den Standort und aufeinander abgestimmt sind.
Wer auf die Idee kam, diesen wissenschaftlich fundierten Ansatz der Gartengestaltung derart ad absurdum zu führen, und Kies sozusagen als gärtnerische Variante zur Betonfläche anzupreisen, es lässt sich nicht genau rekonstruieren. Möglicherweise trug auch der Asia-Garten-Trend dazu bei, völlig ignorierend, dass gerade die kieslastigen Zen-Gärten tagtäglich gehegt und gepflegt werden – was im Zen-Buddhismus übrigens als Arbeitsmeditation ausgesprochen positiv besetzt ist.
Doch selbst ein echter pflegeleichter, nämlich mit geeigneten Pflanzen bestückter Garten, bedeutet nicht, dort nie wieder einen Finger krumm zu machen. Das ginge auch völlig am Geiste des Gärtnerns vorbei, denn Gärtnern bedeutet ja gerade auch, sich um die liebgewonnen Pflanzen zu kümmern, Licht und Luft auf der Haut zu spüren – und ab und an auch die Muskeln darunter. Der Lohn ist reichlich: herrliche Blüten, ein überwältigender Duft, umher summende Bienen und ein Gefühl tiefer Zufriedenheit, was man auf diesem Fleckchen Erde mit eigenen Händen erschaffen hat. (GMH)
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